Miss Emergency, Band 4: Miss Emergency , Operation Glücksstern (German Edition)
Taxi, während sie angestrengt ihre Beine anwinkelt. Sie hat dem Fahrer versprochen, die Sitzbank nicht zu berühren, und er kontrolliert regelmäßig im Rückspiegel, ob sie sich daran hält.
Ich nicke schafsmäßig. Stimmt ja; er ist wahnsinnig toll. Und hübsch und lustig und lieb. Und nicht Tobias. Sonst hätte ich den Kuss nicht pellkartoffelabrupt beendet. Wenn ich mich jetzt darauf verlassen könnte, dass die gleiche Situation mit Tobias nicht zur Lichtgeschwindigkeits-Abstandssuche geführt hätte, wäre alles klar. Verdammt, es ist kein bisschen leichter geworden.
Und, hey, der Kuss WAR schön. Sei ehrlich, Lena. Du knutschst doch niemanden nur wegen eines Teenager-Flashbacks! Oderweil sich eine Großstadt hübsch in nächtlichem Wasser spiegelt! Sondern weil es genau das war, was du in diesem Moment wolltest. Du müsstest jetzt nur rausfinden, wie lange dieser Moment vorhält – und inwieweit Teenager-Flashback und Großstadt-Spiegelung doch ein klitzekleinwenig Einfluss genommen haben …
»Nun ist endlich alles klar. Ich bin so froh, mein Liebling!« Tobias hält mich im Arm und lächelt.
Irgendwas stimmt da nicht, ich komme aber nicht darauf, was es ist. Ich frag mal nach, was genau er meint.
»Nun, da wir uns geküsst haben«, antwortet Tobias, »steht unserer gemeinsamen Zukunft nichts mehr im Wege. Und keine Sorge, Liebling, ich übernehme die Verantwortung. Morgen gehe ich zum Krankenhauspastor wegen des Termins für die Zeremonie. Und dann spreche ich gleich mit Ruben über das Hochzeitsmenü.«
Ach richtig, wir hatten uns ja geküsst. Ich erinnere mich dunkel. Jetzt will er mich also heiraten. Prima so weit. Wenn ich nur darauf käme, was hier nicht stimmt. Ach egal, wir küssen erst mal weiter.
Ich fahre mit einem Satz im Bett hoch, dass der Bücherstapel vom Bettregal rutscht. Es gibt einen brutal lauten Knall. Und der weckt mich endlich richtig auf.
Bevor mein Kopf sortiert ist und ich mir den Traum – sowie seine mögliche Bedeutung – richtig vergegenwärtigen kann, rumpelt es auf dem Flur. Der Bücherknall hat auch meine Freundinnen aus ihren Träumen gerissen. Wer weiß, was in ihren nächtlichen Kopfkinos für verwirrende Versprechungen gemacht wurden. Vielleicht habe ich ihnen mit meiner abrupten Weckaktion ja einen Gefallen getan? Obwohl sie beide aussehen, als hätten sie eigentlich gerade sehr angenehm geträumt. Verschlafen tauchen sie in meiner Tür auf, Isa in ihrem Karo-Schlafanzug und besorgt, Jenny im XL-Felix-T - Shirt und brummig.
»Bist du in Ordnung?«, fragt Isa, als sei ich es, die gerade vomRegal gestürzt ist und verstreut auf dem Boden liegt. »Was zur Hölle treibst du mitten in der Nacht?«, knurrt Jenny, als hätte ich eben mit Vorsatz den lautestmöglichen und rücksichtslosesten Lärm gemacht.
Das ist nicht der Moment, meinen Kuss mit Alex zu beichten. Und spätestens dort müsste mein Bericht anfangen, wenn ich erklären wollte, warum ich nachts mit Büchern werfe.
»Ich lerne …«, behaupte ich stattdessen und deute unbeholfen auf die Lehrbücher am Boden.
Für Isa ist das offenbar eine akzeptable Erklärung, sie nickt, gähnt und geht. (Ich hoffe, sie geht ins Bett – und nicht, durch meinen nächtlichen Lern-Eifer beschämt, an den Schreibtisch.)
Jenny aber tippt sich an die Stirn und sieht mich an wie einst Mama, wenn ich um fünf Uhr morgens aufgestanden bin, um schon mal ganz leise Topfschlagen zu spielen.
»Du hast ja wohl eine Meise, Lena«, murrt sie. »Warum schläfst du nicht?«
Ähm, weil da ein Mann in meinem Traum ist?
»Lern doch am Tag, wenn es unbedingt sein muss!«, murmelt Jenny verdrießlich. »Warum, bitte schön, musst du das ausgerechnet mitten in der Nacht tun?!«
Ich sehe ihr in die zugekniffenen Augen und antworte: »Tja, das entspricht wohl einfach meinem Biorhythmus.«
I ch bin absolut nicht ich selbst. Ich stehe vollkommen neben mir. Neben dem Küchentisch. Und sehe auf das Probeexamen, das vor Lena liegt. Sie hat noch nicht eine Frage beantwortet.
Heute fällt es mir schweinehundsmäßig schwer, mich auf den Kreuz-Test zu konzentrieren. Isa ist schon auf der dritten Seite, selbst Jenny kreuzt beflissen vor sich hin, nur ich kann einfach nicht anfangen. Es geht nicht. Ich starre auf die Tisch-Uhr, fast eine Stunde ist schon rum. Die kleine Matrjoschka dreht den Kopf, noch 120 Minuten. Nachdem ich dieselbe Frage zum dritten Mal gelesen habe, sind es plötzlich nur noch 90. Die Matrjoschka dreht den
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