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Miss Mary und das geheime Dokument

Titel: Miss Mary und das geheime Dokument Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Melikan Stephanie Kramer
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ungewöhnlichen Exemplar der weiblichen Spezies zu tun hätte.
    Marys Herz machte einen Sprung, als sie von dem Vorschlag hörte, aber sie bemühte sich, ganz ruhig zu antworten. »Nein, das dürfen wir nicht«, stimmte sie ihm zu, »und eine lange Fahrt wäre vermutlich nicht zuträglich für ihn.«
    Allerdings war sie nicht sonderlich geschickt darin, ihre wahren Gefühle zu verbergen, sodass Sir William sich schließlich doch bestätigt fühlte. »Ja, so ist es«, sagte er und gluckste verstohlen. »Selbst wenn es ihm gut geht, hasst er es, in der Kutsche zu fahren, der Arme. Das war schon als kleiner Junge so, müssen Sie wissen.«
     
    Als er Mary anderntags im Hotel abholte, war Sir William immer noch guter Dinge. Er verglich sich mit einer der hilfsbereiten Figuren aus Romanen, die sich einsetzen, um den Weg für das junge Paar zu ebnen. Unglücklicherweise fielen ihm nur die Amme und der Mönch aus Romeo und Julia ein. Das war für einen hohen Bediensteten des Schatzamts im Ruhestand, den man sogar in den Ritterstand erhoben hatte, eher wenig schmeichelhaft, zudem konnte man dieses Theaterstück wohl nicht als beste Vorlage bezeichnen. Trotzdem erschien ihm das Prinzip lobenswert, und damit tröstete er sich schließlich.
    Als sie im Warren ankamen, wiederholte er seine Warnung, ihr Besuch werde nur von kurzer Dauer sein können, weil Mary aber derart aufgewühlt war, hörte sie gar nicht richtig zu und nickte einfach nur mechanisch. Am Portal empfing sie ein erschöpft wirkender grauhaariger Soldat namens Drake. Soweit Mary das verstand, war er eine Art Diener oder Bursche von Captain Holland. Drake schien Sir William zu kennen und begrüßte ihn nur beiläufig, war aber mächtig verblüfft, als er Mary aus der Kutsche steigen sah.
    »Ich nehme an, von Regimentsseite gibt es keine Einwände, wenn … ähm, junge Damen in diesem Haus Offiziere besuchen?«, wollte Sir William mit höchst wichtigtuerischer Stimme wissen.
    »Ähm, nein, Sir«, meinte Drake und stierte Mary weiter an, »ist nur so, dass wir, will sagen, Captain Holland hat von einer Lady nix gesagt.«
    »Aha. Vielleicht habe ich mich da nicht so deutlich ausgedrückt«, gab Sir William jetzt zu.
    »Meinen Sie... Vielleicht sollte ich besser hier warten«, sagte Mary, wobei sie sich zunächst an Sir William wandte und dann an Drake.
    Beide Männer wollten davon jedoch nichts wissen. »Aber nein«, sagte Sir William, und Drake versicherte ihr: »Der Captain wird Sie sehen wollen, Miss, ganz bestimmt.War nur ganz überrascht, sonst nichts. Haben mich auf dem falschen Fuß erwischt. Kommen Sie nur gleich mit.«
    Drake führte sie über den Hof zu dem Gebäude, in dem einige der Offiziere ihre Quartiere hatten. Captain Hollands Räume lagen ganz oben, und Drake drängte sie, gleich in das Empfangszimmer vorzugehen, damit sie es sich bequem machen konnten. Derweil wollte er mit dem Captain sprechen.
    »Ist er in der Lage, Besuch zu empfangen?«, fragte Sir William.
    »Aber ja, Sir, er freut sich schon. Ist nur so … Nun setzen Sie sich mal hin, Miss, und ich werde … schauen, ob er wach ist.«
    Das »Empfangszimmer«, wie Drake den Raum bezeichnet hatte, war klein und düster: kahle Wände, und das Inventar bestand aus zwei abgenutzten Ledersofas, einem kleinen Bücherregal, das nur zur Hälfte mit schäbig aussehenden Bänden gefüllt war, einer Anrichte und einem eckigen Tisch nebst einem einzigen Stuhl. Im Kamin brannte ein Feuer, davon abgesehen strahlte der Raum eine fast schon als unbarmherzig zu bezeichnende Kargheit und Ordnung aus. Die Sofas standen exakt im rechten Winkel zum Kamin, Bücherregal an der einen Wand und Tisch und Stuhl an der gegenüberliegenden. Auf der Anrichte waren nicht zueinander passende Teller, Gläser und Besteck in Reih und Glied angeordnet. Mary gewahrte diese Details und war einen flüchtigen Moment erpicht darauf, sich in den Mann einzufühlen, der hier lebte.
    Bald schon lenkte sie jedoch ein Streit ab, den sie von nebenan hörte. Dort disputierten zwei Männer nicht gerade leise miteinander. Obgleich Mary nicht jedes Wort verstand, ging es ganz offensichtlich darum, mit wie wenig Kleidung man eine junge Dame empfangen konnte. Bei den Worten »extra Zudecke« und »wird gar nicht merken, dass Sie im Bett liegen« ging Mary zum Fenster am anderen Ende des Raums. Aber selbst aus dieser Entfernung konnte sie nicht umhin, die direkte Entgegnung zu verstehen: »Ich will keine extra Zudecke, verdammt noch mal, ich will

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