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Miss Seeton riskiert alles

Miss Seeton riskiert alles

Titel: Miss Seeton riskiert alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
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die Gespräche in sich aufnahmen.
    Mel Forby vom Daily Negative war schon einmal in Plummergen gewesen. Sie hatte es fertiggebracht, einer von Miss Seetons früheren Eskapaden näher auf die Spur zu kommen. Ursprünglich war sie Modereporterin gewesen, die für ihr schroffes Benehmen und ihre scharfe Zunge bekannt war. Jetzt hatte sie eine Seite in einer Wochenzeitung und schrieb auch für ein Witzblatt Geschichten und Skizzen über das Dorfleben, die hauptsächlich Miss Seeton und Plummergen zum Inhalt hatten. Die Bewunderung der früheren Zeichenlehrerin Miss Seeton für den Knochenbau ihres Gesichts und ihre schönen Augen hatten Mel bewogen, ihr übertriebenes Make-up und ihr aggressives Benehmen aufzugeben.
    Thrudd Banner war ein freier Auslandskorrespondent. Er war Miss Seeton in der Schweiz begegnet, war ihr und ihrer Geschichte nach Paris gefolgt, hatte aber bei ihrer Rückkehr nach England die letzte Episode beim Zoll verpaßt. Er hatte sich nie darüber klarwerden können, ob Miss Seeton das unschuldige Opfer der Umstände war oder die größte Lügnerin, der er jemals begegnet war. Er hatte an sie geglaubt, versucht, ihr zu helfen und sie zu beschützen, bis die Ereignisse oder ihre eigenen Taten zu beweisen schienen, daß er im Irrtum war. Oft hatte es damit geendet, daß er sich selbst einen leichtgläubigen Narren gescholten hatte. In der Schweiz hatte ihn ein derartiges Ereignis dazu verführt, zur Verteidigung von Miss Seeton und zum ersten Mal in seinem Leben eine Pistole abzufeuern – und nicht zu treffen. Miss Seetons Pistole war durch Zufall losgegangen und hatte auch nicht getroffen. Da aber ihr Gegner gestolpert und zu Tode gefallen war, war sie für Thrudd nunmehr der perfekte Meisterschütze. Er machte jetzt in der Heimat Ferien und hatte in dem Bericht über den Goldfisch am vorherigen Abend etwas Ähnliches gewittert. Jetzt war er ihr wieder auf der Spur. Er bemerkte die Frau an der Bar, richtete sich auf, warf sich in die Brust, sah noch einmal hin und machte große Augen.
    »Mel Forby, bei Gott!«
    Mel drehte sich langsam um. Ihr Lächeln war entwaffnend. »Wahrhaftig Thrudd! Wieder im Land? Was hat England getan, daß es eine solche Schmach verdient? Ist der Kontinent zu heiß für Sie geworden?«
    Thrudd hatte im Augenblick durch ihr verändertes Aussehen die Sprache verloren, erholte sich aber schnell. »Nein, Mel. Ich bin nur gekommen, Ihnen meine Erfahrung zur Verfügung zu stellen und Ihre unsicheren Schritte auf dem Pfade echter Kommunikation mit Ihren Lesern zu leiten. Ich bin sogar bereit, Ihre Orthographie zu korrigieren, wenn Sie mich schön bitten.«
    Mel zog die Augenbrauen hoch, nahm ihren Drink und fuhr in ihrer Unterhaltung mit einem Reporter aus Kent fort. Thrudd sprach zu ihrem Rücken weiter.
    »Ich bin der erste, der zugibt, daß Frauen ihren Platz im Journalismus haben, und der letzte, der behauptet, sie könnten nichts.« Da er keine Antwort erhielt, spottete er: »Die einfachste Antwort auf das Unwiderlegbare ist keine Antwort. Und sich aus dem Kampf zurückziehen heißt leben, um später einen weniger starken Gegner zu bekämpfen.« Es gelang ihm nicht, sie wütend zu machen. »Munitionsverschwendung«, dachte er laut. »Aber schließlich kann man kaum erwarten, daß ein Dichter in einer Frauenseite richtig gewürdigt wird.«
    Mel drehte sich um und sagte in gespielter Überraschung. »Was, Sie reden noch? Niemand hört Ihnen zu.«
    Thrudd lachte. »Ich würde Ihnen gern einen Drink spendieren. Da wir offenbar aus dem gleichen Grunde hier sind, könnte ich Sie – könnte ich Sie vielleicht – Miss S. vorstellen.«
    »Ich möchte einen Whisky, und dafür wäre es möglich – wäre es vielleicht möglich –, daß ich Miss S. nicht vor Ihnen warne.«
    »Sie kennen sie?«
    »Hm.«
    »Dann lassen Sie uns einen Ecktisch suchen, die Waffen strecken und einen Feldzug planen.«
    Martha Bloomer schlug die Haustür von Sweetbriars zu und ging in das Wohnzimmer. Sie glaubte mit einiger Berechtigung, die bevorzugte Stellung eines Familienfaktotums innezuhaben, da sie bereits bei der früheren Bewohnerin von Sweetbriars, der alten Mrs. Bannet, gedient hatte, bis sie starb, und jetzt bei deren Patentochter und Erbin, Miss Seeton, arbeitete.
    »Na«, verkündigte sie, »hoffen wir, daß dies der letzte Neugierige war. Nicht daß es nicht Ihre eigene Schuld wäre, wenn Sie nach London flitzen, ins Spielkasino gehen und in dieser Aufmachung zurückkommen. Sie können nichts

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