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Miss Emergency

Miss Emergency

Titel: Miss Emergency Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Rothe-Liermann
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überhaupt niemanden! Sie hat sich den idiotischen Freund nur ausgedacht! Warum?! Ich hab doch auch keinen! Ist es SO peinlich, keinen Freund zu haben? Wolltesie uns imponieren? Sag doch was, Lena! Jenny kapiert gar nichts; sie grinst immer noch erwartungsvoll und glaubt, dass sich hier gleich das Paul-Geheimnis lüftet.
    Â»Lass Isa doch!«, sage ich eilig. »Ist doch romantisch, wenn es keiner weiß!«
    Jetzt trifft mich Isas entsetzter Blick. Ja, meine Liebe, ich habe dich durchschaut. Aber wenn du so freundlich wärst, zu verstehen, dass ich dich nicht in die Pfanne haue, sondern hier gerade versuche, einen gnädigen Mantel über die traurige Wahrheit zu breiten …
    Doch Jenny ist entweder gerade begriffsstutzig oder unerbittlich. »Schon klar«, lacht sie. »Romantik mit Brille!«
    Isa sieht sie perplex an. Tu doch was, Lena!
    Â»Sorry, Isa, war nicht böse gemeint«, sagt Jenny. »Ich steh eben nicht auf Brille. Aber bei ihm sieht es klug aus. Und sein Vortrag war ja wohl auch superklug.«
    Â»Vortrag?«, stottert Isa.
    Â»Die Fallvorstellung, die ich verschlafen habe. Da hat dein Paul doch angeblich so klug referiert.«
    Isa setzt sich. »Mein Paul.« Sie atmet aus, ganz tief. »Mein Paul.« Okay, Lena. Das hier geht gerade noch glimpflich aus. Isa behauptet jetzt, sie habe einen Paul, Jenny glaubt es und die beschämende Wahrheit bleibt unter der Decke. Du könntest dann auch ausatmen.
    Jenny setzt sich neben Isa und legt den Arm um sie. »Ich weiß schon seit einer Woche, dass es Paul ist. Mir kannst du eben nichts vormachen.«
    Isa schaut weg. Plötzlich sieht sie in dem neuen Kleid wunderschön aus. »Na, wenn ihr es wisst …«, sagt sie leise, »entschuldigt, dass ich es so blöd vertuscht habe.«
    Jenny tanzt in die Küche, um Prosecco zu holen und auf die Liebe anzustoßen. Ich setze mich zu Isa und drücke ihre Hand.
    Â»Was ist?«, fragt sie leise.
    Ich schüttle den Kopf. »Schon gut«, sage ich. »Wir einigen uns auf Paul.«
    Isa zieht die Hand weg. »Es IST Paul.« Ihre Stimme klingt rigoros.
    Hups? Liege ICH jetzt etwa völlig falsch? Gibt es Paul wirklich? Nein. Ich weiß, dass sie lügt. Doch das ist so neu und unerwartet, dass ich nicht mehr widerspreche. Jenny kommt zurück und stößt mit uns auf Paul an. Isa wirkt unsagbar erlöst und trinkt das Glas in einem Zug aus. In der zweiten Runde trinken wir auf Manuel und mein Date am Sonntag. In der dritten stoßen wir auf Marcus an, Jennys neuste Eroberung aus dem Spätshop an der Ecke. Ich weiß nicht, ob man im Spätshop Bekanntschaften schließen sollte, aber Jenny schwört, dass nächtliche Spätshop-Einkäufe (in Marcus’ Fall Eis und ein Bergsteiger-Magazin) die beste Charakterbeurteilung erlauben (hier: abenteuerlustig und lebensfroh, sportlich aber uneitel). Na immerhin bleibt Leo und Ron nun der Bruderkrieg erspart und das Banduntergangsszenario ist vorerst abgewendet.
    Als wir uns schließlich in unsere Betten begeben wollen, kommt Jenny auf die Klamottenfrage zurück. Sie möchte Isa und mir die Sachen schenken. Nicht ausleihen, schon gar nicht tauschen – schenken. Wir sträuben uns ein wenig, es waren immerhin Jennys Geschenke.
    Â»Ich will sie nicht«, sagt sie knapp.
    Isa schüttelt den Kopf. »Und wenn deine Mutter mich darin sieht? Was soll sie denn denken?«
    Jenny macht eine wegwerfende Geste. »Wahrscheinlich erkennt sie die Sachen nicht mal.«
    Schließlich lassen wir uns überzeugen, die Kleider anzunehmen. Komisch, dass das schlechte Gewissen immer gerade bei den Sachen besonders stark ist, die man schrecklich gerne haben will.
    Nach dem Zähneputzen komme ich noch einmal an Jennys Tür vorbei. Sie sitzt im Bett, kämmt ihre Haare und hat eins der neuen T-Shirts zum Schlafen angezogen. Ich bleibe stehen.
    Â»Bist du sicher, dass es richtig ist, wie du deine Mutter bestrafst?«
    Jenny zuckt die Achseln. »Sie könnten ja auch mal mit mir essen gehen.«
    Ich weiß nichts zu antworten. Bei so was kann ich immer nur flapsig. »Morgen lade ich dich zum Essen ein«, sage ich. »Wohin du willst. Ich bin nämlich auch sehr stolz auf dich.« (Ach verdammt, Lena, hättest du den letzten Satz weggelassen, wäre es richtig lieb gewesen. Jetzt klingt es, als wolltest du ihre Traurigkeit ins Lächerliche ziehen.)
    Jenny sieht

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