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Miss Seeton und der Hexenzauber

Titel: Miss Seeton und der Hexenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
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Ansicht, die Sie
    selbstverständlich auswählen. Die Bezahlung richtet  sich natürlich nach den allgemein üblichen Gehältern für Lehrer, und das ist, wie Sie sicherlich selbst wissen, durchaus annehmbar für gelegentliche  Vertretungen.
    Ich würde mich freuen, wenn Sie mir Ihre  Entscheidung bald mitteilen könnten.
    Hochachtungsvoll Martin C.Jessyp

    Das also hatte Mr. Jessyp im Sinn gehabt, als er sie auf der Straße aufgehalten und sich ihr vorgestellt hatte. Bei genauerem Nachdenken fiel ihr wieder ein, daß er sie ausdrücklich gefragt hatte, ob sie einen Kurs bei der Lehrerbildungsanstalt absolviert habe. Nun, das hatte sie.
    Mrs. Benn, die immer sehr rücksichtsvoll und umsichtig als Schulleiterin gewesen war, hatte sie dazu aufgefordert.
    Und obwohl Miss Seeton den Kurs erfolgreich
    abgeschlossen und hin und wieder auch schon Klassen von anderen Lehrerinnen übernommen hatte, konnte sie leider nicht behaupten, daß Unterrichten zu ihren Stärken zählte.
    Kunsterziehung – ja, davon verstand sie etwas, das hoffte sie zumindest. Auch in Geschichte besaß sie einige Kenntnisse. Aber Geographie … und vor allem
    Mathematik! Es war kaum vorstellbar, daß die Kinder Nutzen aus dem Unterricht zogen, wenn die Lehrkraft so gut wie gar nichts in einem Fach wußte.
    Aber unterrichten … wenn sie ehrlich war, mußte sie zugeben, eine gewisse Erleichterung verspürt zu haben, als sie sich aus dem Schulbetrieb hatte zurückziehen können; sie war froh gewesen, Kindern, die – verständlicherweise -
    gar nichts lernen wollten, nichts mehr beibringen zu müssen. Dennoch konnte sie Mr. Jessyps Angebot nicht gut ausschlagen. Offenbar erwartete man nicht, daß sie oft einsprang, und eines stand außer Frage: Das Geld wäre  sehr hilfreich. Am Montag? Das ließ ihr nicht mehr viel Zeit zum Nachdenken. Sie mußte den Brief noch heute beantworten. Solange sie sich nur nicht mit Mathematik abplagen mußte!
    Miss Seeton nahm den zweiten der drei Briefe, die sie im Briefkasten gefunden hatte, in die Hand. Der Umschlag war mit Maschine beschrieben und adressiert an »Miss Ess, Sweetbriars, Plummergen, Kent«. Sie lächelte. Miss Ess – ihr Codename – ein Brief von Scotland Yard. Aber ein Scheck konnte es nicht sein. Sie schuldeten ihr nichts.
    Sehr seltsam. Superintendent Delphick hätte bestimmt an Miss Seeton geschrieben und nicht den Codenamen benützt. Nein, der Superintendent war in diesen Dingen immer sehr korrekt, und er hätte vermutlich Vor- und Nachnamen sowie die Mittelinitiale auf den Umschlag geschrieben. Eigenartig. Sie konnte sich nicht vorstellen, was ihr jemand von Scotland Yard mitzuteilen hätte.
    Schließlich ging Miss Seeton der Sache auf den Grund, schlitzte den Umschlag auf und zog das Schreiben heraus.
    Sie las den Brief überrascht und mit wachsender Bestürzung. In der Tat, es war sehr freundlich von Sir Hubert. Ausgesprochen umsichtig. Aber nein. Das kam gar nicht in Frage. Es wäre höchst unpassend. Das heißt, für sie. Insbesondere in ihrem Alter. Selbst wenn sie, wie Sir Hubert betonte, nicht selbst aktiv werden sollte. Sie war jederzeit bereit, Phantombilder zu zeichnen, wie Superintendent Delphick sehr wohl wußte.
    Genaugenommen war sie von Herzen dankbar für die Aufträge, und die Polizei hatte sich ja auch immer äußerst großzügig gezeigt. Aber dies … Sie las den Brief noch einmal. Sich in die Dienste der Polizei begeben?
    Mitarbeiterin der Polizei werden? Nein. Das ging wirklich nicht. Sie besaß weder die nötigen Kenntnisse noch ausreichend Erfahrung für so eine Arbeit.

    Wie seltsam das Leben war: zwei Arbeitsangebote an einem Tag. In seinem Schreiben erinnerte Sir Hubert sie an ihr Gespräch im Scotland Yard und bat um Vergebung, daß ihr der Computer vom Yard einen derart absurden Spitznamen gegeben hatte; es schien fast, als hätte das Ungetüm seine eigenen Launen, und eine davon war, daß es sich kindisch dagegen wehrte, korrigiert zu werden. Um Trotzreaktionen zu vermeiden und das System nicht durcheinander zu bringen, sei es einfacher, sie weiterhin als Miss Ess in den Akten zu führen, falls sie sich nicht allzu sehr daran störte. Das also war die Begründung.
    Selbstverständlich konnte sie das verstehen. Als ihre Bank in Brettenden auf Computer umgestellt hatte, waren ähnliche Dinge vorgekommen. Sir Hubert drängte sie nicht, seinen Brief sofort zu beantworten, sondern bat sie, sich Zeit zu nehmen und über alles nachzudenken.
    Sergeant Ranger, schrieb er,

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