Miss Emergency, Band 4: Miss Emergency , Operation Glücksstern (German Edition)
eingeteilt hat. Das kann nur eins bedeuten: Er ist da.
Nein. Fahr wieder runter!
Warum habe ich nie mit Dr. Heinrichs Hypnosetraining angefangen?! Vielleicht wäre das Kapitel Hypnotisieren von Personenaufzügen ja noch gekommen?! Nun ja, das nutzt mir jetzt wenig. Der Aufzug setzt unbeeindruckt seine Fahrt in die Innere Station fort – pling – da sind wir.
Vorsichtig werfe ich einen Blick in den Flur. Ich habe keinen Unerwartete-Begegnung-Einstiegs-Satz vorbereitet. Zum Glückist er nicht zu sehen. Dass meine Knie zittern, ist absolut unnötig. Geht aber von dieser rationalen Ermahnung nicht weg. Gut, dass er nicht schon vor dem Aufzug stand, ich wäre ihm direkt in die Arme gefallen.
Eigentlich schade, dass er nicht schon vor der Aufzugtür stand!
Bleib cool, Lena, du bist zum Arbeiten hier. Alles andere lässt du einfach auf dich zukommen.
Und wenn ER auf mich zukommt?
Mann, Lena, was hast du dir denn gerade vorgenommen?!
Nachtdienst auf der Inneren hat ausgerechnet Schwester Klara. Ich hab sie nie sonderlich ins Herz geschlossen, aber sie war auch niemals explizit meine Feindin. Reserviert ist sie trotzdem, als hätte ICH ihr all die Frechheiten entgegengeschleudert, die sich meine Freundin Jenny erlaubt hat.
»Na toll«, stöhnt Klara jedenfalls, als sie mich sieht. Pah, das denke ich mir auch gerade; nur haben manche von uns etwas Selbstbeherrschung, deshalb sage ICH es nicht laut.
Klara erklärt mir, was ich zu tun habe. Falls sich der Zustand eines Patienten verschlechtert, bin ich für Untersuchungen und die nötigen Hilfsmaßnahmen zuständig. Sie ist allein auf der Station, ich muss sie also auch bei den Schwesternaufgaben unterstützen, schlaflose Patienten beruhigen und Medikamente austeilen. Zusammengefasst soll ich alles tun, wofür ein Arzt vonnöten sein könnte, mich aber benehmen wie eine Lernschwester; Klara macht mehr als deutlich, dass sie das Kommando hat und ich buchstabengetreu auf sie hören sollte. »Noch Fragen?«
Ja. Ich MUSS es wissen.
»Und ist, äh, sonst noch jemand hier?«, frage ich. »Außer uns?«
»Reicht Ihnen das nicht?« Klaras Augenbrauen wandern bis in den Haaransatz hinauf. »Trauen Sie sich das nicht zu, oder was?«
Doch, nur … was ich mir gerade nicht zutraue, ist eine Begegnung mit Tobias – mit der Gefahr, dass man mir die realen und imaginären Erlebnisse der letzten Nacht irgendwie anmerkt.
Schwester Klara ahnt den Grund für mein unprofessionelles Zögern natürlich nicht. »Wir überlassen doch nicht eine ganzeStation die halbe Nacht einer Studentin!«, beruhigt sie mich in einem Tonfall, der den nicht ausgesprochenen Nachsatz »… da könnten wir unsere Patienten ja gleich erschießen« deutlich durchklingen lässt. »Einer der Ärzte ist auch hier.«
Ich sei zu seiner Entlastung da, erklärt sie mir, weil er weiß Gott genug zu tun hat. Nur weiß ICH immer noch nicht, ob es bloß einer oder meiner der Ärzte ist. Weil Schwester Klara offenbar diesbezüglich keine Auskunft zu geben bereit ist, beginne ich meinen Nachtdienst mit einem Stationsrundgang. Einem Stations-Geradeausgang. Bis zu seinem Büro. Drinnen brennt Licht.
Alles klar, Lena, er ist es. Er ist hier.
Ich schleiche zum Schwesternzimmer zurück, so schnell meine weichen Knie mich tragen.
Tobias lässt sich nicht blicken. Es passiert überhaupt nichts. Dieses Taschengeld ist leicht verdient. Zumindest heute Nacht. Ich nehme es als Entschädigung – der Tag hat mir doch genug zugemutet – und als Lern-Unterstützung. Denn da ich nicht wie Schwester Marianne heimlich Filme ansehen kann und keine Zeit-Totschlag-Unterhaltung mit Schwester Klara führen möchte (die eher aussieht, als ob für sie nur Totschlag Unterhaltung wäre), beschäftige ich mich brav mit meinen Lehrbüchern. Das verschafft mir auch das Vergnügen, der hochnäsigen Klara ein wenig unter die Nase zu reiben, dass ich eventuell irgendwann ihre Vorgesetzte sein könnte. Wenn ich die Approbation habe, darf sie mich nicht mehr herumkommandieren; dann bin ich es, die »Haben Sie nichts zu tun?!« fragt.
Schwester Klara scheint meine unausgesprochenen Signale deutlich zu empfangen und nutzt die vielleicht vorletzte Gelegenheit, mich anzuherrschen, indem sie sagt: »Wenn Sie sonst nichts zu tun haben, wäre es zu gütig von Ihnen, Sie könnten Ihre wichtigen Bücher einen Moment vernachlässigen, um die Medikamente auszuteilen.« Und dann setzt sie sich an den Computer und lässt mich den Medikamentenrundgang
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