Miss Lily verliert ihr Herz
Behörden nach ihm, weil er Unrecht getan hatte; andererseits wollte Batiste Rache an Matthew nehmen, weil er geflohen war, um nicht länger an diesem Unrecht beteiligt zu sein.
„Ich bin sicher“, meinte Jack, als habe er ihre Gedanken gelesen, „die Amerikaner werden alle Anklagepunkte gegen ihn fallen lassen, wenn sie seine Geschichte erst kennen.“
In diesem Moment wurde die Tür geöffnet, und Matthew kam in Begleitung einer hochschwangeren Afrikanerin zurück.
„Lily, Mr. Alden“, sagte er, „dies ist Anele, meine Gattin.“
15. KAPITEL
Einen Moment lang blieb es still im Raum.
Es war Lily, die sich zuerst von ihrer Überraschung erholte. „Willkommen, Anele“, sagte sie und schenkte der jungen Frau ein Lächeln, das diese schüchtern erwiderte.
„Anele wurde gemeinsam mit ihrer Schwester von Sklavenhändlern in Afrika gefangen genommen und an Batiste verkauft“, berichtete Matthew. „Die Grausamkeiten der Überfahrt auf seinem Schiff möchte ich nicht schildern. Jedenfalls erreichten die beiden jungen Frauen Amerika lebend – was vielen anderen nicht beschieden war. Batiste beschloss, sie nicht sogleich weiterzuverkaufen, sondern sich zunächst selbst mit ihnen …“, er zögerte, „… zu beschäftigen.“
Lily konnte einen Schauer des Entsetzens nicht unterdrücken.
„Ich fand Anele eines Tages in einem Gang der ‚Lady Vengeance‘ schluchzend auf dem Boden liegend. Mit Eisenketten war sie an ihre Schwester gefesselt. Ihre tote Schwester.“
Lautlos begann Lily zu weinen.
„Innerhalb von Sekunden traf ich eine Entscheidung. Mit Hilfe meiner Schreinerwerkzeuge befreite ich Anele, die völlig abgemagert, geschwächt und verzweifelt war, von den Ketten. Da sie sich nicht auf den Beinen halten konnte, trug ich sie zunächst an meinen Arbeitsplatz, wo sie sich hinter einem Stapel Bretter versteckte. In der folgenden Nacht floh ich mit ihr von Bord.“ Liebevoll legte er eine Hand auf den Arm seiner Gattin.
„Ich bin so glücklich, dass du sie gerettet hast“, brachte Lily schluchzend hervor.
„Ich verdingte mich als Zimmermann auf einem Schiff, das nach Frankreich segelte. In einem Land, in dem man keine Sklaven hält, würden wir unser Glück finden, dachte ich. Und tatsächlich lebten wir eine Zeit lang ruhig in Le Havre. Doch dann sah ich zufällig einen von Batistes Männern. Ich bekam Angst und beschloss, bei dir Zuflucht zu suchen, Lilikins.“
„Das war richtig“, bestätigte seine Cousine. „Ihr müsst hier bleiben. Hier seid ihr in Sicherheit.“
„Ich fürchte, das ist ein Irrtum“, widersprach Jack. „Batiste stellt seinen Feinden unerbittlich nach. Besser wäre es, wenn Mr. Beecham sich an der Suche nach dem Sklavenhändler beteiligen würde. Dieser Teufel in Menschengestalt muss unschädlich gemacht werden!“
„Aber wie könnte ich dazu beitragen?“, fragte Matthew.
„Indem Sie den zuständigen Behörden alles über Batiste berichten, was Sie wissen. Jede Kleinigkeit kann hilfreich sein. Ich selbst werde an Ihrer Seite bleiben und dafür sorgen, dass man Sie in Frieden gehen lässt.“
Matthew runzelte die Stirn. Sein Blick ruhte auf seiner schwangeren Frau. Schließlich schaute er zu Jack hin. „Ich glaube, Sie haben recht. Nur wenn Batiste gefasst und verurteilt wird, können wir auf ein Leben ohne Angst hoffen.“
Es gab manches vorzubereiten, doch trotz ihrer Erschöpfung hatte Lily, unterstützt von Jack, Matthew und der Haushälterin, recht schnell alles geregelt.
Am nächsten Morgen wollten die beiden Männer sich mit der Kutsche der Beechams auf den Weg nach London machen. Mrs. Tilbury kam mit einem großen Korb voller Lebensmittel aus dem Haus und reichte ihn Jack, der zusammen mit Lily draußen wartete. Matthew war noch im Salon, um sich von seiner Gattin zu verabschieden.
Auch Jack fiel es schwer, sich von Lily zu trennen. Er schloss sie in die Arme und flüsterte: „Ich verspreche dir, so bald wie möglich zurückzukommen.“
Sie lehnte den Kopf an seine Schulter und schwieg.
„Du glaubst mir doch?“, drängte er.
„An deinen guten Absichten zweifele ich nicht. Wohl aber daran, dass Batiste bald gefasst wird. Selbst wenn er gefangen genommen wird, kommst du vielleicht nicht gleich zu mir. Ich kann mir gut vorstellen, dass du dann eine andere Mission findest, die deine ganze Aufmerksamkeit und Kraft erfordert.“
Er zog sie fest an sich und murmelte: „Diese Schelte habe ich wohl verdient …“
„Du weißt, wie sehr ich mir
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