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Miss Seetons erster Fall

Miss Seetons erster Fall

Titel: Miss Seetons erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
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Seeton stockte. »Ich. ich weiß es nicht, Superintendent. Ich kann es Ihnen nicht sagen.«
    »Dann erzählen Sie mir, wie es gekommen ist, daß Sie sie kennengelernt haben. Soviel ich weiß, lebt sie beinahe wie eine Einsiedlerin?«
    »Ich habe sie besucht.«
    »Kürzlich?«
    »Ja. Heute vormittag, auf dem Rückweg. Kurz vor dem Lunch. Ich habe Äußerungen mit anhören müssen, sehr ehrenrührige, und da ich wußte, daß es ganz anders war, dachte ich, man müßte ihr Bescheid sagen. Und so habe ich ihr einen Besuch gemacht und.«
    »Und?«
    »Und.« Wieder stockte sie. Ihre Hände bewegten sich fahrig. ». das ist alles.«
    »Entschuldigen Sie, daß ich Ihnen so zusetze, aber es ist wichtig für mich, mehr von den Vennings zu erfahren. Sie wissen doch – Sie waren mit mir einer Meinung, daß wir unsere Arbeit nicht tun können, wenn man uns nichts sagt.«
    »Es ist nicht, daß ich nicht will. ich kann einfach nicht. Oh, ich könnte Ihnen natürlich sagen, daß ihr Benehmen etwas seltsam war. Und daß sie sehr grob zu mir war. Aber das wäre ganz falsch. Es wäre nicht wahr.« Wieder diese fahrigen Gesten, die gar nicht zu ihr paßten. »Nicht wirklich wahr, meine ich.«
    Delphick hatte sie aufmerksam beobachtet. Er sprang auf. »Jetzt weiß ich’s. Fangen Sie an. Nehmen Sie Papier, Ihren Zeichenblock, Bleistifte, Ölkreide. was Sie eben brauchen. Der Sergeant und ich gehen ein bißchen in den Garten, wenn Sie erlauben. Wir können uns den Hühnerstall ansehen, die Mauer, das Grundstück dahinter. Wir können auf Händen und Knien herumkriechen und uns die Hosen ruinieren. Wir können Grashalme durch die Lupe betrachten. Haben Sie Ihre Lupe bei sich, Sergeant?«
    »Nein, Sir.«
    »Macht nichts. Dann tun wir’s mit dem bloßen Auge. Hauptsache, wir sehen wie richtige Detektive aus. Und Miss Seeton bleibt hier und arbeitet schön.« Er wandte sich mit breitem Lächeln an sie. »Habe ich nicht recht? Das ist doch die Methode, mit der Sie Ihre Probleme lösen, mit der Sie herauskriegen, was mit den Leuten los ist, an die Wahrheit herankommen. Ihre Hände sagen es Ihnen, nicht wahr? Ihre Hände bringen es zu Papier, und dann können Sie es sehen. Habe ich recht?«
    Miss Seeton war äußerst verlegen. »Ich glaube, nicht. Nun ja, vielleicht. Ja. irgendwie schon. Es stimmt, ich zeichne Gegenstände. Und Leute. Ich habe immer das Gefühl, ich sollte es eigentlich nicht. Aber ich kann mich dem nicht entziehen. Es ist. es ist wie ein Zwang, wirklich. Aber es hilft. Es hilft mir, meine ich, die Dinge klarer zu sehen. Aber natürlich sind es ganz private Skizzen. Ein bißchen so wie sehr private Tagebuchblätter. Ich zeige sie nie irgend jemand.«
    »Nur uns. Wir sind Beichtväter, denken Sie daran. Wir sind Ärzte, Geistliche; wir sind das anormale Linderungsmittel für krankhafte Zustände der menschlichen Gesellschaft. Wenn ich daran denke, daß ich einmal die Begierde eines Süchtigen fast nicht erkannt hätte, weil es sich zufällig auf Papier und Bleistift richtete und nicht auf ›Schnee‹. Höchste Zeit für mich, mal auszuspannen und auf die Weide zu gehen.« Er lächelte ihr zu. »Wir lassen Sie jetzt allein. Kommen Sie, Sergeant, grasen wir.«
    Miss Seeton sah ihnen nach, als sie in den Garten hinausschlenderten. Was für ein verständnisvoller Mensch, der Superintendent. sehr tröstlich, irgendwie. Und dieser riesige junge Mann mit dem Notizbuch, der so selten etwas sagte. Beide waren sie. so zuverlässig, ja, das war es. Sie setzte sich an den Sekretär nahe am Fenster, zog eine der tiefen Schubladen auf, nahm Zeichenkarton aus der Mappe, schob die Schublade zu, klappte die Schreibplatte herunter und legte sich Bleistifte, Kohle und Radiergummi zurecht. Einige Augenblicke lang genoß sie die Luft am offenen Fenster, den Blick in den Garten und die Ruhe. Wie hübsch es hier war. Was für ein Glück sie hatte. Sie wandte sich wieder dem Zeichenblatt zu und stellte fest, daß ihre Hand wie von selbst ein Stück Kohle genommen und begonnen hatte, Linien zu zeichnen. Ziellos zuerst, dann mit zunehmender Konzentration begann sie, dem Ausdruck zu geben, was sie empfand.
    Die Hühner, die sich für die Kriminalbeamten flüchtig interessiert hatten, kümmerten sich nicht weiter um sie, da kein Futter in Sicht kam. Bob kletterte wieder über die Mauer und blieb rittlings darauf sitzen.
    »Haben Sie gehofft, hier unten was zu entdecken, Sir?«
    »Zum Beispiel ein paar Briefchen Heroin, die ihm aus der Tasche gefallen

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