Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Miss Mary und das geheime Dokument

Titel: Miss Mary und das geheime Dokument Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Melikan Stephanie Kramer
Vom Netzwerk:
Kugel.«
    »Allmächtiger!«, rief Sir William aus und streckte behutsam die Hand aus, um das Stück Blei entgegenzunehmen. »Das ist aber nicht...«
    »Selbstverständlich nicht, aber sie wird den Unterschied nicht merken und sich darüber freuen.«
    »Das wird sie vermutlich«, pflichtete Sir William ihm unschlüssig bei, »und gerade das bereitet mir Sorgen.« Er wickelte die Kugel vorsichtig in sein Schnupftuch und steckte es in die Manteltasche. Dann saß er einen Moment still da und überlegte kurz, ob er Susannahs Verlobung erwähnen sollte, doch dann verkündete er plötzlich, er werde nach unten gehen. Er war noch nie zuvor im Waffenlager gewesen, das ihn sehr interessierte. Er wolle einen Spaziergang machen, um den Paradeplatz laufen oder wie auch immer man das nannte. Zweifelsohne gäbe es jede Menge zu sehen, und man war nie zu alt, um noch etwas Neues zu lernen.
    Holland bot ihm Drake als Führer an, aber Sir William meinte, dies sei nicht nötig. Er käme gut allein zurecht. »Und dann müssen wir uns auch wieder auf den Weg machen, meine Liebe«, fügte er an Mary gewandt hinzu.
    Mary merkte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss und nahm wahr, dass die Blicke beider Männer auf ihr ruhten. Daher nickte sie, ohne aufzusehen, in ihrem Kopf herrschte allerdings ein vollkommenes Durcheinander. Es war schrecklich nett von Sir William, sie beide allein zu lassen, aber auf diese Weise allein gelassen zu werden! Aus der Armlehne des Sofas quoll etwas Füllhaar heraus, und sie faltete ihre Hände entschlossen in ihrem Schoß, um nicht unentwegt daran zu zupfen. Was würde sie zu Captain Holland sagen? Was würde er zu ihr sagen?
    Sir William zog die Tür hinter sich zu. Erst einmal sagte keiner von beiden etwas. Dann meinte Holland mit belegter Stimme: »Es war nett von Ihnen, heute herzukommen.«
    »Oh, ich, ich wollte«, antwortete sie nervös, wobei ihre Hand wieder zum Füllhaar wanderte. »Wir hatten gehört - Sir William und ich -, dass es Ihnen bereits besser geht, aber wir wollten Sie natürlich beide sehen.«
    »Und jetzt haben Sie auch noch Woolwich gesehen oder zumindest etwas davon. Was sagen Sie dazu?«
    Sie biss sich auf die Unterlippe. Das hier war sein Ort, und sie suchte nach etwas Lobenswertem. »Es ist ein wenig … laut«, meinte sie, »aber das ist in London nicht anders, und hier - im Warren - ist der Lärm geordneter und vermutlich bedeutsamer.Von Ihrem Fenster aus hat man einen sehr guten Blick auf alles, was sich unten abspielt. Das muss … Das ist bestimmt hochinteressant.«
    Wenn auch nicht ihre Worte, so ließ ihn doch ihr Tonfall lächeln: »Sir William sagt, Sie kehren zurück nach Suffolk. Es wird doch hoffentlich keinen Ärger geben hinsichtlich der … Erbschaft und allem Drum und Dran, oder?«
    Das war wenigstens eine leichtere Frage, sodass Mary ihn ebenfalls anlächeln konnte. Man hatte offiziell entschieden, dass Mr. Finch weder in die Schmuggelei noch in die Spionage verwickelt gewesen war und man White Ladies erst nach seinem Tod für derartige Zwecke benutzt hatte. Daher war keine weitere Untersuchung in dieser Angelegenheit vorgesehen. Während sie sprach, spürte Mary, wie ihr Selbstvertrauen erstarkte. »Natürlich bin ich überzeugt, dass mein Onkel nie etwas damit zu tun hatte. Es war falsch, mir je etwas anderes einzubilden. Jetzt müssen wir nur noch Mrs. Tipton hinsichtlich meines Verhaltens besänftigen! Sie weiß, dass ich in Sicherheit bin und es mir gut geht, aber Sir William hat ihr ebenfalls geschrieben, und er wird mich begleiten, um alles zu erklären, oder zumindest das, was wir erklären dürfen . Die Regierungsbeamten waren diesbezüglich ja ziemlich streng.«
    »Hm-m«, meinte Holland. »Das war bei mir nicht anders, nicht dass ich da gewarnt werden musste. Ich werde keinem was davon sagen: von dem - zweiten - Schlag auf den Kopf, den Fesseln und dem Hin- und Hergereiche wie ein verdammtes Weihnachtspäckchen...«
    »Nein, das hört sich gewiss nicht sehr heldenhaft an«, pflichtete Mary ihm mit Unschuldsmiene bei.
    Er mochte es, wenn sie ihn neckte, deshalb warnte er sie lachend: »Nein, aber ich bin ja auch ein richtiger Feigling. Zunächst einmal hätte ich überhaupt keine Lust, von Mrs. Tipton in die Mangel genommen zu werden. Sie hat von Anfang an nicht viel von mir gehalten, und jetzt glaubt sie bestimmt, ich würde etwas im Schilde führen. Aber Sir William wird sie mögen.«
    »Ja, bestimmt. Und dann werde ich mich um White Ladies kümmern

Weitere Kostenlose Bücher