Miss Emergency, Band 4: Miss Emergency , Operation Glücksstern (German Edition)
Scherz?!
Bevor das Zukunftsgedanken-Karussell zu schnelle Fahrt aufnehmen kann, klingelt es und die vier Ausflügler kehren zurück. Sie kommen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus, ihre Ahs und Ohs sind sicher bis auf die Straße zu hören. Dass ich immer: »Och, das haben wir Felix zu verdanken« und »Ach, das war Alex’ Idee« sage, ist nur aufgesetzte Bescheidenheit – in Wirklichkeit bin ich zum Platzen stolz und vor lauter Zufriedenheitsgrinsen tut mir schon das Gesicht weh.
»Ich hatte doch versprochen, dass die Party unserer Prüfungsvorbereitung nicht schadet«, erkläre ich, »im Gegenteil; nach heute Abend werden wir alle noch viel schlauer sein.«
Unweigerlich. Und nicht nur wir, auch all unsere Gäste. Denn ich habe das gesamte Prüfungswissen zum Partythema erhoben. Überall Lehrstoff und Examensaufgaben – auf den Folien an den Wänden, in den aufgeschlagen herumstehenden Büchern und sogar auf den T - Shirts der Gäste, mit denen sich allmählich die Wohnung füllt. Man kann gar nicht anders, als die ganze Zeit Medizinwissen aufzunehmen, man wird damit konfrontiert, wo immer man hinsieht, beim Tanzen, Essen und Quatschen – überall Lehrstoff. Dazu haben wir die Wohnung in klinischem Weiß verkleidet, es gibt Snacks aus Petrischalen und bunte Drinks ausFelix’ Reagenzgläsern. Ich war nicht ganz sicher, ob das wirklich auch für irgendjemanden, der nicht kurz vor dem Examen steht, unterhaltsam sein könnte, aber unsere Gäste amüsieren sich großartig.
Der größte Spaß ist die Medizin-Karaoke nach unserer Lernvia-Song-Methode. Wir haben jedem Gast eine Lehrbuchseiten-Kopie in die Einladung gesteckt und um einen Liedbeitrag gebeten. Jenny und Isa können sich kaum halten vor Lachen, als Alex die Karaokemaschine anwirft und die ersten Gäste mit ihren selbstgebastelten Liedvorträgen auftreten. Wir hören Funky cold Medina mit dem Text »Neuroborreliose, bildgebende Verfahren« zu Sweet home Alabama und »Hypoglykämisches Koma durch hohe Insulindosen« zu I was made for lovin’ you.
Every breath you take , ausgewählt von meinen Curling-Team-Band-Freunden, als Die UV-StrahlUng in ÜberdosierUng dargeboten und statt zur Karaoke mit zwei Gitarren begleitet, erntet großen Beifall. Am besten gefallen mir zwei Freundinnen von Jenny, die sich ausgerechnet I will survive ausgesucht haben, aber tatsächlich die Geschichte und Methoden der Pathologie auf die Melodie gepresst haben und sich nicht entblöden, uns statt At first I was afraid I was petrified »Zuerst war’n Herr Morgagni und Herr Virchow da, die BEgründer der MOdernen PaTHOlogie« vorzusingen. DAS ist das komischste Lied, das ich je gehört hab!
Im Vorhinein war gar nicht abzusehen, wie sehr die Medizin-Karaoke auch alle Nichtmediziner amüsiert – weil die Beiträge herrlich schräg und manche Reimversuche einfach zu doof sind. Aber das gesungene Wissen prägt sich trotzdem unauslöschlich ein. Genau deswegen. Und nicht nur uns, die wir es brauchen können. Ich erwische Jennys Geologenfreund Georg dabei, wie er beim Drinksmixen selbstvergessen »Bildgebende Verfahren« vor sich hin singt. Ich weiß nicht, ob Georg dieses Wissen jemals brauchen wird. Aber Sweet home Alabama ist so ein Ohrwurm – FALLS es eines Tages gebraucht werden sollte, kann Georg sicher auch in fünf Jahren noch vorsingen, wie ein CT gemacht wird.
Als es gegen Ende der Party ruhiger wird, ergibt sich dieGelegenheit, einen Moment mit Tom allein zu sein und ihn auf den Gemütszustand seiner Freundin anzusprechen.
Tom scheint sich weniger Sorgen zu machen als ich. »Es ist die wichtigste Prüfung ihres Lebens«, erklärt er. »Ist doch klar, dass sie momentan keine Zeit für etwas anderes hat. Oder für mich. Ich versteh das. Sie muss lernen, bis sie über ihren Büchern einschläft.«
Ich sehe offenbar unzufrieden aus, denn er stockt plötzlich. »Oder glaubst du, es liegt an der Hochzeit?«, fragt er. »Wir haben zwar die meisten Vorbereitungen auf die Zeit nach der Prüfung verschoben – aber wir reden natürlich ständig davon. Vielleicht lenkt sie das mehr vom Lernen ab, als sie zugibt?«
Ja, klar. Das wird es sein. Isa hat zu viel Ablenkung.
»Tu mir einen Gefallen«, sage ich kopfschüttelnd. »Rede bitte STÄNDIG von der Hochzeit. Statt dass du auch noch dauernd darüber sprichst, wie lebensentscheidend die Prüfungen sind.«
Tom nickt. Vielleicht hat er doch kapiert, was ich meine.
»Du passt doch auf sie auf, wenn ich nicht hier
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