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Miss Mary und das geheime Dokument

Titel: Miss Mary und das geheime Dokument
Autoren: Rose Melikan Stephanie Kramer
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Seine Stimme klang weich und hilfsbereit wie immer, aber jetzt gellte es in Marys Ohren. Nein , sagte sie zu sich, Sie würden nichts dem Zufall überlassen . Sie blickte Hudson an, der schien aber nichts Unangebrachtes gehört zu haben. Das würde er auch weiterhin nicht, wenn ihm keiner half, und es schien keinerlei Hilfe zur Hand zu sein, außer ihr selbst.Wenn sie doch nur sicher sein konnte …
    »Glauben Sie, das sichere Haus, von dem Sie sprachen, befindet sich in der Orchard Street? Sollten Sie dort vielleicht nach Captain Holland suchen?« Sie richtete ihre Fragen an Hudson, beobachtete aber die Wirkung ihrer Worte auf Déprez. Der zuckte zusammen. Es war nicht mehr als eine winzige Bewegung, doch sie hatte es bemerkt, und das bestärkte sie. Hudsons Bemerkung oder Déprez’ zurückhaltende Bestätigung nahm sie kaum wahr, denn jetzt war genau der richtige Moment, um selbst das Wort zu ergreifen.
    »Aber bevor eine Entscheidung getroffen wird«, fuhr sie fort und zog einen gefalteten Bogen aus einer Tasche ihres Kleids, »sollten Sie sich diese Papiere hier ansehen.« Weder zitterte ihr dabei die Hand, noch bebte ihre Stimme. Vielmehr schienen alle ihre Sinne sich auf diese eine Tätigkeit zu konzentrieren, und ihre Stimme klang äußerst sachlich. »In diesem steht: ›Erwarte innerhalb der naechsten zwei Wochen Instruktionen bezueglich der St.-Lucia-Sache‹. Oder das hier: ›Die Maenner aus St. Lucia treffen bald ein. Alle Taetigkeiten einstellen, bis es weitere Instruktionen von ihnen gibt‹.«
    Sie blickte auf und sah Déprez an. » Sie kommen doch aus St. Lucia. Was, glauben Sie, ist mit den Papieren gemeint?«
    »Sie kleine …« Er machte einen Schritt auf sie zu, doch sie wich schnell zurück, wobei ihr Stuhl umfiel. Gleich darauf hatte sie sich wieder im Griff und spürte, wie die Gefühle sie übermannten; sie wusste, dass der Kampf noch nicht entschieden war. »Bleiben Sie, wo Sie sind«, warnte sie ihn und griff nach einem Buch, als ob sie es nach ihm werfen wollte. Daraufhin hielt Déprez inne. Hudson riss seine Schreibtischschublade auf und zog eine Pistole hervor. »Keine Bewegung, Sir«, blaffte er ihn an. »Bitte beruhigen Sie sich beide. Worüber in Gottes Namen reden Sie eigentlich, Miss Finch? Und woher haben Sie diese Papiere?«
    »Von Mr. Sehler. Sie befanden sich in dem Bündel, das Sie erhalten haben.Während Sie weg waren, habe ich alle Botschaften übersetzt, aber diese hatte ich zur Seite gelegt, weil sie beweisen, dass Mr. Sehler von den Männern aus St. Lucia wusste! Er hat in ihrem Auftrag gearbeitet - das heißt von Mr. Déprez. Die beiden haben von Anfang an zusammengearbeitet!«
    »Miss Finch!«, rief nun Déprez aus. Nur mit großer Mühe gelang es ihm, lediglich seine Verärgerung durchscheinen zu lassen, als habe man ein übles, wenn auch ungefährliches Spiel mit ihm getrieben. Gleichzeitig wirbelte ihm eine Vielzahl neuer Überlegungen durch den Kopf, und dazwischen blitzten immer wieder die Worte auf: Zum Henker mit ihr, zum Henker mit ihr!
    »Sehler und Déprez steckten unter einer Decke?«, brummte Hudson. »Das ist unmöglich.«
    »Nein, das ist es ganz und gar nicht«, beharrte Mary und wich noch weiter vor Déprez zurück. Sie konnte jetzt wieder frei atmen und nahm diese neue Herausforderung an. »Sagen Sie, Mr. Hudson, wer von Ihnen schlug denn vor, zur Bow Street zurückzukehren und sich Sehlers Papiere anzusehen? War es nicht Mr. Déprez? Dessen bin ich mir gewiss.«
    »Er meinte, wir könnten da vielleicht einen Hinweis finden...«
    »Er befürchtete , es könne darin Hinweise geben«, korrigierte Mary ihn, »und er hatte recht. Es gibt sogar zwei: Orchard Street und St. Lucia. Aber wenn er sie vor mir gefunden hätte, hätte er sie Ihnen nicht gezeigt.«
    Hudson machte ein verdrießliches Gesicht, wandte sich aber an Déprez. »Nun, Sir? Sehler hat im Auftrag der Männer aus St. Lucia gearbeitet, stimmt das?Würden Sie sich dazu bitte äußern?«
    »Ich bin wohl kaum verantwortlich dafür, was in einem … anonymen Dokument steht«, entgegnete Déprez. Er sprach zwar zu Hudson, mit den Augen fixierte er jedoch weiterhin Mary. Sein Blick war eindringlich und scharf. Er taxierte sie als Gegnerin. Wenn es ihm gelänge, sie jetzt zu einem Rückzieher zu bewegen, könnte sich noch alles zum Guten wenden. »So, Sie glauben also, dass wir beide , Captain Holland und ich, schuldig sind.«
    »Ja«, sagte sie und nickte dabei energisch, aber für Konflikte dieser
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