Miss Monster
nach unten. Sie schwebten wie bleiche Monde auf halber Strecke zwischen dem Fußboden und der Decke. Links lagen die Türen.
Hier hatten die Lehrer ihre Büros, hier würden wir auch das Zimmer der Rektorin finden.
Wir waren gespannt auf sie. Wie mochte eine Frau aussehen, die eine derartige Schule leitete?
Vor der Tür blieben wir stehen. Ich klopfte, erhielt keine Antwort, dann drückte ich die Klinke und stellte fest, daß die Tür verschlossen war. Barry F. war zur Seite gegangen und vor einer anderen Tür stehengeblieben. Er winkte mir zu. »Das ist das Vorzimmer, John. Ich versuche es mal hier.«
Wir hatten Glück. Barry F. drückte die Tür auf und betrat vor mir das Zimmer.
Leer, kein Mensch zu sehen.
Er ging einige Schritte vor, blieb stehen und drehte sich langsam um. Ich deutete auf eine zweite Tür, die zum Büro der Rektorin führte. »Da werden wir sie finden.«
»Fragt sich nur wie.«
Ich drehte mich um. Die Frage hatte mich etwas irritiert. »Was meinst du damit?«
»Sie hätte uns schon hören müssen.«
»Und?«
Bracht hob die Schultern. »Geh hin und schau nach. Mal sehen, was wir dort finden.« Wir fanden das Grauen!
Ich blieb dicht hinter der Tür stehen und schaute auf die Gestalt, die bäuchlings über dem Schreibtischstuhl lag, der ein Stück vom Schreibtisch weggerollt war, so daß wir die Tote sehr gut sehen konnten. Es mußte einfach Mrs. Paulsen sein.
»Verdammt!« flüsterte Barry. »Verdammt auch…«
Ich ging auf die Person zu. Gern tat ich es nicht, aber ich mußte einfach Gewißheit haben, deshalb faßte ich zu und drehte sie herum. Der Stuhl schwankte dabei, bewegte sich auch, ich stoppte ihn mit dem quergestellten Fuß, dann lag die Rektorin so, daß ich gegen ihren Hals schauen konnte.
Es war wie bei Redstone.
Jemand hatte ihr die Kehle zerbissen und der Frau keine Chance gelassen. Neben mir bewegte sich Barry F. Bracht. Er fuhr mit der Hand an seiner Kehle entlang, als würde er im nächsten Augenblick einen Angriff erwarten.
»Das packe ich nicht«, hörte ich ihn flüstern. »Verflucht, das packe ich nicht. Ich bin nur ein einfacher Lektor und kein Profi. So etwas ist zuviel für mich.« Er drehte sich um. Ich hörte ihn würgen und konnte ihn verdammt gut verstehen.
Auch mir war der Anblick unter die Haut gegangen, ich aber mußte mich ihm stellen, ich durfte nicht kneifen. Hier ging es um eine furchtbare Tat, die der Aufklärung bedurfte.
Eines stand fest. Der Mörder dieser Frau befand sich in der Schule, möglicherweise noch auf derselben Etage, und das sorgte nicht eben für eine Beruhigung.
Es konnte auch keine Urbestie aus dem Sumpf getan haben, denn ein Monster wäre bestimmt aufgefallen. In mir keimte ein furchtbarer Verdacht hoch.
Die Lehrpersonen hielten sich allesamt hinter dem Schulgebäude auf. Ich hatte auch keinen in das Haus gehen sehen. Mußten wir den Täter möglicherweise unter den Schülern suchen?
Als ich daran dachte, überkam mich ein Schweißausbruch. Das wäre noch schlimmer gewesen.
Ein jugendlicher Killer, möglicherweise unter einem fremden Einfluß stehend…
»Hoffentlich war das nicht erst der Anfang einer grausamen Rachetour«, hörte ich Barry sprechen. »Ich habe einfach das Gefühl, daß es noch mehr Tote geben wird.«
Mit gesenktem Kopf schritt ich auf ihn zu. »Wirst du denn etwas unternehmen können?«
»Was?« rief er mir zu. »Was soll ich denn tun, zum Henker? Ich kann meinem zweiten Ich oder was immer dieser Schattenkrieger ist, nicht einfach befehlen, einzugreifen. Das mußt du begreifen, John. Das ist alles mit sehr komplizierten Regeln verbunden…«
»Ich weiß, Barry, ich weiß.« Auf seine rechte Schulter legte ich meinen Arm und führte ihn aus dem Raum. Im Vorzimmer blieben wir stehen und schauten uns an.
»Wie geht es weiter, John?«
»Keine Ahnung, Barry. Ich weiß es wirklich nicht. Ich bin im Moment am Ende.«
Bracht drehte den Kopf, damit er aus dem Fenster schauen konnte. Hinter ihm lag das graue Tageslicht. »Dort liegt der Sumpf, John, der verfluchte Sumpf. Er hat eine nicht unwichtige Rolle in meinen Träumen gespielt, deshalb bin ich auch der Ansicht, daß wir das Rätsel möglicherweise dort lösen können.«
»Du meinst, wir müßten einige Stunden im Sumpf verbringen.«
Er hob die Schultern. »Vielleicht sogar die ganze Nacht. Wobei ich möchte, daß du an meiner Seite bleibst, wenn ich einschlafe. Ich kann mir vorstellen, daß ich, wenn ich am Ort des Geschehens bin, anfange zu
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