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Miss Seetons erster Fall

Miss Seetons erster Fall

Titel: Miss Seetons erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
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die Dinge so dar, wie sie selbst sie sah und hatte wohl nur den Wunsch, hilfsbereit zu sein.
    Mrs. Venning stand auf. »Es war sehr liebenswürdig von Ihnen, hierher zu kommen, und ich bin Ihnen sehr dankbar. Ich weiß, wie ekelhaft das mit Dorfklatsch ist. Und im voraus Bescheid zu wissen, ist immer gut. Entschuldigen Sie, daß ich vorhin so kurzangebunden war, aber meine Haushälterin ist beim Einkaufen, und ich war mitten in der Arbeit.« Sie wies auf die Schreibmaschine und das Chaos auf dem Schreibtisch: ». und da fällt es einem schwer, sich plötzlich auf etwas anderes zu konzentrieren. Vor allem.« Sie lächelte um Entschuldigung bittend und fuhr sich mit der Hand an die Stirn: ».wenn man gerade schauderhafte Kopfschmerzen hat.«
    »Oh, das tut mir leid. Wie scheußlich für Sie«, sagte Miss Seeton mitfühlend. »Ob Sie sich nicht besser hinlegen? Aber. was für ein Zufall!« Sie machte ihre Handtasche auf und begann, darin herumzuwühlen. »Vorhin hat mir jemand etwas gegen Kopfschmerzen gegeben. Ich brauche es wahrscheinlich nicht, denn ich bin nicht sehr für Medikamente oder Drogen.«
    »Warum nicht? Wer ist nicht für Drogen?«
    Beide Frauen drehten sich um, als sie die Frage hörten. Mrs. Venning ging schnell zur Tür.
    »Angela, was machst du hier unten? Geh wieder in dein Zimmer.«
    »Ach, sei doch nicht so stur. Was ist los? Wer ist die alte Dame?«
    »Widersprich mir nicht. Geh sofort in dein Zimmer. Dir geht es nicht gut. Du weißt doch, wie übel dir heute nacht war. Geh wieder ins Bett und bleib liegen, wie ich dir gesagt habe, sonst wirst du mir noch ernstlich krank. Also bitte tu, was ich dir sage.« Widerwillig ging das junge Mädchen die Treppe hinauf. Eine Tür knallte. Mrs. Venning zwang sich zu einem Lächeln. »Entschuldigen Sie.«
    »Aber ich bitte Sie«, sagte Miss Seeton verständnisvoll. »Ich muß mich entschuldigen. So beunruhigend für Sie. Und die jungen Leute – so ungeduldig. Immer glauben sie, daß sie alles am besten wissen.« Aus ihrer Handtasche zog sie das Tablettenröhrchen. »Da hab’ ich es ja. Bitte, für Ihre Kopfschmerzen.«
    Das Lächeln auf Sonia Vennings Gesicht gefror. Sie stieß ein häßliches, schrilles Lachen aus. Miss Seeton zuckte zurück. Mrs. Venning ging rasch auf sie zu und schlug ihr das Röhrchen aus der Hand.
    »Raus!« zischte sie. »Raus, Sie verlogene, gemeine Spionin. Raus! Wenn Sie Geld wollen, versuchen Sie es woanders. Diesmal haben Sie einen Fehler gemacht. Raus. Sofort raus!«
     
    Das Mittagessen in Rytham Hall, zu dem Miss Seeton zu spät kam, da sie entweder die Entfernung oder ihr Marschtempo falsch eingeschätzt hatte, verlief nicht besonders erfolgreich. Gegenüber einem geistesabwesenden Gast, einem mürrischen Sohn, der an andere Dinge zu denken schien, und einem Ehemann, der noch nie ein brillanter Gesprächspartner gewesen war, verebbten Lady Colvendens Bemühungen, die Tischrunde zu heiterem Plaudern zu bewegen, und so beendete man die Mahlzeit schweigend.
    Nach Tisch sagte Miss Seeton, daß sie in ihr Häuschen zurückkehren wolle. Superintendent Delphick, der in diesem Augenblick mit Sergeant Ranger eintraf, um ihr seine Fragen zu stellen, unterstützte die Proteste der Familie Colvenden in der Hoffnung, sie zum Dableiben zu überreden, doch sie ließ sich nicht umstimmen. Sie sei sehr dankbar, in der letzten Nacht hier Unterschlupf gefunden zu haben, aber jetzt bestehe kein Grund mehr, länger zu stören. Und sie habe sich, schlicht gesagt, in ihr Häuschen verliebt und wolle heim. So fuhren Delphick und Bob Ranger sie hinüber, um dort mit ihr zu reden.
    Miss Seeton und der Superintendent hatten sich behaglich rechts und links vom Kamin niedergelassen, und der Sergeant nahm mit seinem unvermeidlichen Notizbuch an einem Tisch neben dem Fenster Platz, das auf die Dorfstraße blickte.
    »Dann müssen wir uns also damit abfinden, daß diesmal zwar der Ton funktionierte, aber das Bild nicht. Oder vielmehr: daß das Bild nur hin und wieder aufflimmerte.«
    Miss Seeton lächelte. »Leider ja, Superintendent. Aber ich fürchte, Sie irren sich, wenn Sie glauben, es sei derselbe Mann gewesen wie der in London. Der hier war englisch bis ins Mark.«
    »Lebels Eltern waren vermutlich Franzosen, aber er selbst ist in London geboren und aufgewachsen – er hat keinen fremdländischen Akzent. Wie hat die Stimme geklungen?«
    Sie dachte nach. »Nein, leider kann ich Ihnen nicht helfen. Es war eben eine Stimme. Sehr gewöhnlich. Nicht

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