Miss Lonelyhearts
Lonelyhearts eines Blickes zu würdigen, nahm der Krüppel seinen Hut und ging.
Als er gegangen war, lächelte Mrs Doyle. «Du warst zum Schreien komisch mit dem offenen Hosenschlitz», sagte sie. «Ich dachte, ich lach mich tot.»
Er gab keine Antwort.
«Meine Güte, was ist er eifersüchtig», fuhr sie fort. «Ich brauche nur auf einen großen Kerl zu zeigen und zu sagen, von dem würde ich mich gerne mal ordentlich hernehmen lassen, das macht ihn wahnsinnig.»
Ihre Stimme war tief und belegt, und es war offensichtlich, dass sie ihn erregen wollte. Als sie zum Radio ging, um eine Jazzband einzustellen, schwenkte sie das Gesäß vor ihm wie eine Fahne.
Er sagte, er sei zu müde zum Tanzen.
Nachdem sie ein paar obszöne Tanzschritte vor ihm gemacht hatte, setzte sie sich auf seinen Schoß. Er suchte sie abzuwehren, aber sie drückte ihren offenen Mund immer weiter auf den seinen, und als er sich abwandte, drückte sie ihm einen Schmatz auf die Wange.
Er kam sich vor wie eine leere Flasche, die langsam mit warmem Spülwasser gefüllt wird.
Als sie den Ausschnitt ihres Kleides aufmachte und seinen Kopf zwischen ihre Brüste herabzuzwingen suchte, spreizte er die Knie mit einem Ruck, der sie zu Boden rutschen ließ. Sie versuchte, ihn auf sich draufzuziehen. Er schlug blindlings auf sie ein und traf sie im Gesicht. Sie kreischte, und er schlug immer wieder zu. Er schlug weiter, bis sie davon abließ, ihn festzuhalten, dann lief er aus dem Haus.
MISS LONELYHEARTS GEHT AUF EINE PARTY
Miss Lonelyhearts hatte sich wieder ins Bett gelegt. Diesmal beförderte ihn sein Bett mit Sicherheit irgendwohin, und das mit hoher Geschwindigkeit. Er musste sich nur in aller Ruhe befördern lassen. Drei Tage war er bereits unterwegs.
Ehe er an Bord gegangen war, hatte er sich auf die Reise vorbereitet, indem er die Telefonklingel festgeklemmt und mehrere Riesendosen Cracker gekauft hatte. Jetzt lag er auf dem Bett, aß Cracker, trank Wasser und rauchte Zigaretten.
Er bemerkte, wie ruhig er war. So vollkommen war seine Ruhe, dass er sie nicht einmal dadurch zunichtemachen konnte, dass er sich ihrer bewusst war. In drei Tagen war er sehr weit gekommen. Es wurde dunkel im Zimmer.
Er stand auf, putzte sich die Zähne, urinierte, machte dann das Licht aus und legte sich zum Schlafen hin. Er schlief ein, ohne auch nur einen Seufzer zu tun, und schlief den Schlaf der Weisen und Gerechten. Ohne zu träumen, nahm er Glühwürmchen und das Schwappen der Ozeane wahr.
Später fuhr ein Zug in einen Bahnhof ein, wo er eine liegende Statue war, die eine stehengebliebene Uhr hielt, rumpelte eine Kutsche in den Hof eines Gasthauses, wo er, die Mütze in der Hand, über eine Gitarre gekrümmt dasaß und sich den Regen über den Buckel laufen ließ.
Er erwachte. Die Geräusche beider Ankünfte hatten sich vereint und bildeten zusammen ein Klopfen an seiner Tür. Er stieg aus dem Bett. Obwohl er splitternackt war, ging er zur Tür, ohne sich etwas anzuziehen. Fünf Leute kamen hereingestürzt, zwei davon Frauen. Die Frauen kreischten, als sie ihn sahen, und flohen zurück auf den Gang.
Die drei Männer wichen nicht. Unter ihnen erkannte Miss Lonelyhearts Shrike und sah, dass er, wie die anderen auch, sehr betrunken war. Shrike sagte, eine der Frauen sei sein Eheweib und er wolle sich mit Miss Lonelyhearts schlagen, weil dieser sie beleidigt habe.
Miss Lonelyhearts stand reglos in der Mitte des Zimmers. Shrike stürzte auf ihn los, wich jedoch zurück, so wie eine Welle zurückweicht, die sich auf einen von Erfahrung glatt geschliffenen Felsen stürzt. Eine zweite Welle folgte nicht.
Stattdessen wurde Shrike fröhlich. Er klopfte Miss Lonelyhearts auf den Rücken. «Zieh dir eine Hose an, Freundchen», sagte er, «wir gehen auf eine Party.»
Miss Lonelyhearts nahm eine Dose mit Crackern.
«Nun mach schon, Söhnchen», drängte Shrike. «Wer einsam vor sich hin trinkt, wird zum Alkoholiker.»
Miss Lonelyhearts musterte jeden Cracker sorgfältig, ehe er ihn sich rasch in den Mund schob.
«Sei kein Spielverderber», sagte Shrike ziemlich gereizt.
Er war eine Möwe, die an der glatten Flanke eines Felsens ein Ei zu legen versuchte, eine kreischende, unbeholfene Möwe.
«Wir wollen etwas spielen und brauchen dich dafür – ‹Jeder seine eigene Miss Lonelyhearts›. Das Spiel ist meine Erfindung, und ohne dich geht es nicht.»
Shrike zog einen dicken Stoß Briefe aus der Tasche und schwenkte sie vor Miss Lonelyhearts hin und her. Der
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