Miss Emergency Bd. 3 - Liebe auf Rezept
wärmt das Essen auf – nicht ohne zu betonen, dass es eine Schande sei, ihrem legendären Risotto so etwas anzutun – und wir genießen den Mädelsabend alle drei, tun dem guten Risotto bald aber noch Schlimmeres an, weil wir, kaum dass wir satt sind, anfangen, die Liebesperlen aus den bunten Plastikpistolen in den Topf zu schießen. (Es knallt so schön und wir sind ja wirklich zu erwachsen, um damit ziellos in der Küche rumzuballern.)
Schön, die beiden mal wieder ganz für mich zu haben. Und noch schöner, dass ich nicht das Gefühl habe, der Abend würde nur aus Mitleid für meinen Beziehungsmangel veranstaltet. Muss ich ein schlechtes Gewissen haben, weil Jenny Felix heute ausgeladen hat?
»Quatsch! Das macht ihm nichts«, lacht sie. »Ich seh ihn doch jeden Tag. Und was hält die Liebe frisch? Abstand!«
»Na, vielen Dank!« Isa zieht ein jammervolles Gesicht.
»Ist doch wahr«, verteidigt sich Jenny. »Glaubst du, ich freu mich jeden Tag so zappelig auf Felix, wie du dich auf Tom und euer Wochenende vorfreust?«
Wie bitte? Ist Jenny die Beziehungsroutine etwa schon wieder leid?
»Keine Sorge.« Sie winkt ab. »Wir haben uns nicht gleich satt, nur weil wir uns mal einen Abend nicht vom Feierabend bis zum Einschlafen an den Händen halten.« Einen Moment lauscht sie ihren eigenen Worten nach, dann grinst sie. »Hört ihr das? Ich wire schon.« Über unsere irritierten Mienen muss sie lachen. »Na dieses Paar-Wir«, erklärt sie. »Jetzt habe ich es auch schon.«
Es stimmt, in letzter Zeit kriegt man auf Fragen an Jenny oft Antworten, die mit einem »wir« anfangen. Und es stimmt auch, dass sie selbst noch vor wenigen Wochen herzlich gespottet hat, wenn Isa oder ich für unsere Freunde mitgesprochen haben. Aber zum Glück hat sie Selbstironie und bezieht uns in ihr Amüsement über die neue Pärchen-Marotte freimütig mit ein.
Zum Nachtisch gibt’s neben PEZis und noch mehr Liebesperlen die Ziehung der Rubellose. Jenny reibt drei Nieten frei und tröstet sich damit, dass das »Glück in der Liebe« bedeutet – woraufhin Isa mit ihren drei Nieten ebenfalls hochzufrieden ist. Und ich? Lege drei Glocken frei und stelle fest, dass ich damit einerseits 30 Euro gewonnen, aber andererseits liebesmäßig nichts zu erwarten habe. (Eigentlich halte ich mich doch an die Taktik, Vorhersagen nur zu glauben, wenn sie positiv ausfallen! Trotzdem überlege ich ganz kurz, ob eine Liebesprophezeiung mir nicht 30 Euro wert gewesen wäre.)
Wie immer wird es spät. Auch jenseits der Liebesbeziehungen, die Isa und Jenny offenbar als Themen für den heutigen Abend ausgeschlossen haben, gibt es genug Gesprächsstoff für einen Mädchenabend. Ich höre von den erneuten Ignoranz-Anfällen bei Isas Kollegen und versuche, ihr Mut zu machen. Jenny hält sich zurück und erklärt nur kryptisch, Isas Lage werde sich sicher bald ändern. (Ich kann nur hoffen, dass Jenny keinen allzugroßen Mist baut, ihr zufriedenes Grinsen macht mir echt Sorgen.)
Dankbar für den schönen, entspannten Abend erbiete ich mich, den Abwasch zu übernehmen und erst, als ich viel zu spät und todmüde in mein Bett sinke, wird mir klar, dass ich heute zum ersten Mal keinen blauen Lesotho-Link lila geklickt habe.
Habe ich auf das altbekannte, eingefahrene Manöver verzichtet, weil ich endlich lerne, dass das nirgendwohin führt außer in immer tristere Sehnsucht?
A m Freitagmorgen ist Isa schrecklich aufgeregt. Noch 12 Stunden bis Tom! Doch Jenny und ich können noch nicht an den Abend denken. Denn erst einmal steht uns die Oberarztvisite bevor. Obwohl ich Dr. Al-Sayed sehr gern mag, bin ich ziemlich aufgeregt. Nicht auf die Innere-Stations-Weise, als jede Oberarztvisite bedeutete, mit IHM und seiner Undurchsichtigkeit konfrontiert zu werden. Auch nicht auf die Chirurgie-Art, als man permanent mit abrupten Gemeinheits-Wolkenbrüchen rechnen und auf blitzschnelles Abducken eingestellt sein musste. Aber trotzdem, ich fühle mich etwas wackelig. Immerhin habe ich das Gefühl, bei Dr. Al-Sayed ein gewisses Vorschuss-Vertrauen zu genießen. Nichts wäre mir unangenehmer, als sie zu enttäuschen.
Dr. Al-Sayed zeigt mit keiner Regung, dass wir beide uns schon kennen. Das ist immerhin beruhigend. Ihre Art, mit den Patienten umzugehen, gefällt mir auf Anhieb. Sie ist sachlich, vermittelt aber trotzdem Anteilnahme, ohne viele Worte zu machen. Zu unseren Vorstellungen sagt sie nichts. Als Jenny jedoch fragt, ob sie bei Frau Uhles Hysterektomie
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