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Miss Mary und das geheime Dokument

Titel: Miss Mary und das geheime Dokument Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Melikan Stephanie Kramer
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begleiten. Ach Peggy, wir haben noch Nachthemden von Mr. und Mrs. Arthur im Wäscheschrank. Leg sie doch für Miss Finch und Captain Holland heraus. Und Mr. Cuff, Sie werden tun, was Peggy Ihnen sagt. Keine Widerworte, oder dass Sie mir nachher sagen, Sie hätten sie nicht verstanden.«
    »Ja, Ma’am«, sagte Peggy und blickte triumphierend zu Cuff hinüber.
    »Nein, Missis«, stimmte der bedrückt zu.
    Nachdem sie ihre Befehle erteilt hatte, kündigte Mrs.Tipton an, für eine alte Frau wie sie sei es jetzt spät, und sie ziehe sich zurück. Von Dank für ihre Gastfreundschaft wollte sie nichts hören und meinte, sie freue sich auf die Ereignisse des morgigen Tages. Das sei besser als jedes Theaterstück. Dann gab sie noch einmal die Anweisung, Prince und Hero sollten unten bleiben, um Schmuggler davon abzuhalten, hier ihre Spielchen zu treiben, und ging nach oben.
    Sobald sie das Zimmer verlassen hatte, entspannten sich alle. Mary und Holland lächelten einander an. Einige der Hunde lugten neugierig durch die Tür und tappten herein.
    »Was für ein Theater«, sagte Cuff. »Wer hätte das gedacht, was, Peggy?«
    »Nie im Leben, Mr. Cuff«, stimmte Peggy ihm zu.
    Peggy hatte sehr genaue Vorstellungen davon, was zu einem ausreichenden Mahl für einen Gentleman gehörte, besonders für einen, der verwundet worden war und andere Unannehmlichkeiten hinter sich hatte. Da ihre Herrin nicht zugegen war, konnte sie nun frei schalten und walten. So bestand das Abendbrot aus Würsten mit Zwiebeln, einem Käseomelette, Brot und Butter sowie einer üppigen Portion Apfelkuchen. Die ungewöhnlichen Umstände des Mahls und die Tatsache, dass sie es in der Küche und nicht im Speisezimmer servierte, ermunterten Peggy und Cuff, sich dazuzugesellen, oder zumindest ungezwungener hin- und herzugehen, als sie es sonst getan hätten. Beide sprachen freimütig mit Captain Holland, Mary gegenüber waren sie schüchterner. Cuff fand, Mary sei viel jünger und hübscher als all die Frauen, mit denen er normalerweise Umgang hatte, Peggy hingegen fragte sich anfangs, ob die junge Dame so ehrbar war, wie es sich geziemte, zumal sie spätabends mit einem Gentleman unterwegs war, welchen Grund auch immer es dafür geben mochte.
    Mary war sich weder bewundernder noch kritischer Blicke bewusst. Vielmehr verspürte sie überaus großen Hunger und begann deshalb, mit Appetit zu essen. Mit jedem Bissen fühlte sie sich jedoch schläfriger und fragte sich, ob es möglich war, sich in den Schlaf zu essen. Verstärkt wurde ihre wohlige Müdigkeit noch durch die gemütliche häusliche Atmosphäre. Aus dem Ofen, in dem man für die Nacht ausreichend Brennholz aufgeschichtet hatte, strömte wohlige Wärme. Und die Gläser mit Eingemachtem und Gewürzen, alle mit beruhigenden Aufschriften wie »süße Erdbeermarmelade« und »bester Landhonig« säuberlich beschriftet, gaben ihr das Gefühl, nun könne nichts Schreckliches mehr passieren. Endlich gelang es ihr, sich zu entspannen. Zwar nahm sie wahr, dass um sie herum gesprochen wurde, aber sie verspürte keinerlei Neigung, sich an der Konversation zu beteiligen.
    Schließlich konnte sie aufstehen und nach oben in die für sie hergerichtete Kammer gehen. Zwar war sie nicht geräumig und sehr altmodisch eingerichtet, doch die Möbel erschienen ihr eleganter als alles, was sie jemals zu Gesicht bekommen hatte. Für gewöhnlich hätte Mary jedes einzelne Detail genau in Augenschein genommen. Jetzt aber wusste sie weder die samtenen Bettvorhänge noch die holländischen Kacheln um den Kamin herum oder das große Nussbaumkabinett zu würdigen, das an den Türen mit Intarsien ausgestattet war, auf denen man bei genauerem Hinsehen bärtige Gesichter erkennen konnte. Stattdessen setzte sie sich ermattet ans Fußende des Betts und sah in den Spiegel auf dem Toilettentisch. Währenddessen huschte Peggy durch den Raum, schüttelte die Kissen auf und legte im Kamin noch Holz nach. Ihr eigenes Gesicht erschien Mary mit einem Mal fremd, es sah nicht nur abgespannt aus, sondern völlig verändert. Seit ihrer Abreise aus St. Ives war so viel geschehen. Hatte auch sie sich verändert?
    Peggy hatte ihre Arbeiten beendet, stand mit den Händen auf den Hüften vor ihr und sah Mary nun forschend an. Sie hatte Übles mitgemacht, war von Schurken fast erdrosselt worden. Eigentlich sah sie doch wie eine anständige junge Lady aus, obgleich ihr Kleid schon mehr als einmal ausgebessert worden war.
    »Ja, danke«, Mary nickte ihr zu

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