Miss Emergency, Band 4: Miss Emergency , Operation Glücksstern (German Edition)
der Seele brennt. Isa reagiert immer knapper.
Nachdem sie Tom verabschiedet hat, kommt Isa zurück in die Küche und bremst Jenny mit einer groben Handbewegung, als die nur den Mund geöffnet und noch keinen einzigen Ton gesagt hat.
»Bitte«, flüstert sie, »könntet ihr den Rest des Tages nicht mehr davon sprechen?«
Wir schweigen beide, trinken beschämt unseren Kaffee. Wir sind doch nur so aufgeregt …
»Entschuldigung«, sagt Isa eine Minute später. »Es ist bloß, weil Tom mich jetzt schon gefragt hat, wann wir es denn endlich unseren Eltern sagen können.« Sie gießt sich Tee ein und setzt sich seufzend zu uns. »Dabei bin ich doch erst im dritten Monat«, fügt sie nervös hinzu.
»Du willst doch nicht …« Jenny sieht sie durchdringend an.
Sie denkt dasselbe wie ich. Induzierter Abort. Schwangerschaftsabbruch. Zeitlich wäre es noch möglich, Isa ist über die ersten 14 Wochen noch nicht hinaus. Aber …
»Ich will einfach noch einen Moment drüber nachdenken können«, sagt Isa leise.
»Isa, nein!« Ich kann mich nicht zurückhalten. Es gibt keine medizinischen Gründe. Tom hat einen festen Job. Isa ist gesund. Sie wird eine prima Mama, ganz sicher. Nur weil sie es sich jetzt noch nicht zutraut? Weil ihre Pläne anders aussahen? Es heißt doch, dass Leben genau das ist, was passiert, während man andere Pläne macht!
»Versteht ihr nicht?«, fragt Isa beschwörend. »Wenn sie es erfahren, kommen alle Fragen. Wie wollt ihr das einrichten?, Was wird aus deinem Facharzt?, Hörst du auf zu arbeiten? Ich hab keine Antworten darauf. Überhaupt keine. Denkt ihr nicht auch, ich sollte erst mal selbst ein paar Antworten finden, bevor ich die frohe Botschaft in die Welt hinausposaune?«
Ja. Aber erst mal zählt für mich nur eins. Dass sie es nicht loswerden will. Und trotzdem glücklich wird.
»Also bekommst du es?«, frage ich nach.
»Wer weiß das im dritten Monat?«, entgegnet sie.
Ich verstehe es nicht. Und langsam werde ich wütend. Ein Baby ist doch nicht das Ende des Lebens. Wie kann Isa, ausgerechnet die empfindsame, zartfühlende Isa, darüber nachdenken, es NICHT zu bekommen? Weil sie Angst hat? Weil sie »andere Pläne hatte«? Das passt nicht zu ihr. So kenne ich sie nicht. Ich will nicht, dass sie so ist!
Ich sehe Jenny an. Auch ihr Blick ist bestürzt, ich finde dasselbe Unverständnis auch bei ihr.
Isa mustert uns einen Moment mit undurchdringlicher Miene. »IHR seid die Gynäkologie-Experten«, sagt sie dann. »Ich bin in der zehnten Woche. Es ist noch nicht garantiert, dass ich es bekomme.«
Das stimmt. Innerhalb der ersten zwölf Wochen kommt es bei ca. 20 Prozent der Schwangerschaften zu einem natürlichen Spontanabort. Ich hoffe nur, dass sie nichts anderes meint. Und vor allem, dass sie nicht DARAUF hofft.
»Können wir jetzt arbeiten?«, fragt sie vorwurfsvoll und schlägt ihr Buch auf. Sie stützt die Ellbogen rechts und links neben ihr Lehrbuch auf und den Kopf in die Hände und starrt so konzentriert in das Buch – ein plakatwandgroßes Ich möchte nicht weiter darüber reden -Schild könnte nicht eindeutiger sein.
Ich warte noch einen Moment, aber sie sieht nicht mehr auf. Also widme auch ich mich seufzend wieder der Rheumatologie. Den Rest des Vormittags arbeiten wir schweigend.
Auch Jenny scheint vom Lernteufel regelrecht besessen. Als ich abends an ihrer offenen Zimmertür vorbeikomme, sehe ich, dass sie immer noch am Computer sitzt.
»Du sollst mich nicht beobachten«, sagt sie ohne sich umzudrehen. »Komm lieber rein und hilf mir!«
Sie starrt genervt auf den Bildschirm. Ich kann mir denken, was sie sucht und weiß, dass diese Mühe vergeblich ist.
»Die Kreuztests, die es umsonst im Netz gibt, taugen nichts«, erkläre ich. »Die guten kosten Geld. Aber wir haben noch jede Menge.«
»Um diese Zeit kreuze ich bestimmt nichts mehr«, entgegnet Jenny unwirsch. »Aber was ich hier hab, taugt noch weniger als kostenlose Kreuztests von Dr. Gauner.«
Ich trete näher – und erkenne Felix’ Facebookprofil.
»Das ist wirklich ätzend«, seufzt Jenny, »keiner benutzt hier seinen richtigen Namen!«
Jenny betrachtet die Bilder von Felix’ Freunden.
»Ob sie das ist?«, fragt sie und deutet auf das etwas überbelichtete Foto einer Dunkelhaarigen vor Naturkulisse. »Oder die?« Der Mauspfeil fährt über das Bild einer Blonden, die neckisch über ihre Schulter blinzelt.
Alles klar. Sie sucht nach Nadja.
»Wenn ich wenigstens ihren Nachnamen wüsste«,
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