Miss Emergency
frage ich, ganz unverfänglich.
»Nichts«, antwortet Isa, dann muss sie sich an die Wand lehnen. Ihre Hände zittern und ihre Knie offenbar auch. Doch als ich frage, ob alles okay ist, nickt sie nur. Sie erzählt nichts. Jeder andere hätte sich doch mit dem Chefarzt-Gespräch gebrüstet! Ich könnte so was im Leben nicht für mich behalten! Nicht nur, weil man für eine solche Heldengeste gelobt werden möchte, auch, weil nur vom Drüberreden das Zittern weggeht! Aber Isa schweigt. Vielleicht will sie uns überraschen. Oder sie glaubt nicht wirklich, dass ihr tapferes Eingreifen Erfolg haben könnte. Egal, ich respektiere ihr Schweigen, so schwer es mir fällt. Das Einzige, was ich mir nicht verkneifen kann, ist, Jenny einen kleinen Schubs zu geben, als ich ihr das nächste Mal begegne.
»Es wird schon«, sage ich. Ich kann es einfach nicht ertragen, dass sie warten muss wie im wildwestlichen Sheriffâs Office mit Blick auf den Galgen.
»Wieso?«, fragt sie nervös. »WeiÃt du irgendwas?«
Aber ich zucke die Achseln. »Bloà so ein Gefühl.«
Auch als wir die nervöse Jenny zu ihrem Gespräch verabschieden, verrät Isa nichts. »Hab keine Angst!«, sagt sie bloÃ. »Vielleicht geht es ja doch gut aus.«
»Vielleicht bist du auch ein bisschen weltfremd, Herzchen«, entgegnet Jenny ahnungslos und angespannt. Dafür wird sie sich hinterher nicht schlecht schämen!
Isa lächelt nur. »Ja, vielleicht.«
Die nächste Stunde sitzen Isa und ich in der Cafeteria undwarten. Immer noch verkneift sich meine tapfere Freundin jede Andeutung. »Ich habe ein gutes Gefühl«, sagt sie nur.
Ich grinse sie an. »Ich auch.« Ich kann es nicht lassen â nur eine Andeutung! »Kann ja sein, dass die Klinikleitung spontan ihre Meinung geändert hat â¦Â« Doch Isa geht nicht darauf ein. Na gut. Dann lasse ich ihr eben die Freude.
Jenny kommt nach einer Stunde zurück ⦠Und ist endlich wieder Jenny. Sie strahlt und umarmt und küsst uns.
»Zwei Wochen Galgenfrist!«, strahlt sie. »Wenn ich mich jetzt zusammenreiÃe, geht alles gut aus. Kinder, was für ein Glücksfall!«
Erwartungsvoll sehe ich Isa an. Sie gratuliert, sonst nichts. Nicht ein Wort über ihren Einsatz. Will sie es niemals sagen? In diesem Moment begreife ich: Sie wird es für sich behalten. In alle Ewigkeit. Aber an diesem Abend gehen sie geschlossen heim â untergehakt und aufgeregt schwatzend nehmen sie die ganze Bürgersteigbreite ein: die drei Grazien von der Inneren.
A m Abend ist mein Bauch voll sprudelnder Freude. Noch zwei Stunden bis Manuel. Erst stoÃen wir natürlich gebührend auf Jennys Rettung an. Aber die Feier wird kurz. Isa, die sich während des Streits mit Jenny nicht aufs Lernen konzentrieren konnte, möchte bald an ihre Fallvorstellung zurück. Und Jenny â geht der Wandel wirklich so schnell? â findet überraschend, dass auch sie ihre Fallbesprechung vorbereiten könnte. So lasse ich ein FleiÃiges-Bienchen-Duo zurück und mache mich auf den Weg zu Manuel. Als ich im Flurspiegel mein Erscheinungsbild überprüfe, kommt Jenny aus der Küche. Gut â ich wollte sie bitten, Isa noch mal zu einem Anruf bei Tom zu ermutigen. Ich fürchte, unsere Kleine weià nicht, wie sie ihrem Angebeteten jetzt gegenübertreten soll. Aber auch Jenny hat noch etwas auf dem Herzen.
»Sag mal, hast du mit deinem Dr. Thalheim über mich gesprochen?«, fragt sie leise.
»Wieso das?«, frage ich irritiert zurück. (»Wieso MEIN Doktor«, hätte ich erst mal fragen müssen!)
»Nur so«, antwortet Jenny. »Weil sie gesagt haben, jemand hätte sich leidenschaftlich für mich ins Feld geworfen.«
Ich zucke die Achseln. Wenn Isa sich nicht offenbaren will, ich werde sie nicht verraten. »Vielleicht Dr. Ross«, sage ich unbeteiligt. »Die mag dich doch â¦Â«
Jenny zieht nachdenklich die Schultern hoch. »Das wär ja echt nett von ihr â¦Â«
»Jawohl«, antworte ich. »Das wäre supernett.«
Dann werden Jennys Augen groà und ihr Gesicht weich. »Ich glaube, ich weiÃ, wer es war.« Sie lächelt. »Bestimmt soll ich es nicht wissen und er wird es nie zugeben ⦠aber ich denke, es war mein Vater.«
Einen Moment bin ich versucht, alles aufzuklären. Dass dieser
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