Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Miss Seetons erster Fall

Miss Seetons erster Fall

Titel: Miss Seetons erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
Vom Netzwerk:
machen zu lassen. Schließlich war es ein naheliegender Irrtum, und offenbar fand Mrs. Venning das auch, sonst hätte sie ja nicht sofort die andere Tür aufgemacht. Aber irgendwie war es jetzt noch schwerer zu erklären, warum sie gekommen war. Wie sollte man es ausdrücken? Ach, das Beste war, einfach zu sagen, was los war. Die Tatsachen mußten für sich selber sprechen.
    »Ich bin gekommen, um mich zu entschuldigen«, sagte sie einleitend. »Das heißt, nicht, um mich direkt zu entschuldigen. jedenfalls nicht in diesem Sinne, denn ich selbst habe nichts getan, natürlich. Nur – ich war so entsetzt, als ich es hörte. Und da ich von allen Leuten am besten weiß, daß kein Wort davon wahr ist, und da ich zufällig an Ihrem Weg vorbeigekommen bin, dachte ich, es gehörte sich einfach, die Dinge sofort klarzustellen.«
    Sonia Venning sah ihre Besucherin stumm an. Schließlich murmelte sie: »Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wovon Sie sprechen.«
    »Sie sind doch Mrs. Venning?« fragte Miss Seeton leicht beunruhigt.
    »Ja.«
    Miss Seeton lächelte erleichtert. »Dann ist es gut. Wie ungeschickt von mir, das hätte ich als erstes fragen sollen. Ich verstehe durchaus, daß Sie nicht verstehen, was ich sagen will. Mir war klar, daß es so sein könnte, aber als ich darüber nachdachte, hatte ich das Gefühl, man müsse Ihnen Bescheid sagen, damit Sie es entweder ignorieren oder sich zur Wehr setzen können, wenn Sie es erfahren, und das ist ja schließlich unvermeidlich.«
    »Bitte, wovon reden Sie?«
    »Von Eiern«, sagte Miss Seeton ernst. »Es wird behauptet, Ihre Tochter hätte bei mir Eier gestohlen. Das ist unerhört.«
    Mrs. Venning blieb ruhig, ihre Stimme aber war scharf:
    »Wer behauptet das?«
    »Eine Mrs. Blaine und eine Miss Nuttel – so heißen sie, glaube ich.«
    »Dann brauchen wir uns nicht darum zu kümmern. Die behaupten alles mögliche.«
    »Aber es war in einem Bus, in aller Öffentlichkeit.«
    »Angela soll Ihre Eier in einem Bus gestohlen haben? Was für ein Quatsch. Überflüssig, darüber zu reden.«
    »Nein. Sie haben mich mißverstanden. Es ist in einem Bus behauptet worden. Jeder konnte es mit anhören. Ich wollte eigentlich protestieren, aber leider konnte ich mich nicht dazu aufraffen, in aller Öffentlichkeit eine Szene zu machen. Und da habe ich den Wegweiser zu Ihrem Haus gesehen und bin ausgestiegen und sofort hierher gekommen. Was gestern nacht wirklich passiert ist, war einfach kindisch und albern.
    Aber wegen der Schießerei und weil dann die Polizei da war, könnte die ganze Sache leicht zum Skandal werden. Und den Namen Ihrer Tochter damit in Zusammenhang zu bringen, bloß aus Klatschsucht, das ist unverzeihlich.«
    Mrs. Vennings Gesicht glich einer ausdruckslosen Maske. Sie trat zur Seite. »Ich glaube, am besten kommen Sie herein und erklären mir diese absurde Sache etwas genauer.«
    Sonia Venning versuchte, sich über ihre Besucherin ein Bild zu machen und zugleich über deren Darstellung nach zu denken. Bestimmt hatten sich die Dinge nicht so abgespielt, wie sie erzählte.
    Weniger sicher war, was an der Geschichte wahr sein mochte. Ein Dorfjunge sollte nach Mitternacht Eier stibitzt haben? Ausgeschlossen. Vorstellbar, aber unwahrscheinlich, daß er auf die Hühner selbst ausgewesen war. Unvorstellbar, daß er eine Schußwaffe bei sich gehabt hatte. Daß die Mitglieder der Familie Colvenden so prompt auf ihr jeweiliges Stichwort erschienen waren, ließ beinahe vermuten, daß sie verabredet gewesen waren. All das mußte mit der nächtlichen Polizeiaktion zusammenhängen, von der Mrs. Fratters erzählt hatte – und die bezog ihre Informationen vom Milchmann. Übrigens sollten nicht bloß ein Dorfpolizist, sondern Streifenwagen unterwegs gewesen sein, und zwar mehrere. Konnte das hier eine Falle sein? Oder sagte diese Miss Seeton die Wahrheit, soweit sie ihr bekannt war? Angela war kurz nach Mitternacht nach Hause gekommen. Und allein. Aber kein Kunststück, sich vorzustellen, wie der Dorfklatsch sie mit der Affäre in Verbindung bringen würde. Und was den Kern der Sache betraf, hatte man vermutlich recht. Die Frage war, wieweit war Angela diesmal in die Geschichte verwickelt? Und ließ es sich beweisen? Mrs. Venning kam zu dem Schluß, daß Miss Seeton im großen Ganzen aufrichtig war. Aber wie war das mit dem Glas Marmelade, das sie zu Hause vorgefunden haben wollte? Na ja, vielleicht hatte Angela es hingebracht.
    Ja, höchstwahrscheinlich stellte die alte Dame

Weitere Kostenlose Bücher