Miss Seeton und der Hexenzauber
Fußsohle gelegt, und alles, was zwischen den beiden Händen lag, wurde dem Bösen und dem neuen Meister geweiht und in seine Dienste gestellt. Danach wurde das frisch geschlossene Bündnis mit einer Unterschrift auf einer Urkunde besiegelt. Dukes beinahe einzige Ausgabe bei diesen Unternehmungen stellten die Urkunden dar – mit Ornamenten verzierte Pergamente, auf denen in altem, mit Schreibfehlern gespicktem Englisch versichert wurde, daß der Unterzeichnete der Gemeinschaft aus freiem Willen beitrat war. Duke war der Ansicht, daß es in diesen ohnehin so blutleeren modernen Zeiten unangebracht war, dem Konvertiten, wie es die Tradition eigentlich vorschrieb, in den Finger zu schneiden und ihn den Pakt mit seinem eigenen Blut besiegeln zu lassen. Deshalb mischte er rote Tinte mit ein bißchen blauer, dickte sie mit Stärkemehl an, füllte sie in Phiolen und nannte die Mixtur Ochsenblut.
Unkosten verursachten hauptsächlich Dukes Reisen.
Gehälter mußte er nicht bezahlen. Die Helfer bei den Hexensabbaten arbeiteten aus reinem Vergnügen. Sie und manche Gemeindemitglieder brachten die schwarzen Kerzen, schwarzen Altartücher, umgekehrten Kreuze und andere Utensilien, die die Phantasie beflügelten, selbst mit. Sie kauften ihre eigenen Bücher, stellten selbst Recherchen über traditionelle Rituale an, besorgten auf eigene Rechnung die Speisen und Getränke für das Festmahl, probierten ihre persönlichen Flüche und Zaubersprüche aus und lernten die Gesänge. Falls ihre Phantasie zu sehr ausuferte, mußten sie damit rechnen, daß Duke sie bei seinem nächsten Besuch scharf zurechtwies und sie rasch wieder zu der gewünschten Ordnung zurückrief. Die ersten Hexensabbate hatte er in Schottland abgehalten, das als die traditionelle Spielwiese für Hexen angesehen wurde, und während eines Besuchs in Glasgow lernte er N. kennen.
Wie Duke hatte auch N. Bücher gelesen und Studien über sein Fachgebiet angestellt. Er hatte die Schwachstellen, die sich in die eine oder andere Religion im Laufe, der Jahre eingeschlichen hatten, ausfindig gemacht und erkannt, daß der Hauptursprung jeden Glaubens der Gedanke war, sich mit Geld die Erlösung erkaufen zu können. Als Prototyp hatte er sich eine religiöse Lehre herausgepickt, die ein Mann vor etwa dreißig Jahren im Londoner West End verbreitet hatte.
Dieser Mann war in kürzester Zeit mit Predigten und Vorträgen reich geworden, und seine Bücher verkauften sich in Amerika noch immer sehr gut. Auch in
Großbritannien wurden sie alle paar Jahre neu aufgelegt.
Das dumme Geschwätz, das der Prediger von sich gegeben hatte, spornte N.'s zynischen Geist an. Er las die Reden und Predigten durch, verfeinerte sie für seine Zwecke, indem er mehr Emphase hineinlegte, und ging mit dem Versprechen, daß wahre Erlösung nur durch die Sünde erlangt werden konnte, auf Kundenfang. Er hatte auf Anhieb Erfolg. Es gab nichts, was die Menschen einem geneigter machte, als ein Freibrief, ungestraft Sünden begehen zu dürfen – das begriff N. sehr schnell.
Seine Recherchen hatten ihn in der Überzeugung bestärkt, daß die Menschen einen selbstbewußten Mann brauchten, der ihnen genau sagte, was sie tun mußten – je unsinniger, desto besser –, und ihnen klare Anweisungen und Regeln gab sowie Strafen androhte. Hilfreich waren Orden und Rangabzeichen, das vermittelte ihnen das Gefühl, einer verschworenen Bruderschaft anzugehören. Zudem mußte man ihnen glaubhaft versichern, daß es ihnen in Zukunft blendend gehen würde und daß sie sich um den Rest der Menschheit nicht zu kümmern brauchten. Vorausgesetzt, man mischte diese Ingredienzen gut und legte das Ergebnis in ansprechender Form vor, gab es fast nichts, was man die Menschen nicht glauben machen konnte; noch wichtiger war jedoch, daß man ihnen Geld ohne Ende aus den Taschen ziehen konnte. Nuscience war geboren.
Für jeden, der einen Hexensabbat in Glasgow inszenieren wollte, waren die Trossachs als Schauplatz allererste Wahl. All die traditionellen Elemente waren vorhanden: Wasser, Bäume und Felsen. Duke wußte zwei der drei Voraussetzungen sehr zu schätzen: Die Bäume boten Gelegenheit, sich vor den Blicken der anderen zu verbergen, und ein schöner, gut plazierter Felsen bildete einen günstigen Mittelpunkt, um den die Teilnehmer herumtanzen konnten, und eine Plattform für ihn selbst.
Allerdings war ihm nie klar geworden, welchen Nutzen die Nähe von Wasser bringen sollte, da es in seinen Zeremonien nie
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