Miss Meermaid steht zur Wahl
Doch
dann erinnerte ich mich der fünftausend Dollar, die Helen Richmond mir
versprochen hatte, falls ich erfolgreich war, und ich fühlte mich sofort
besser, sogar energiegeladen. Ich nahm den Telefonhörer und bat die
Telefonistin an der Vermittlung, mich mit Elaine Curzons Zimmer zu verbinden.
Bald darauf meldete sie sich wieder und sagte mir, Miss Curzon gebe keine
Antwort.
Ich ging ins Foyer hinunter und
fragte im Empfang nach. Ihr Schlüssel war nicht da, und das bedeutete, sie
mußte irgendwo im Hotel sein. Das letztemal , als ich
ihr im Hotel begegnet war, hatte sie einen Badeanzug getragen, es konnte also
sein, daß sie sich draußen am Schwimmbassin befand.
Als ich dort hinkam, schwammen
ein paar Leute, während vielleicht sechzig Körper um das Bassin herum
ausgestreckt lagen. Es dauerte eine Weile, bis ich Elaine fand. Sie lag auf dem
Rücken und trug den gleichen stumpfweißen, zweiteiligen Badeanzug. Ihr Anblick
nahm mir wie beim erstenmal etwas den Atem. Ich setzte mich neben sie und
zündete mir eine Zigarette an.
»Wünsche Ihnen einen
leuchtenden, sonnenbräunenden Morgen, Miss Curzon«, begann ich fröhlich.
»Hätten Sie etwas dagegen, daß ich Ihnen eine Frage stelle?«
Sie öffnete langsam die Augen
und betrachtete mich wie etwas aus der Vergangenheit, bei dem auch kein
desodorierendes Mittel mehr helfen konnte. »Ich habe etwas dagegen«, sagte sie
kalt und schloß ihre Augen wieder.
»Ich bin nur neugierig, was
Ihre Pläne sind, wenn Sie die Mehrheit an den Anteilen der Meermaid Corporation
besitzen werden«, sagte ich. »Denken Sie daran, sie zu verkaufen, oder wollen
Sie die Leitung des Unternehmens selbst in die Hand nehmen?«
Elaines Augen öffneten sich
wieder, wachsam diesmal. »Ich hätte angenommen, Sie wären zu sehr damit
beschäftigt, eine neue Verabredung mit einer der Bewerberinnen zu finden, um
Ihre Zeit auf mich zu vergeuden.«
»Ich wurde nervös«, gab ich zu.
»Das erste Mädchen, mit dem ich mich verabredete, wurde ermordet. Sie erinnern
sich doch? Dadurch bekam ich das häßliche Gefühl, damit vielleicht einen
Präzedenzfall geschaffen zu haben. Deshalb verabrede ich mich seither nur noch
mit Herausgebern von Modezeitschriften — nur weiblichen Herausgebern,
selbstverständlich. Sie sollen verfügbar sein, habe ich gehört.«
»Immer der gleiche sprühende
Geist«, erwiderte sie eisig. »Was sollte diese alberne Bemerkung über die
Meermaid Corporation?«
»Sie haben doch gehört, daß ich
in Wirklichkeit Privatdetektiv bin, der sich in Helen Richmonds Auftrag als
Preisrichter getarnt hat?«
»Ich habe es gehört.« Sie
lächelte süß. »Ich kann mir aber auch keine zwei ungeeignetere Beschäftigungen
für einen Schwachsinnigen vorstellen.«
»Ich wurde also engagiert, um
dafür zu sorgen, daß der Wettbewerb erfolgreich verläuft«, fuhr ich mannhaft
fort. »Jetzt haben wir einen Mord. Helen ist der Ansicht, ich habe dafür zu
sorgen, daß es nicht noch einmal passiert. Ebenso erwartet sie von mir, den
Mörder zu finden, ehe es soweit kommt.«
»Erzählen Sie das jemandem, den
es interessiert.« Sie gähnte und schloß die Augen wieder.
»Ich habe eine Hilfe«, sagte
ich beiläufig, »einen wirklichen Könner als Detektiv, der mit mir arbeitet. Er
sagt, das erste, wonach man suchen soll, sei ein Motiv. Jetzt raten Sie mal,
wer ein dickes, prächtiges Motiv hat, so dick, daß ich gar nicht weiter danach
zu suchen brauche.«
Ihre Augen standen plötzlich
wieder weit offen. »Zu der Zeit, als das Mädchen ermordet wurde, aß ich mit
Claud Duval zu Abend. Das wissen Sie bereits.«
»Das haben Sie behauptet«,
stimmte ich zu, »und Duval auch. Aber ich bin mir nicht so sicher, ob ich einem
von Ihnen beiden glauben soll.«
»Es ist mir gleichgültig, wem
Sie glauben, Mr. Boyd.«
»Ich habe einen Zeugen, der
sah, wie Duval zur Zeit des Mordes das Hotelzimmer des Opfers verließ«, sagte
ich. »Das bedeutet, Duval lügt, wenn er behauptet, er wäre zu dieser Zeit in
seiner Cabana gewesen, und das bedeutet, Sie lügen, wenn Sie behaupten, daß Sie
bei ihm waren. Ich kann verstehen, daß Duval lügt, wenn er das Mädchen
umbrachte. Ich begreife nur nicht, daß Sie ihm ein Alibi geben.«
»Belästigen Sie mich nicht
weiter«, sagte sie schroff.
»Es sei denn, Sie hätten ein
Abkommen mit Duval getroffen, die Beute mit ihm zu teilen, wenn er den
Wettbewerb sabotierte.«
»Verrückt, Mr. Boyd«, schnappte
sie. »Völlig verrückt!«
»Wo waren Sie denn
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