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Miss Emergency

Miss Emergency

Titel: Miss Emergency Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Rothe-Liermann
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bisschen vor mich hin, sie stellt sich taub und stumm. Als ich sie frage, ob sie mich hören kann, verdreht sie die Augen, stöhnt genervt »Leider!« und dreht sich weg. Arrogante Kuh? Das kann ich auch. Ein bisschen schnippischer bitte ich sie, den Arm freizumachen. Keine Reaktion, sie streckt nur mürrisch den Arm aus und lässt mich den Ärmel hochziehen. Ich lege noch einen Zacken Hochmut drauf und nehme ihr Blut ab, als müsse es ihr eine Ehre sein. Aber so richtige Befriedigung stellt sich nicht ein. Warum ist sie so abweisend, so ekelhaft zu mir? Oder zu allen? Muss man jeden Patienten in sein Herz schließen? Ja, ja, ich weiß. Man sollte.
    Bei Manuel ist es viel netter. Ich erzähle ihm von der Frau, die so sichtlich von mir genervt war.
    Â»Du mit deiner guten Laune kannst einen aber auch deprimieren«, sagt er. »Du kommst rein, strahlst, machst auf patent – klar nervt das!«
    Aha. Na, wenn ich heute strahle … Aber in Manuels Sprache war das wohl ein Kompliment. Ich möchte noch ein paar Nettigkeiten mehr hören und provoziere ein bisschen, indem ich mich über die Arroganz der Patienten beschwere, die eine Anfängerin nicht ernst nehmen. Er könnte ja EINMAL sagen, dass er inzwischen Respekt vor mir hat und ich meine Sache gut mache. (Gab es von den Vorgesetzten so lange kein Lob mehr, dass du jetzt bei den Patienten fischen gehst? Das sind Schutzbefohlene, Lena …) Doch statt des Lobes gibt es natürlich wieder nur eine Unverschämtheit.
    Â»Dann wird das wohl nichts mit unserem Date nach meiner Entlassung«, grinst Manuel. »Wenn jetzt der nächste respektlose Patient vor deine Nase gelegt wird, verliebst du dich ja sicher in DEN.«
    Â»Ich bin doch nicht … ich hab mich doch nicht …« Atmen, Lena! Und dann einen vollständigen Satz! »Ich verlieb mich doch nicht in eine FRAU!«, trompete ich.
    Manuel grinst breit. Super, Lena, was war das denn?! Du hättest sagen müssen, dass du nicht in IHN verliebt bist! »Ich verlieb mich doch nicht in eine Frau« klingt wie aus einer Eifersuchtsszene. (»Keine Angst, Liebling, ich würde mich niemals in jemand anderen verlieben; schon gar nicht in eine Frau.« Sorry, aber das war der Subtext!)
    Â»Gut zu wissen«, lächelt Manuel. »Also bleibt es bei unserem Date?«
    Wenn ich jetzt einen coolen Spruch parat hätte, mit dem ich absage, ihm die Hoffnung nehme und mir gleichzeitig offenlasse, spontan doch anzurufen … wäre das eine gute Strategie. Doch nur »Mal sehen« klingt feige. Lieber die Flucht nach vorn antreten.
    Â»Klar«, sage ich. »20 Minuten am Samstag. Ich hoffe, du grübelst schon, wie du mir ein angemessenes Date bieten kannst, ohne dich zu überanstrengen, ohne Alkohol – und in der kurzen Zeit …«
    Er lacht. »Wenn du kommst, fällt mir was ein.«
    Ich lächle zurück. »Wenn dir was einfällt, komme ich.« Patt. Wundervoll.
    Ich schiebe mein Wägelchen aus Manuels Zimmer und will mich auf den Weg machen, die letzten beiden Proben ins Labor nachzuliefern. Oder doch einen kurzen Abstecher in die Cafeteria? Die Pause dauert noch 12 Minuten. Unter Heißhunger könnte ich in 12 Minuten durchaus ein Wildschwein verdrücken … Aber die Proben noch länger zu verspäten, kommt natürlich nicht infrage. Hoffentlich hat eine meiner Freundinnen an mich gedacht. Ich eile in Richtung Labor. Orakel gefällig?Wenn mir jemand die nächste Tür aufhält, sind die Leute ab jetzt alle nett und aufmerksam zu mir und dann bringt mir jemand was zu essen mit. Achtung, ich komme. Jemand hält mir die Tür auf. Ruben.
    Â»Hier, nimm!«, sagt er und hält mir einen Teller hin – mit einem riesigen Sandwich. Ich starre ihn an: Er ist so großartig, ich finde gar keine Worte.
    Â»Nimm schon, ich muss wieder rein.«
    Ich stopfe mir eilig das halbe Brot auf einmal in den Mund. »Banke!«
    Â»Nicht mir«, sagt Ruben, schon halb im Gehen. »Es ist von Thalheim.«
    Fast hätte ich in diesem Moment mein zartes Leben ausgehaucht. Nein, ausgeröchelt, ausgekrümelt. Denn das halbe Sandwich bleibt mir in der Kehle stecken. Ich huste und schlucke, Tränen steigen mir in die Augen.
    Â»Dr. Thalheim schickt mir ein Salat-und-Salami-Sandwich?!« Ruben schüttelt abfällig den Kopf. »Ruccola-Tomate-Pastrami. Aber

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