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Miss Mary und das geheime Dokument

Titel: Miss Mary und das geheime Dokument Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Melikan Stephanie Kramer
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Wagen seine traurige Ladung langsam nach Ipswich fuhr, wurde Mary gewahr, dass sie nur einen Teil ihrer Aufmerksamkeit Mr. Traceys Zustand schenkte, denn gleichzeitig überlegte sie hin und her, was das Gesagte wohl zu bedeuten hatte. Wenn sie Tracey doch nur noch ein paar weitere Fragen stellen könnte! Ein verteufelt großes Risiko, sagten Sie - aber was für eine Art von Risiko? Entdeckt zu werden, ja sicher, aber was sollte entdeckt werden? Ein Mord? Oder ein Raub? Oder ein Mann … Jemand, auf den Sie gewartet haben, und der Ihnen … helfen oder Ihnen einen Strich durch die Rechnung machen wollte? Jemand, der … etwas über eine sehr große Gefahr weiß. Sie muss groß sein, weil es Sie geängstigt oder Sie völlig aus der Fassung gebracht hat. Und es gibt noch andere - Sie sagten, sie würden versuchen, mir Einhalt zu gebieten, wenn sie es herausfänden - wenn sie was herausfänden?Wer sind diese anderen, und was könnte ich wohl tun, das jemand zu verhindern sucht?
    Sie warf einen Blick auf Tracey, aber sein bleiches, ausdrucksloses Antlitz verriet ihr nichts. Nur am schwachen Puls unter ihren Fingern konnte sie ausmachen, dass er noch lebte. Dann ruckte der Wagen unangenehm, weil eines der Räder in eine Furche geriet, und sein Arm rutschte in ihre Richtung, als versuchte er, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Was könnte ich wohl tun , fragte sie sich, oder entdecken, das andere aus der Fassung bringen könnte? Die Antwort - oder ein Teil davon - lag auf der Hand; sie hatte seine Warnung gehört, und er lag hier neben ihr. Trotzdem konnte sie das alles kaum glauben.
    Die Abenddämmerung hatte den trüben Nachmittag nun abgelöst, und Mary überfiel eine große Müdigkeit. Knirsch, knirsch, knirsch, knirsch. Das Wagenrad scheuerte an der Stelle, an der Ned Garrow es repariert hatte. Dieser monotone Rhythmus ließ sie in eine Art stummen Singsang verfallen. Er sagte, es sei gefährlich - was für eine Gefahr war das? Etwas stimmt nicht - die Uhr ist ein Beweis dafür. Irgendwelche Probleme, Probleme für meinen Onkel? Wie kann ich die für ihn lösen? Sie wiederholte diese Worte lautlos, ein um das andere Mal, und war sich ihrer Bedeutung gar nicht mehr bewusst. Mit jeder Wiederholung fühlte sie sich etwas wohler. Etwas stimmt nicht - die Uhr ist ein Beweis dafür .
    Plötzlich schreckte sie aus dem Schlaf hoch. Lichter, Stimmen und eine Menschenmenge. Dann hörte sie Neds Stimme und erinnerte sich an Mr. Tracey und den Unfall. Ein paar Männer hievten ihn aus dem Wagen und legten ihn auf eine Trage. Jemand half Mary auf. Sie stieg aus. Noch immer fühlte sie sich völlig benommen.
    »Hier ist sie, Mrs. Bamford, hier ist die junge Lady«, sagte jemand, und dann nahm eine breite, sich behaglich anfühlende Frau Mary in den Arm und nannte sie »eine wahre Heldin«. Sich wieder ihrer Pflichten bewusst, rief Mary nun aus: »Mr. Tracey …«, aber die Frau entgegnete: »Überlassen Sie das mal den Medizinern, meine Liebe. Die kümmern sich um ihn. Der Ärmste.« Und sie führte Mary nach drinnen.
    »Das ist eine betrübliche Begrüßung hier im White Horse für Sie«, fuhr sie fort, während sie Mary in ein überfülltes Fremdenzimmer geleitete, »aber wir sind ja so froh, Sie zu sehen.« Die anderen Gäste machten ihnen Platz. »Setzen Sie sich hier ans Feuer - überlassen Sie der jungen Lady doch bitte den Stuhl, Madam -, und ich bringe Ihnen etwas Warmes.«
    »White Horse?«, fragte Mary und dachte dabei verwirrt an Mr. Traceys Stute.
    »Stimmt genau, Miss«, erwiderte die Frau. »Das hier ist das Great White Horse, und ich bin Mrs. Bamford. Setzen Sie sich, ruhen Sie sich aus, und machen Sie sich keine Gedanken. Ihre Equipage ist oben, und wenn Sie zu Abend gegessen haben, bringe ich Sie auf Ihr Zimmer.«
    Mary ließ sich auf den Stuhl sinken. Ihre Equipage - die hatte sie ganz vergessen gehabt, und dabei hatte sie sich am Morgen noch solche Sorgen gemacht, sie könne wohlmöglich abhanden gekommen sein! Die morgendlichen Probleme erschienen ihr nun sehr weit weg und unwichtig. War Sie bei Tagesanbruch tatsächlich noch in ihrer Kammer bei Mrs. Bunbury gewesen? Sie lächelte ungläubig vor sich hin, und Mrs. Bamford ermahnte sie, sie solle sich nicht von der Stelle rühren.
    »Sie sind so erschöpft, das wundert mich nicht, bei dem, was Sie alles mitgemacht haben.«
    Die Wirtin eilte hin und her. Zuerst brachte Sie ihr ein Glas heiße Milch, dann eine Schale mit dampfender, wohlriechender Suppe.

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