Miss Winbolt ist schockiert
klar, was er damit sagen wollte, und sie beschloss, ihm Einhalt zu gebieten. „Mein Bruder und meine Schwägerin hätten Sie sicherlich herzlich empfangen, Sir William“, erklärte sie förmlich.
„Und Sie?“
Sie lächelte ihn unsicher an. „Nun, ich war zu diesem Zeitpunkt bei meinem Großvater in London.“
„Das überrascht mich“, bemerkte er.
„Wieso?“, fragte Emily kampflustig.
„Weil … weil London in dieser Jahreszeit immer so überfüllt ist. Es war doch Mitte Juni, oder?“
„Nein, Mitte Mai.“
„Oh ja, stimmt. Aber woher wussten Sie das?“
„Warum sollte ich nicht wissen, wann ich meinen Großvater besucht habe, Sir William?“
„Das schon, aber woher wussten Sie, dass ich im Mai hier gewesen bin?“
Sie erreichten das Gartentor am Ende der Allee.
„Meine Schwägerin wundert sich sicher schon, wo wir bleiben“, sagte sie und eilte durch das Tor und am Eingang zum Irrgarten vorbei. Er folgte ihr und hielt sie fest.
„Miss Winbolt! Hier geht es doch in das berühmte Labyrinth. Sie haben gewiss nicht vergessen, dass Mrs. Winbolt unbedingt wollte, dass ich es sehe. Bestimmt wäre sie enttäuscht, wenn ich mich nicht einmal hineinwagen würde. Kommen Sie?“
„Aber, ich …“ Emily wurde in den Irrgarten geführt, wo sie bald von hohen Heckenwänden umgeben waren. Wenn Sir William denkt, ich wandle jetzt mit ihm durch das Labyrinth, irrt er sich, dachte sie verärgert. Sie kannte den Irrgarten in- und auswendig und beabsichtigte, ihren Begleiter so schnell wie möglich abzuhängen. Ohne Vorwarnung bog sie zweimal nach rechts ab und lief dann nach links. Außer Atem blieb sie stehen und schaute sich um. Er war nirgends zu sehen. Zufrieden bog sie um die Ecke, um das Labyrinth zu verlassen. Doch dort saß Sir William auf einer Bank.
„Hier sind Sie also!“, rief er freundlich. „Wo waren Sie denn? Ich habe schon auf Sie gewartet.“ Er klopfte auf den Platz neben sich, und Emily, die weiche Knie bekommen hatte, setzte sich notgedrungen. „Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, natürlich. Woher Sie wussten, dass ich im Mai in Stoke Shearings war. Ich glaube, ich kann es erraten. Die Leute im Gasthof müssen es Will Darby erzählt haben, und er hat es Ihnen berichtet.“
Emily starrte ihn verständnislos an. „Ja natürlich, so muss es gewesen sein.“
„Das ist ein komischer Zufall.“
„Was denn?“, fragte Emily.
„Dass er und ich denselben Namen haben – obwohl man mich normalerweise William nennt. Nur in Ausnahmefällen werde ich Will genannt.“ Er machte eine Pause. „Nur in sehr besonderen, ja fast intimen Ausnahmefällen.“
Hastig erhob Emily sich. „Sicherlich überlegen die anderen schon, wo wir bleiben.“
„Sie wissen, wo wir sind“, versicherte er. Er zog sie wieder auf die Bank zurück. „Wir sollten uns noch ein Weilchen unterhalten.“
„Aber ich möchte nicht mehr mit Ihnen sprechen“, entgegnete Emily verzweifelt.
„Doch“, widersprach Sir William sanft. „Ich denke, das sollten Sie.“
„Was meinen Sie damit, Sir?“
„Kommen Sie, Miss Winbolt. Ich bewundere Ihre Selbstbeherrschung, obwohl Sie wissen, dass Sie es nicht länger verbergen können. Warum geben Sie es nicht einfach zu?“
„Was soll ich zugeben?“
„Das wissen Sie nur zu gut. Warum packen Sie unseren berühmten Stier nicht bei den Hörnern und fragen mich, ob ich Sie erkannt habe?“
„Mich erkannt? Was meinen Sie?“, erwiderte sie trotzig. „Ich erinnere mich nicht, Ihnen jemals vor dem Ball bei Lady Langley begegnet zu sein.“
„Es überrascht mich, dass Sie unser erstes Zusammentreffen vergessen haben. Ich fand die Begegnung unvergesslich. Diese langen Beine, die so verführerisch von der Eiche baumelten, Ihre wundervolle Erwiderung meiner Küsse …“
„Hören Sie auf!“, schrie Emily. Sie sprang auf und hielt sich die Ohren zu. Bevor sie fortrennen konnte, hielt er sie zurück.
„Geben Sie es zu“, forderte er sanft.
„Nun gut!“, gab sie verzweifelt nach. „Ich gebe es zu. Sind Sie jetzt zufrieden? Und was haben Sie nun vor, nachdem ich gestanden habe? Es muss eine große Befriedigung für Sie sein, zu wissen, dass Sie mich mit wenigen Sätzen ruinieren können. Was für eine Geschichte für all die Lästermäuler.“
„Keine Sorge, Miss Winbolt. Ich werde unser Geheimnis für mich behalten.“
Sie blickte ihn misstrauisch an, doch seine blauen Augen wirkten ernst. Sie flüsterte: „Wie kann ich Ihnen vertrauen?“
„Sie können
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