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Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman

Titel: Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Tausch
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ein, denn es war offensichtlich, dass ich am Ende doch den Kürzeren ziehen würde.
    »O.K. Ist ja schon gut. Was kostet dein Taxi?«
    »1.000.000 Dong.«
    Mir war alles egal. Hauptsache, diese Geschichte würde ein Ende nehmen. Also zählte ich ihr die Scheine in die Hand und lotste sie zur Tür.
    Endlich alleine.
     
    Der frühe Morgen ist die schönste Tageszeit in Saigon: die Sonne scheint golden, aber noch nicht drückend heiß auf die Stadt. Die Luft ist klar, der Verkehr hält sich in Grenzen, und die Leute bereiten sich langsam auf den Tag vor. Viele sitzen auf kleinen, bunten Plastikhockern auf der Straße und schlürfen eine Nudelsuppe. Selbst das Reiseprospekt-Klischee von
alten Vietnamesen, die bei Sonnenaufgang im Park Tai Chi üben, kann man finden.
    Nicht dass ich oft Zeuge dieser Tageszeit geworden wäre - aber als ich an jenem Tag aus dem Haus trat, versetzte mich die Atmosphäre meiner kleinen Gasse wieder in gute Laune. Vom nahe gelegenen Markt holte ich Zigaretten, ein paar Früchte und einen Eiskaffee. Derart ausgestattet kletterte ich zu Hause auf meine Dachterrasse, legte mich in den Liegestuhl und schmiedete Pläne für den anstehenden Tag: Iain, ein Bekannter, war umgezogen und gab eine Einweihungsparty. Eigentlich ein Pflichttermin, denn Iains Feste waren legendär. Er besaß einen gigantischen Vorrat Bushmills Whiskey aus seiner Heimat Irland, den er freizügig unter die Leute brachte. Am Ende fiel meist einer in den Pool.
    Aber genau das war der Grund, warum ich keine große Lust hatte, ihn zu besuchen. Sich ab elf Uhr mittags bei sengender Sonne und drückender Luftfeuchtigkeit mit Whiskey abzuschießen ist ein amüsanter Zeitvertreib - wenn einem der Sinn nach Rausch und Ekstase steht. Dank der Erlebnisse der vergangenen Nacht und dem Restalkohol, der noch in meiner Blutbahn herumspukte, hatte ich jedoch keinen Bedarf.
    Also schloss ich einen faulen Kompromiss: Hingehen, aber nicht so viel trinken!
     
    Gute Vorsätze - was sind sie wert?
    Zur Beantwortung dieser Frage möchte ich den Vorhang auf folgende Szenerie öffnen:
    Ein Mann in seinen besten Jahren - nennen wir ihn Nick - kommt auf eine Party. Dem Gastgeber hat er liebenswürdigerweise eine Flasche Weißwein mitgebracht, die er im Verlauf der nächsten Stunde allerdings alleine leert. Die Stimmung
ist locker, gelöst. Die anwesenden Gäste stammen aus aller Herren Länder - Asiaten, Europäer, Amerikaner reden lautstark mit- und durcheinander. Gegen dreizehn Uhr wird unser Mann zu einer Runde Billard eingeladen. Vier Leute. Wer die Kugel nicht versenkt, muss ein Wasserglas Whiskey exen. Bereits leicht euphorisiert, findet Nick großes Gefallen an dem Regelwerk - und versemmelt gleich seinen ersten Versuch. Lautes Gejohle, ein Glas Whiskey. Der Queue wird weitergereicht. So geht es Runde um Runde. Ein paar Kugeln finden den Weg ins Ziel, doch irgendwann kommt immer die eine, an der man scheitert. Und ex!
    Das Urteilsvermögen unseres Mannes ist bereits erheblich getrübt - doch seine innersten, rudimentärsten Instinkte zucken noch: Als Nick anvisiert und verzweifelt versucht, sich auf die imaginäre Linie zwischen Queuespitze, Kugel und Loch zu konzentrieren, schweift sein matter Blick über den Filzrand hinaus und bleibt am Hintern einer Frau hängen (einem süßen Hintern, wie man zugeben muss). Nick stößt, verfehlt, kippt seinen Whiskey und robbt langsam in Richtung des Gesäßes, dem er kurz darauf sogar ein Gesicht zuordnen kann. Innere Begeisterung. Ohne dass er Einfluss auf seine koordinativen Fähigkeiten hätte, formt seine Zunge: »Hallo … Wie heißt du denn?« Die Frau wendet sich ihm zu, begutachtet belustigt das vor ihr stehende Wrack und erwidert: »Ich heiße Lien.«
    »Lien! Das … Das ist der schönste Name in ganz Vietnam.«
    »Oh, danke. Und wie heißt du?«
    »Ich heiße …«
    »Nick«, ruft plötzlich einer der Billard-Spieler. »Nick! Du bist dran.«
    »Ich bin Nick. Warte. Ich bin gleich wieder da. Geh nicht
weg!« Unser Mann scheint ernsthaft besorgt, die Dame aus dem Auge zu verlieren. Doch dann schnappt er sich energisch den Queue und analysiert die Lage der Kugeln auf dem Filz. Konzentriert locht er eine ein. Schon visiert er die nächste an. Dabei fällt ihm auf, dass eine attraktive Frau am Tisch steht und ihm aufmerksam zusieht. Nick versiebt den Stoß, trinkt sein Wasserglas Whiskey und macht sich auf, um die schöne Unbekannte kennenzulernen.
    »Äh, Entschuldigung. Wie heißt du denn?«
    Die

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