Miss Daisy Und Der Tote Auf Dem Wasser
beneide.«
Tränen traten ihr in die Augen und rollten das traurige Ge- sicht hinunter. Sie wischte sie fort. »Entschuldige bitte, ich bin eine schrecklich schlechte Gastgeberin. Möchtest du ins Bad? Ich bin sicher, für eine Badewanne reicht das heiße Was- ser noch.«
»Laß nur, ich habe heute morgen schon gebadet. Ich muß mich nur waschen.«
Ihrer Cousine gelang ein wackeliges Lächeln. »Um so bes- ser. Der Wahrheit zuliebe hätte ich wohl sagen müssen, ich hoffe, es gibt genug heißes Wasser. Du hast ja keine Ahnung, wieviel die Männer verbrauchen. Bister schwört, er würde den lieben langen Tag den Ofen befeuern.«
»Aber stell dir bitte mal vor, wie unerträglich es im Hause wäre, wenn die sich nicht mehr waschen würden!« rief Daisy aus, ließ sich vom Bett gleiten und griff ihr Necessaire vom Nachttisch.
»Schrecklicher Gedanke. Vielen Dank, daß du mir zugehört hast, Daisy. Mit Mutter oder Dottie kann ich über derlei nicht reden. Es geht mir schon viel besser, nachdem ich es einfach mal hab erzählen können.«
»Freut mich. Ich denke darüber nach und schaue, ob ich Rollo vielleicht auf taktvolle Weise in die richtige Richtung schubsen kann. So. Bin gleich wieder da.«
Als sie ins Schlafzimmer zurückkehrte, war Tish in ihrem Feldbett schon halb eingeschlafen. »Frühstück ab neun Uhr«, murmelte sie. »Gute Nacht.«
»Gute Nacht, Tish.« Weder der Mückenstich noch die tra- gische Entdeckung von drei neuen Sommersprossen auf ihrer Nase eben vor dem Spiegel konnten Daisy länger wachhalten. »Unbedingt morgen einen Hut aufsetzen«, sagte sie sich, während sie in den Schlaf hinüberglitt.
Lady Cheringham ging in weiser Voraussicht all der frühmor- gendlichen Unruhe aus dem Weg, indem sie sich das Frühstück im Bett servieren ließ. Tish, Dottie und Daisy waren tapferer. Gemeinsam begaben sie sich hinunter ins Speisezimmer.
Der junge Fosdyke, unerträglich munter für die Tageszeit, hatte schon einen halben Teller Rührei mit Würstchen ver- tilgt. Rollo und Cherry machten sich gerade an ihr Frühstück, Wells und Poindexter standen am Sideboard und begutachte- ten den Inhalt der Schüsseln auf den elektrischen Wärmeplat- ten. Als die Mädchen eintraten, machten die beiden ihnen Platz. »Nach Ihnen, meine Damen«, sagte Wells galant.
»Nur zu, nur zu«, sagte Tish. »Sie müssen Ihr Frühstück schließlich noch vor dem Rennen verdaut haben.«
»Bott hingegen wird heute morgen nicht sehr viel zu ver- dauen haben«, tat Leigh kund, der gerade eintrat. »Dem geht es nicht allzu gut. Meredith hält ihm gerade den Kopf unter kaltes Wasser.«
»Hundeelend ist dem.« DeLancey folgte Leigh ins Speise- zimmer. »Hab ich dem Deppen doch gleich gesagt, daß er keinen Alkohol verträgt.«
»Was?« Rollo sprang auf. »Bott hat sich gestern abend be- trunken?«
»Hat sich gewaltig einen hinter die Binde gegossen«, be- stätigte DeLancey selbstzufrieden.
Rollo lief zur Tür. »Na warte, wenn ich den in die Finger kriege!«
Daisy eilte ihm hinterher. Als sie in der Eingangshalle an- kam, war er schon am Fuß der Treppe angelangt. Sie zog die Tür zum Speisezimmer hinter sich zu und rief: »Rollo, warten Sie einen Augenblick!«
»Was ist denn?« fragte er ungeduldig und wandte sich, den Fuß auf der untersten Stufe, zu ihr.
»Das ist nicht Botts Schuld. Jedenfalls nicht gänzlich. Er ist provoziert worden, Whisky zu trinken, obwohl er doch nur Bier verträgt. Nur ein Heiliger hätte es fertiggebracht, sich dieser Herausforderung nicht zu stellen.«
»DeLancey?«
»Wer denn sonst?«
Rollo stöhnte auf. »Bott ist aber wirklich ein preisverdäch- tiger Idiot, wenn er nicht kapiert, daß er damit nach DeLan- ceys Pfeife tanzt.«
»DeLancey hat es so eingefädelt, daß er in jedem Falle Sie- ger blieb. Diesem Mann macht es offenbar eine Riesenfreude, Ärger zu stiften, selbst wenn er sich damit selber schadet. Obwohl – er sitzt ja im Vierer. Ist damit das Rennen vom Achter nun gefährdet?«
»Das weiß ich nicht; erst muß ich sehen, wie schlecht es Bott geht. Würden Sie Tish wohl bitten, ein paar Eimer schwarzen Kaffee hochbringen zu lassen?« Rollo nahm die Treppe zwei Stufen auf einmal.
Daisy reichte seine Bitte weiter und nahm sich Bacon, Toast und Tee. Sie setzte sich zu Dottie und Cherry, die sich glück- licherweise weit von DeLancey entfernt niedergelassen hat- ten, und erklärte leise die entschuldbaren Umstände von Botts Kater.
Fosdyke mampfte still und zufrieden vor sich hin. Leigh, Poindexter
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