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Miss Emergency Bd. 3 - Liebe auf Rezept

Miss Emergency Bd. 3 - Liebe auf Rezept

Titel: Miss Emergency Bd. 3 - Liebe auf Rezept Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Rothe-Liermann
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Hmpf. Dass wir uns einfach richtig gut verstehen, kann ich ihr nicht begreiflich machen.
    »Wie war es denn bei euch?«, lenke ich ab.
    »Oh Mann!«, seufzt Jenny. »Weißt du, was heute passiert ist? Ich habe mir fast ein Tattoo stechen lassen!« Na und? Ehrlich gesagt habe ich schon ein wenig damit gerechnet. Also frage ich unschuldig, was daran schlimm ist.
    »Ich mag nichts Endgültiges, Lena!«, entgegnet Jenny entschieden. (Ein Glück, sonst wäre sie vielleicht längst von Kopf bis Fuß mit schrillen Rockabilly-Motiven tätowiert.) Sie sieht mich mit großen Augen an. Was ist das? Unsicherheit? Bei meiner coolen, immer zielsicheren Freundin?
    »Aber heute dachte ich plötzlich, warum nicht …«, fährt sie fort. »Da war dieser Künstler aus Shanghai, wir haben uns unterhalten, mittendrin fängt er an zu malen und dann sagt Felix, das würde mir super stehen …«
    Ich sehe sie prüfend an. »Wo ist es?«
    »Hier.« Sie nestelt an ihrem Jeanshintern. Ich befürchte für eine Schrecksekunde eine fiese Steißbeinverzierung, dann ziehtsie jedoch nur eine zusammengefaltete Zeichnung aus der hinteren Tasche. Ein winziges Bild zeigt eine Alice-im-Wunderland-Grinsekatze, deren Gesicht Jennys ein bisschen ähnelt. Es ist filigran und kunstvoll, kurios und lustig zugleich. Wie für Jenny gemacht. (Kein Wunder, es IST für Jenny gemacht!) Ich mag Tattoos eigentlich auch nur an anderen, aber das da … »Das ist doch total schön«, sage ich. »Echte Kunst!«
    »Darum geht’s doch nicht!«, faucht Jenny unglücklich. »Ich komme mir vor wie ein vollkommen anderer Mensch! Ich lass mir von meinem Freund ein Tattoo schenken? Warum nicht gleich eine Fußfessel?!«
    Ich muss ein bisschen grinsen über ihre Dramatik. »Na hör mal, so einer ist Felix doch nun wirklich nicht!«
    »Ich sag dir, warum!« Jenny hat gar nicht zugehört. »Weil Fußfesseln wieder abgehen!«
    »Jetzt übertreibst du aber! Was ist eigentlich dein Problem?«, frage ich. Sie wirkt, als ob sie gleich ausflippt.
    »Dass ich gerade das Gefühl habe, ich würde für Felix einfach alles tun!« Jennys Stimme kippt. »Ich fahr mit ihm zu einer Convention, die mich überhaupt nicht interessiert – und finde es toll da! Ich überlege, ob ich mir für die Ewigkeit ein Bildchen in die Haut stechen lasse! Das mich für immer immer immer an Felix erinnern wird. Ich sag’s dir: Er manipuliert mich!«
    Sie wirkt empört, fassungslos. Ich finde sie einfach süß in diesem Moment.
    »Mann, Jenny«, sage ich ruhig. »Das ist Liebe!«
    »Meinst du?«, fragt sie hilflos. »Du findest das okay?« Sie sieht mich zweifelnd an. »Denkst du nicht, dass ich ein ganz anderer Mensch geworden bin?«
    Ja, ein bisschen stimmt es. So kenne ich Jenny nicht. Aber ich finde es nicht gerade tragisch. Im Gegenteil. Ich bekräftige, dass ich diesen nur ein ganz kleines bisschen anderen Menschen sehr gern habe – und er, solange er nur glücklich ist, ruhig noch ein bisschen so bleiben kann. Tätowieren lassen muss sie sich ja trotzdem nicht gleich.

    Den Sonntag verbringen wir gemütlich zu Hause. Isa und Tom steht nach dem gestrigen Exklusiv-Pärchenabend heute der Sinn nach Gesellschaft; wir gehen vom Spätfrühstück direkt zum Kaffee-und-Kuchen-Klatsch über und verbummeln den Nachmittag in unserer Küche. Tom zeigt uns Bilder von den Projekten, die er betreut. Er koordiniert freiwillige Dienste in der ganzen Welt, seine Organisation vermittelt Schüler, Studenten und sogar Rentner, die sich dann am Zielort in Hilfsprojekten engagieren. Isa hängt an seinen Lippen, aber auch wir anderen sind beeindruckt. Tom hat seine Berufung gefunden, so viel steht fest.
    Ich muss einfach fragen. »Vermittelt ihr auch Ärzte?«
    Er lächelt mich an. »Willst du ein Auslandspraktikum machen?« Alle wissen, warum ich frage. Sicher, so ein Praktikum wäre eine gute Sache, vielleicht denke ich wirklich mal darüber nach. Aber gerade geht es gar nicht so sehr um mich.
    »Wir schicken zwar auch Leute in medizinische Einrichtungen, aber fertige Ärzte vermitteln wir nicht«, erklärt Tom, »nur Medizinstudenten, Auszubildende oder Praktikanten.« Trotzdem weiß er natürlich, wie es in den Krankenhäusern zugeht, an die die Freiwilligen vermittelt werden. Die Ausstattung der Kliniken ist oft sehr schlicht und entspricht nicht den europäischen Standards. Auch die Behandlungen unterscheiden sich oft sehr. Nicht allen fällt es leicht, zu den einheimischen Ärzten ein gutes Verhältnis aufzubauen.

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