Miss Seeton und der Hexenzauber
Erzfeindes.
Das Tosen der Feuersbrunst war bei laufendem Motor nicht zu hören gewesen, aber als sie aus dem Wagen sprangen, empfing sie ein Höllenlärm. Sie liefen sofort los, um den vier uniformierten Polizisten zu helfen, die auf der anderen Seite des alten Friedhofs mit abgeschnittenen Zweigen auf die Flammen einschlugen. Immer wieder entfachten Funken und brennende Zweige, die der Wind herüberwehte, neue Brandherde. Wie konnte ein Mensch – oder auch eine Menschenmenge – eine derartige Gewalt beherrschen? Das Dröhnen und Lodern wurde verstärkt durch. das Zischen des kochenden Pflanzensafts, das Knistern und Krachen der einstürzenden Holzstämme.
Die Kirche? fragte der Superintendent. Durchsucht und menschenleer vorgefunden, lautete die Antwort. Delphick unterdrückte die aufkommende Übelkeit. Wenn … falls sich jemand im Wald aufgehalten hatte, als diese Katastrophe begann … und bei der Geschwindigkeit, mit der sich das Feuer ausbreitete … Es ist zu spät, viel zu spät, um sich jetzt noch Gedanken darüber zu machen, sagte er sich. Konzentriere dich lieber auf das, was gerettet werden kann. Die Kirche. Er glaubte nach wie vor, daß irgendwo unter oder in der Nähe der Kirche der geheime Ort der Nuscientisten sein mußte. Er mußte alles versuchen, um die Schwachköpfe davor zu bewahren, bei lebendigem Leibe geröstet zu werden.
Dorfbewohner strömten herbei und bildeten unter der Anleitung von Sir George eine Kette. Die Frauen und Kinder hielten sich etwas abseits und beobachteten das große Spektakel.
Ein motorisierter Polizist berichtete, daß auf der anderen Seite des Waldes brennende Bäume auf ein Auto gestürzt seien. Seiner Ansicht nach sei das Auto leer gewesen, aber die ungeheure Hitze hatte ihn davon abgehalten, näherzugehen und sich zu vergewissern – nur das Nummernschild hatte er lesen können. Es handelte sich um den Wagen, nach dem in der ganzen Gegend gefahndet wurde, und er hatte im Präsidium in Ashford per Funk Meldung gemacht.
Endlich traf das erste Feuerwehrauto ein. Delphick, dessen Kleider schon ganz mit Ruß verschmiert und angesengt waren, überließ dem motorisierten Polizisten seinen Platz und ging, um sich mit dem
Feuerwehrhauptmann zu besprechen. Wie stand es mit den Wasservorräten? Schlecht, sehr schlecht; es gab nur einen Brunnen, und der war nach den Wochen ohne Regen nicht gut gefüllt. Dann wäre es wohl am besten, sich hauptsächlich auf die Kirche zu konzentrieren und sie vor den Flammen zu schützen, schlug Delphick vor.
Brinton fuhr, gefolgt von zwei weiteren Streifenwagen aus Ashford, vor. Die Männer reihten sich unverzüglich in die Mannschaften ein, die verbissen gegen die Feuersbrunst ankämpften.
»Du hast von dem Auto gehört?« fragte Brinton.
»Ja.«
»Vielleicht konnte sie rechtzeitig rauskommen.« ’ »Wo ist sie dann?«
Brinton warf einen bedeutsamen Blick auf die
haushohen Flammen. Mehr war dazu nicht zu sagen.
Miss Seeton kam mühsam auf die Beine. Wie dumm von ihr – sie hatte doch tatsächlich vergessen, daß sie auf einem Podium stand und herunterfallen würde, wenn sie sich zu weit an den Rand wagte. Sie hätte sich leicht den Knöchel verstauchen können. Sie wirbelte zu dem Podest herum und schnappte entsetzt nach Luft. Inzwischen war es ein Flammenmeer geworden. Es war – nein, sie konnte nichts mehr tun, niemand konnte etwas tun.
»Hey!«
Die Stimme riß Miss Seeton aus ihren bekümmerten Gedanken; sie schaute sich um. Ein junger Mann, der sich sein Hemd zuknöpfte und gleichzeitig versuchte, eine Jacke anzuziehen, lief auf sie zu.
»Hey«, rief er noch einmal. »Sie sind die, der wir neulich die Tasche klauen wollten. Miss Season oder so ähnlich.«
»Seeton«, verbesserte Miss Seeton ihn automatisch.
»Sie sind doch so dicke mit den Bullen oder sind selbst so was wie eine Polizistin, hab’ ich recht?«
»Nein«, sagte Miss Seeton.
»Hören Sie«, drängte er ungeduldig, »wenn wir hier herauskommen – ich zeige Ihnen den Weg, der zur Kirche führt, und helfe Ihnen, so gut ich kann –, würden Sie dann ein gutes Wort für mich einlegen? Ich hab’ nichts mit der ganzen Sache zu tun. Ich wußte nichts von Mord und so.
Gegen die Organisation habe ich nichts, und ich finde auch nichts dabei, die Trottel um ihr Geld zu erleichtern, aber Mord … Ich schwöre, davon hatte ich keine Ahnung.
Duke und N. müssen verrückt geworden sein. Basil hätte so was nie auf eigene Faust inszeniert. Und dann rennt
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