Miss Carolines verwegener Plan
geschäftlichen Reise in Irland. Wenn ich allerdings hierherkomme und sein Todesdatum auf dem Stein sehe, muss ich mir eingestehen, dass ich ihn endgültig verloren habe.“
Tränen liefen ihr über die Wangen, was auch Max sehr traurig machte, denn seiner Erfahrung nach weinte Caroline äußerst selten. „Es tut mir so leid“, murmelte er. „Lady Denby hat mir erzählt, wie nahe du deinem Vater gestanden hast. Sein Tod muss schrecklich für dich gewesen sein.“
„Meine Stiefmutter ist eine wunderbare Frau. Aber wir sind so verschieden wie … wie diese Reitstiefel und ein Paar Seidenschühchen. Papa und ich haben uns ohne Worte verstanden. Er war alles für mich: Vater, Lehrer, vertrauter Freund.“ Sie schaute Max an. „Ich bin heute zum ersten Mal seit der Bestattung hier. Danke, dass du mich begleitet hast.“
Er zog ihre Hand an die Lippen und küsste sie. „Du bist nicht mehr allein, Caroline. Ich gehöre zu dir.“
Zwei neue Tränen lösten sich aus ihren Augen. „Stimmt das?“
Max erkannte an ihrem Gesichtsausdruck, dass ihr plötzlich klar wurde, wie ernst diese Beteuerung ihm war. Am Tag ihrer Hochzeit hatte er ihr geschworen, immer zu ihr zu stehen. Schon da war es seine feste Absicht gewesen, dieses Versprechen zu halten. Nun, da er seit fast vier Wochen mit ihr zusammenlebte, erschien es ihm vollkommen unmöglich, es jemals zu brechen. Er wollte ihr das sagen, aber da hatte sie sich schon erhoben und sich ein paar Schritte von ihm entfernt.
Er trat zu ihr, und sie fragte. „Du hattest keine so enge Beziehung zu deinem Vater, nicht wahr? Dennoch muss es schwer sein, seine Kritik zu ertragen.“
Die Erwähnung seines Vaters weckte eine ganze Reihe von Gefühlen in ihm: Zorn, Verbitterung, Kummer und Bedauern. „Ja, es ist hart zu wissen, dass er von mir enttäuscht ist, obwohl ich mich doch mein Leben lang bemüht habe, seine Anerkennung zu gewinnen. Ich bin nur der zweite Sohn, nicht der Erbe, dem er seine Zeit und Zuneigung geschenkt hat, wann immer seine anderen Verpflichtungen das zuließen.“ Max lächelte traurig, als er sich an die damaligen Ereignisse erinnerte. „Als ich damals in den diplomatischen Dienst aufgenommen wurde, war ich stolz darauf, dass meine neue Position ihm vielleicht beim Erreichen seiner Ziele im House of Lords nützen könne. Dann, nach den Ereignissen in Wien, warf er mir vor, ihm bei seiner Arbeit zu schaden. Er verbannte mich aus seinem Haus.“
„Was ist in Wien wirklich geschehen?“
Er warf ihr einen forschenden Blick zu.
„Ich frage nicht aus Neugier, sondern, weil ich einfach nicht glauben kann, dass du etwas Verwerfliches getan hast.“
Ihr Vertrauen wärmte ihn. „Danke. Selbst ohne die Geschehnisse zu kennen, zweifelst du nicht an mir, wohingegen mein Vater …“
Sie lächelte. „Wir waren uns doch darüber einig, dass sein Benehmen einiges zu wünschen übrig lässt. Wir müssen nicht über Wien sprechen, wenn du das nicht willst.“
„Ich glaube“, stellte er verwundert fest, „dass ich dir gern die ganze Geschichte erzählen möchte.“ Seit seiner Rückkehr nach England hatte er alle neugierigen Fragen ignoriert und nur mit Alastair und seiner Tante über das gesprochen, was ihm in Wien widerfahren war. Caroline – das wusste er – würde ihm aufmerksam zuhören, sich eine eigene Meinung bilden und ihn, sofern er sie danach fragte, nicht mit Allgemeinplätzen abspeisen.
Er lehnte sich gegen die Friedhofsmauer. „Du weißt, dass ich Offizier war. Das Angebot, die Armee zu verlassen und als Wellingtons Adjutant nach Wien zu gehen, war eine große Chance. Nicht nur, weil ich einen so bedeutenden Mann unterstützen und meinem Land dienen konnte. Ich fand es auch faszinierend, all die wichtigen Diplomaten und Staatsmänner kennenzulernen und an den internationalen Verhandlungen teilzunehmen.“
Sie nickte.
„Schon kurz nach meiner Ankunft traf ich Madame Lefevre, die verwitwete Cousine eines französischen Diplomaten. Sie führte seinen Haushalt und spielte die Rolle der Gastgeberin, wenn er Gäste einlud. Viele der anderen Diplomaten hatten nach dem Elend, das Napoleon über Europa gebracht hatte, nur Verachtung für die Franzosen übrig und wollten nichts mit ihnen zu tun haben. Ich allerdings bewunderte Talleyrand und seine Leute, die ihrer schwierigen Aufgabe mit so viel Eifer nachkamen. Sie wollten ihrem zerrissenen Land, das unter dem langen Krieg stark gelitten hatte, die Selbständigkeit bewahren.“
„So wie wir
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