Miss Pettigrews grosser Tag
dachte sie in einer sentimentalen Anwandlung. »Gibt es etwas Schöneres? Von Frau zu Frau. Und da heißt es, wir vertrauten einander nicht!«
»Es geht doch nichts über eine andere Frau, wenn man in Schwierigkeiten ist«, seufzte sie.
Miss Dubarry schauderte.
»Um Himmels willen! Glauben Sie das bloß nicht«, sagte sie ernst. »Ich würde mich an keine andere Frau wenden als an Delysia.«
»Nein?«, fragte Miss Pettigrew überrascht.
»Na ja, Delysia ist eben anders. Bei ihrem Aussehen muss sie sich um Männer keine Sorgen machen. Man kann ihr vertrauen.«
»Ja«, sagte Miss Pettigrew. »Das kann man wirklich.«
»Sie versucht nicht, einem die Männer auszuspannen. Ich meine, ich habe nichts gegen Flirten. Eine Frau wäre kein Mensch, wenn sie es nicht täte, aber es kommt auf das Wie an. Sie versucht nie, jemanden hinter dessen Rücken schlechtzumachen. Redet stets gut über die Leute.«
»So kenne ich sie«, sagte Miss Pettigrew stolz.
»Ach ja. Ich vergaß. Sie sind ja eine alte Freundin von ihr. Oje! Ich wünschte, sie würde sich beeilen. Sonst bleibt ihr keine Zeit mehr, sich etwas auszudenken.«
»Wie sind Sie denn Besitzerin eines Schönheitssalons geworden?«, fragte Miss Pettigrew in dem taktvollen Versuch, Miss Dubarry auf andere Gedanken zu bringen. »Sie sehen noch sehr jung aus. Wenn Sie mich nicht für unhöflich halten – es würde mich sehr interessieren.«
»Ach, das«, sagte Miss Dubarry. »Das war höchst simpel. Ich habe den Chef umgarnt.«
»Den Chef umgarnt!«, wiederholte Miss Pettigrew matt. »Du liebe Zeit! Wie um alles in der Welt sind Sie darauf verfallen?«
»Sehr einfach. Ich war achtzehn … und Lehrling bei ihm. Er machte Avancen. Sie vergucken sich immer in die jungen Dinger … wenn man es schlau anstellt, versteht sich. Ich war in der Hinsicht immer schlau«, sagte Miss Dubarry geradeheraus. »Wenn man ihnen zu verstehen gibt: ›Heirat oder nichts‹, bequemen sie sich gewöhnlich zur Heirat. Ich hatte großes Glück. Ich habe ihm den Kopf verdreht, aber er konnte nicht Schritt halten. Er bekam einen hübschen Grabstein und ich den Salon.«
»Man muss gerecht sein«, bemerkte Miss Pettigrew nur, da sie nicht wusste, was sie dazu sagen sollte.
»Es stand mir zu«, sagte Miss Dubarry ohne Umschweife. »Aber nun ja! Man kann nicht erwarten, dass einem alles in den Schoß fällt. Und er war kein übler Mensch. Ich kenne Schlimmere. Außerdem war ich nicht dumm. Ich habe den Beruf erlernt, obwohl ich geheiratet habe. Das hat sich ausgezahlt. Wissen Sie, der Salon ist jetzt dreimal so viel wert wie zu der Zeit, als mein Gatte starb.«
»Darauf möchte ich wetten«, sagte Miss Pettigrew anerkennend.
»Ich habe die Preise heraufgesetzt. Das gehört zum Geschäft. Und ich habe natürlich den Namen geändert, in Dubarry. Ich meine, allein der Gedanke an Du Barry weckt
doch schon Erwartungen. Er steht für etwas. Ich glaube, es war eine sehr kluge Wahl. Allerdings«, räumte Miss Dubarry ein, »hat ihn sich eigentlich Delysia ausgedacht, aber ich war sofort Feuer und Flamme.«
»Ein perfekter Name«, lobte Miss Pettigrew. »Ein fantastischer Name«, setzte sie kühn hinzu.
Sie bemühte sich nach Kräften, an ihren moralischen Grundsätzen festzuhalten, doch es war vergebens. Es ging mit ihr durch. Welches Recht hatte sie, jemanden zu verurteilen? Hätte sie, um den Mrs. Brummegans dieser Welt zu entfliehen, in den vergangenen zehn Jahren nicht jeden Mann geheiratet, der sie darum gebeten hätte? Selbstverständlich hätte sie das! Warum anderes vorgeben? Warum gemeinsam mit all den anderen albernen alten Schachteln vorgeben, etwas Besseres zu sein als ihre Geschlechtsgenossinnen, nur weil sich nie die Gelegenheit geboten hatte, anders zu leben? Fort mit der Heuchelei. Miss Pettigrew beugte sich mit glänzenden Augen vor und tätschelte Miss Dubarrys Knie.
»Ich finde Sie wundervoll«, sagte sie. »Ich wünschte nur, ich hätte halb so viel Verstand gehabt wie Sie, als ich jung war. Dann wäre ich jetzt vielleicht eine lustige Witwe.«
»Das Leben hat viel zu bieten«, tröstete Miss Dubarry sie. »Denken Sie immer daran. Und daran natürlich, jede Gelegenheit beim Schopf zu packen, wenn sie des Weges kommt.«
»Selbst wenn sie des Weges gekommen wäre«, sagte Miss Pettigrew mit trauriger Überzeugung, »hätte ich es nicht gekonnt. Das ist mir nicht gegeben.«
»Nur nicht verzweifeln«, sagte Miss Dubarry. »Sie kommen schon noch zum Zuge.«
Sie tätschelte nun
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