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Miss Mary und das geheime Dokument

Titel: Miss Mary und das geheime Dokument Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Melikan Stephanie Kramer
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glaube nicht, irgendwelchen Franzosen begegnet zu sein. Und Mr. Somerville bemerkte dazu, sollte der Feind tatsächlich in England landen, so wäre Mr. Hunnable zweifellos der Erste, der davon hören und die Alarmglocken läuten würde.
    »Gewiss. Nun, das hoffe ich zumindest. Ich hätte es nicht gerne, wenn man mich schlafend auf meinem Posten fände.«
    Das erinnerte Mary an etwas anderes, und sie wandte sich wieder an ihre Reisegefährten. »Ich glaube, Mr.Tracey wusste, dass etwas Unheilvolles in White Ladies vor sich ging. Er sagte die wunderlichsten Dinge, und …«
    »Er war benebelt vom Gin«, ergänzte Holland.
    »Ach, das famose Kräuterelixier«, gluckste Mr. Somerville.
    »Nun ja, vielleicht«, räumte Mary ein, »aber schließlich hatte er den Schlüssel zu …« Ihre Stimme erstarb. Captain Hollands Gesicht hatte wieder eine gesündere Farbe angenommen, und sie hielt es für angebracht, seinem Blick auszuweichen.
    »Ja, der Schlüssel, den Sie mit solcher Umsicht an sich nahmen«, lobte Mr. Somerville sie mit strahlendem Lächeln, als billige er Taschendiebstahl.
    »Natürlich hatte ich keine Ahnung«, sagte Mary und konnte Holland dabei noch immer nicht ins Gesicht sehen, »und ich weiß, dass es falsch von mir war, ihn mitzunehmen, aber als ich die Uhr erblickte, dachte ich …«
    »Ja, das war wirklich ein glücklicher Zufall, dass Sie die Uhr entdeckten. Ich verstehe, dass Ihnen das gewissermaßen ›die Augen geöffnet hat‹, zumal sie eine so große Ähnlichkeit mit der Ihres Vaters aufwies. Es muss ein ziemlicher Schock gewesen sein, sie an der Weste eines Fremden zu sehen.«
    »Ja, das war es.« Mary nahm an, dass man die Uhren, zusammen mit ihren übrigen Habseligkeiten, mittlerweile entwendet hatte, und Mr. Somerville erklärte, von seiner dienstlichen Warte aus hoffe er sogar, dies möge der Fall sein. Diebesgut wurde häufig verkauft, und je ungewöhnlicher die Gegenstände waren, desto leichter ließ sich ihre Herkunft zurückverfolgen. Wenn man sie sicherstellen konnte, dienten sie als wertvolle Beweismittel gegen die Halunken, die ansonsten schwer überführbar blieben. Die meisten Schmuggler waren zwar Einheimische, aber sie ihrer Taten zu überführen war alles andere als einfach.
    »Einheimische? « , fragte Mary entsetzt und wurde ganz blass bei dem Gedanken, dem einen oder anderen ihrer Verfolger bei einem unbekümmerten Gespräch auf der Hauptstraße von Lindham oder vor dem Eingang von Lindham Hall wieder zu begegnen.Vom Angesicht würde sie diese vielleicht nicht wiedererkennen, aber ihre Stimmen - die vergäße sie bestimmt nie, und schon gar nicht den Griff dieser großen, schwieligen Hand an ihre Kehle. Sie schluckte nervös.
    Etwas von ihrem Entsetzen teilte sich Mr. Somerville mit, und er beeilte sich, sie zu beruhigen. »Ich meinte damit keinesfalls, dass Sie sich in Gefahr befinden. Diese ganze Geschichte hat Ihnen sicher einen Riesenschreck eingejagt, und vermutlich sind die Kerle untergetaucht.« Beschwichtigend tätschelte er Marys Hand. »Und vielleicht wird uns eine Spur in White Ladies auch ermöglichen, sie zu schnappen.«
    Da man ihn vor dem umgestürzten Baum gewarnt hatte, wies Mr. Somerville seinen Kutscher an, eine andere Route zu nehmen, und so fuhren sie geradewegs mitten auf den Hof von White Ladies. Zwar stürmten sie nicht ganz wie ein Rudel an den Leinen zerrender Jagdhunde ins Freie, aber zweifelsohne waren sie begierig darauf, mit ihren Nachforschungen zu beginnen. Mary übernahm die Führung und geleitete die Männer zum Hintereingang, wobei sie auf die verschiedenen Einzelheiten einging, die sie anfangs hatten vermuten lassen, das Haus stünde leer. Sie verspürte eine innere Ruhe, die sie selbst überraschte. Es kam ihr so vor, als würde sie über etwas berichten, das jemand anderem vor langer Zeit passiert war - fast wie in einer Geschichtsstunde bei Mrs. Bunbury. Diese Vorstellung amüsierte sie, und ohne Captain Hollands Anwesenheit wäre sie der Versuchung erlegen, eine Geschichte über das Haus zu erfinden oder auf alle Fälle den Vorfall mit dem Schlüssel weiter auszuspinnen. Aber so, wie die Dinge standen, war es das Beste, darauf nicht näher einzugehen.
    Die Tür stand offen, und so traten sie nacheinander ins Haus. Während Holland und Déprez Kerzen anzündeten, machte Mary die erste, ernüchternde Entdeckung. Ihre Tasche nebst Mantel und Hut lagen immer noch im Vestibül und warteten darauf, abgeholt zu werden. Und in der Manteltasche

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