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Miss Mary und das geheime Dokument

Titel: Miss Mary und das geheime Dokument Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Melikan Stephanie Kramer
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in den Ställen und könnten damit die Verfolgung aufnehmen, aber …«
    »Oh, aber dann dürfen wir nicht anhalten«, rief Mary aus, obgleich sie Angst vor einer weiteren wilden Flucht zu Pferde hatte.
    »Nein, lassen Sie uns ein wenig warten. Es ist sinnlos, wegzugaloppieren, wenn niemand hinter einem her ist, besonders wenn man nicht weiß, wohin man eigentlich reitet.«
    »Haben wir uns etwa verirrt?«
    »Nein, nein, es kann jedoch sein, dass ich beim Verlassen der Straße die falsche Richtung genommen habe. Aber so kann Old Dobblin verschnaufen, und vielleicht schenkt uns der Mond später etwas mehr Licht.«
    Sie kamen an einem kleinen Wäldchen zum Stehen. Das Pferd schnaubte und warf den Kopf hin und her, um sich so noch einmal über diesen unerwarteten Parforceritt zu beschweren. »Oje«, keuchte Mary, als Holland seine Schulter senkte und sie abermals das Gefühl hatte hinunterzurutschen.
    Holland hob sie an und setzte sie wieder richtig hin. »In dem Kleid können Sie wohl nicht breitbeinig sitzen, nehme ich an?«, bemerkte er. »Aber Sie werden sich besser - wohler - fühlen, sobald Sie sich ein wenig drehen und nach vorn schauen.«
    »Ja, aber wie soll ich … Ich bin noch nie zuvor geritten«, versicherte sie ihm abermals.
    Holland hätte das, was sie da tat, nicht »Reiten« genannt, aber er sagte nur: »Nein? Sie machen das sehr gut. Sie müssen sich nur herumdrehen. So ist’s richtig«, fuhr er fort, als sie ganz langsam ein paar winzige Bewegungen machte und sich gegen seine Arme stemmte, »jetzt nehmen Sie Ihr Bein … Entschuldigung, prima. Und nun lehnen Sie sich zurück.« Er legte seine Hand auf ihre Schulter und zog sie fest an sich, um zu veranschaulichen, was er meinte.
    »Oh … Entschuldigung«, sagte Mary mit glühendem Gesicht. Jetzt, wo er die Zügel in beiden Händen hielt, konnte sie seine Arme zu beiden Seiten spüren. Erst kurz zuvor hatte sie ihn noch viel enger umklammert, aber da war sie zu verängstigt gewesen, um darüber nachzudenken, was sie da eigentlich tat. Nun aber schlug ihre Angst in ein heftiges Verlegenheitsgefühl um, denn sie befand sich fast auf seinem Schoß. Beinahe saßen sie wie in einer Umarmung, und seine Hand lag auf ihrem Knie … Ach, es war schrecklich, nun ja, nicht wirklich schrecklich, aber Gott sei Dank war es ja dunkel!
    »Besser so?«
    »Ja«, antwortete sie mit piepsiger Stimme. »Aber was ist, wenn wir wieder … schneller reiten müssen? Was soll ich dann …?«
    »Keine Angst, ich werde Sie schon nicht fallen lassen.«
    Sie saß kerzengerade vor ihm, und einen Augenblick später fragte er sie, ob ihr kalt sei. »Nein, nein«, log sie, und dann gab sie sich Mühe, sich wie gewohnt mit ihm zu unterhalten, indem sie ihn fragte, was passiert sei, als er zum Haus zurückgekehrt war.
    Holland erklärte ihr, sein Vorhaben sei ganz einfach gewesen - nichts, worüber man sich hätte sorgen müssen, wie er zuvor schon gesagt hatte. Auf seinem Weg zum Stall hatte er jedoch zufällig ein Gespräch mitgehört, das ihn überraschte. Zwei Männer, die auf der Treppe hinten am Haus rauchten, sprachen über die Landungsbedingungen und den Gezeitenstand. Offenbar warteten sie auf ein Schiff und fragten sich, ob es anlegen könne.
    »Ein Boot? Dann … sind es doch keine Räuber, sondern Schmuggler?«
    »Ja, das dachte ich mir auch«, antwortete Holland bedächtig. »Und es wäre dann auch nachvollziehbar, warum sie nicht wollen, dass wir sie bei ihrem Tun beobachten. Es ist nur so … ich glaube, sie sprachen davon, Fracht auf- und nicht auszuladen.«
    »Wäre das sehr ungewöhnlich?«
    »Ich glaube schon, aber vielleicht auch nicht. Wenigstens haben sie sich um uns keine Gedanken gemacht.«
    »Aber jetzt, wo sie wissen, dass wir geflohen sind, werden sie uns da weiterverfolgen?«
    Er zuckte mit den Achseln. »Möglich, aber ich glaube nicht, dass wir ihnen das wert sind.«
    Kurze Zeit schwiegen sie. Dann, wie zum Trost, riss der Himmel auf, und der blasse Mond schien auf sie herab.
    »Ach«, sagte Holland, während er zum Himmel blickte, »das sieht schon besser aus. Jetzt lassen Sie uns schauen, ob wir Lindham Hall finden können.«

7
    Eine Weile ritten sie schweigend dahin. Fast unwillkürlich begann Mary, sich zu entspannen. Eigentlich war es ganz angenehm, sich an Captain Holland anlehnen zu können, und je länger sie unterwegs waren, desto unwahrscheinlicher schien es, dass man sie noch verfolgte. Angst, vom Pferd zu fallen, hatte sie keine mehr, denn was

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