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Miss Winbolt ist schockiert

Miss Winbolt ist schockiert

Titel: Miss Winbolt ist schockiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Andrew
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begib dich dort nicht ohne Begleitung hin, wenigstens nicht, bevor Ashenden zurück ist.“ Er lächelte sie an. „Jetzt schau nicht so verzagt drein, es dauert ja nicht mehr lang.“
    Von weiteren Besuchen in Charlwood abgehalten, spazierte Emily wieder einmal traurig durch den Garten von Shearings. Doch als sie zum Haus zurückkehrte, erkannte sie am Ende des Wegs eine vertraute Gestalt.
    Alle Zweifel, die sie bezüglich ihrer Gefühle für William Ashenden gehabt hatte, verschwanden in dem Moment, als sie ihn wiedersah. Ihr Herz machte vor Freude einen Sprung. Er kam auf sie zu, und am liebsten wäre sie ihm entgegengelaufen, um sich in seine Arme zu werfen.
    „Emily“, begrüßte er sie und kniff lächelnd die Augen zusammen. Er nahm ihre Hände in die seinen und wiederholte mit seiner tiefen, sanften Stimme: „Emily.“ Es klang wie eine Liebeserklärung.
    Sie wurde so von Gefühlen überwältigt, dass sie zunächst überhaupt keine Worte fand. Schließlich sagte sie nur: „Du bist zurück.“
    Er grinste und erwiderte dann ernst: „Ja, ich glaube, ich bin zurück.“
    Er macht sich über mich lustig! Emily riss sich zusammen. „Hattest du eine gute Reise?“, erkundigte sie sich kühl und entzog sich ihm.
    William schüttelte den Kopf und ergriff erneut ihre Hände. „Nein, nein, das reicht nicht, Emily. Das ist ein zu frostiger Empfang. Mir gegenüber musst du nicht wie Miss Winbolt reden. Du solltest lieber sagen: ‚Ich freue mich so, dich zu sehen. Ich habe dich so vermisst …‘ Etwas in der Art.“ Er umschloss sie mit seinen Armen und fragte zärtlich: „Oder soll ich es zuerst aussprechen? Ich habe dich vermisst, Emily, furchtbar vermisst, und zwar jeden einzelnen Tag.“
    Obwohl ein Glücksgefühl sie erfüllte, erwiderte sie ruhig: „Ich habe dich ebenfalls vermisst. Es gibt so viel zu bereden.“ Erneut schüttelte er den Kopf, als wollte er gegen ihren sachlichen Ton protestieren. „Wie geht es den Kindern nach der langen Reise?“, erkundigte sie sich. „Wann seid ihr in Thirle angekommen?“
    „Gestern. Ich wollte ihnen erst einmal einen Tag zur Eingewöhnung geben, bevor ich sie mit den Deardons allein ließ, um dich zu sehen. Du wirst sie bald kennenlernen. Lady Deardon würde sich freuen, wenn du morgen zu Besuch kämest.“
    „Das ist sehr freundlich von ihr. Ich bin gespannt, die Kinder zu begrüßen, auch wenn ich zugegebenermaßen ein wenig nervös bin.“
    „Dazu besteht kein Anlass.“ Williams Stimme verlor nur selten ihren ironischen Unterton, doch jetzt klang sie ernst. „Es sind zwei unglückliche Kinder, Emily. Alles, was ihnen vertraut war, haben sie in Jamaika zurückgelassen. Noch vor ein paar Jahren hatten sie liebende Eltern und ein gemütliches Zuhause. Alles haben sie verloren. Nach Monaten der Unsicherheit hat man sie nach England gebracht und sie einem Onkel übergeben, an den sie sich kaum erinnern können. Sie brauchen Geborgenheit, und genau das möchte ich ihnen geben.“
    „Sie benötigen mehr als das“, räumte Emily sofort ein.
    „Liebe? Ja, das möchte ich von dir bekommen.“ Emily sah ihm in die Augen, aber er fuhr fort: „Liebe für die Kinder.“
    „Natürlich“, erwiderte sie, wobei ihm ihr enttäuschter Unterton entging.
    Am nächsten Tag fuhr Emily ohne Rosa und Philip nach Thirle. Sie hatten beschlossen, die jungen Ashendens besser nicht mit zu vielen Fremden zu überfordern.
    William hatte offenkundig bereits nach ihr Ausschau gehalten, denn er wartete vor der Tür, als ihre Kutsche anhielt. Lächelnd half er ihr vom Sitz. Die Kinder standen nah beieinander am Eingang. Der Junge hatte seinen Arm schützend um die Schultern des kleinen Mädchens gelegt. Aus großen Augen schauten sie ängstlich Emily an, die zu ihnen trat. William sagte: „Ich möchte dir James und Laura Ashenden vorstellen.“
    Emily lächelte und streckte ihnen eine Hand entgegen. Nach kurzem Zögern trat James vor und fragte keck: „Sind Sie die Freundin meines Onkels?“
    Etwas verlegen nickte Emily und antwortete: „Ich glaube ja.“
    Laura wagte sich näher. „Werden wir wirklich auf eine Schule fortgeschickt?“, flüsterte sie.
    Emily schaute hilflos zu William hinüber, doch er schwieg, als wollte er ihr die Entscheidung überlassen. Sie sah die Kinder an, die sich fest an den Händen hielten. Der Junge wirkte, als ob er bereit wäre, gegen die ganze Welt zu kämpfen. Angriffslustig hatte er die Unterlippe vorgeschoben. Der Mund seiner kleinen Schwester

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