Miss Seeton und der Hexenzauber
eine Rolle spielte. Obwohl er die einschlägige Literatur studiert hatte, war ihm entgangen, daß die alten Fruchtbarkeitsrituale zum Wohle der Mutter Erde und nicht zum erotischen Vergnügen der Menschen abgehalten worden waren. Wie auch immer – die Trossachs waren jedenfalls günstig gelegen: weit genug von der Stadt entfernt, um ein Eingreifen der Behörden zu vermeiden, und nah genug, daß die Teilnehmer den Ort des Geschehens bequem mit dem Wagen erreichen konnten.
N. hingegen hatte die Stadtmitte als Operationsbasis gewählt. Er mußte eine große Halle mieten und für Publicity sorgen. Von Anfang an hatte er sich den Titel
»Meister« gegeben und den Namen »Nuscience« für seine Lehren gewählt, obwohl er sich bewußt war, daß dieser Name leicht zu verwechseln war mit »Nonsens« – Unsinn – und »Nuiscance« – Plage. Aber wollte er nicht Unsinn verbreiten und eine Plage für die Geldbeutel der Menschen sein? Bei dieser speziellen Gelegenheit in Glasgow wollte er eine ganz neue Idee ausprobieren. Alle Religionen, die moderner als das Christentum waren, prophezeiten in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen den
Weltuntergang, und er sah nicht ein, warum gerade seine in diesem Punkt zurückstehen sein sollte. Er hatte nichts dagegen, das Ende der Welt zu inszenieren, vorausgesetzt, es diente seinen eigenen Zielen. Auf der Suche nach einem geeigneten Ort für seine Vorstellung – eine große Höhle – durchstreifte er das Land um Glasgow und fand genau das richtige in den Trossachs. Er hatte seinen Anhängern verkündet, daß das Ende der Welt nahe sei, aber wie nahe es genau war, wollte er ihnen erst bei seinem nächsten Vortrag eröffnen. Er war selbst überrascht über den Enthusiasmus, mit dem diese Prophezeiung aufgenommen worden war. Die Menschen schienen sich immer für den Gedanken der totalen Zerstörung begeistern zu können, und sie begrüßten derartige Ereignisse noch leidenschaftlicher, wenn jemand auftrat und einzelnen Auserwählten einen Ausweg versprach. N. stattete die Höhle mit einer eindrucksvollen Menge an Lebensmitteln aus, dann hielt er seinen Vortrag und gab seiner Gemeinde bekannt, daß er nun, nach ausführlichen Berechnungen, in der Lage sei, ihnen den exakten Zeitpunkt des Armageddon bekanntzugeben. Der Weltuntergang, warnte er sie, würde in einer Woche stattfinden. Er forderte die am besten betuchten und glühendsten seiner Anhänger auf, sich an einen geheimen Ort zurückzuziehen, all die Wertsachen, die sie tragen konnten, mitzunehmen und den Lauf der Ereignisse abzuwarten. Wie er es erwartet hatte, rückten die meisten mit Geld und Juwelen an. Von Kindesbeinen an hatten sie gelernt, Geld wie einen Gott anzubeten, und er hatte vorausgesehen, daß es ihnen nicht in den Sinn kommen würde, wie sinnlos ihr Geld und ihre Edelsteine nach der totalen Zerstörung sein würden.
N. erschrak, als ihm eine zerknirschte Anhängerin gestand, daß sie dem örtlichen Hexenkreis angehöre und am folgenden Freitag ein Hexensabbat in den Trossachs abgehalten würde. Er horchte die Frau aus, dann kaufte er sich eine Tiermaske und nahm an dem Hexensabbat teil.
Später folgte er dem Mann, der die Rolle des Satans gespielt hatte, bis zu einem Hotel in der Stadt. Am nächsten Morgen betrat N. dieses Hotel.
Die beiden Männer kamen auf Anhieb sehr gut miteinander aus. Sie waren verwandte Seelen, nutzten dieselben Geschäftspraktiken und hatten dasselbe Ziel. Es bestand kein Grund für Rivalitäten, genaugenommen waren sich beide nach einer ausführlichen Unterhaltung im klaren, daß sie nur davon profitieren konnten, wenn sie ihre Aktionen abstimmen und zusammenarbeiten würden.
Da beide bis jetzt Alleinkämpfer gewesen waren und auf niemanden Rücksicht nehmen mußten, gab es keinerlei Probleme. Die Fusion war besiegelt: Dukes Organisation würde jedem Mitglied von Nuscience, das auf der Suche nach der Sünde war, die Möglichkeit bieten, sich bei den Orgien der Hexen und Teufelsanbeter zu läutern; während alle verlorenen Schäfchen, die Skrupel entwickelt hatten und aus der Herde des Satans ausgebrochen waren, bei Nuscience Trost finden konnten, ehe sie zu einem Auffrischungskurs zum Satan zurückgeschickt wurden.
Sobald ihre noch getrennten Unternehmungen in Glasgow beendet waren, wollten sie sich zusammensetzen, alle Details klären und einen Zeitplan erstellen.
Unglücklicherweise kam es jedoch zunächst zu Schwierigkeiten.
Als die vorgeschriebene Zeit
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