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Miss Winbolt ist schockiert

Miss Winbolt ist schockiert

Titel: Miss Winbolt ist schockiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Andrew
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bebte, ihre großen Augen, die so blau waren wie Williams, starrten Emily voll Furcht an. Ihr Herz schmolz dahin, als sie bemerkte, dass das Kind zitterte. Sie kniete nieder und zog Laura an sich. „Wer hat dir das denn erzählt?“, fragte sie. „Ich weiß ganz sicher, dass dein Onkel für dich ein sehr schönes Zimmer im Witwenhaus eingerichtet hat. Und natürlich gibt es auch eins für James. Würdet ihr denn lieber auf eine Schule gehen?“
    Ein befreites Lächeln zeigte sich auf dem Gesicht der Kleinen. Während sie energisch den schwarzen Lockenkopf schüttelte, antwortete sie: „Nein, das will ich nicht. James auch nicht. Aber sie hat gesagt …“
    „Wer denn, Laura?“, erkundigte sich William. „Wer ist ‚sie‘?“
    James antwortete ihm. „Dolores, die Zofe von Mrs. Warburton. Sie meinte, wir wären ungezogen, und dass unser Onkel sich nicht mit uns herumärgern wolle. Sie sagte, du würdest uns auf Internatsschulen schicken, und wir würden einander niemals wiedersehen.“
    „Dann hat die Dame in diesem Haus gesagt, Sie wären Onkel Williams Freundin, und ich dachte …“ Laura zögerte.
    „Was hast du gedacht, Laura?“
    „Ich dachte, dass Sie ihn vielleicht bitten können, uns nicht fortzuschicken, weil Leute doch Freunden manchmal einen Gefallen tun, oder nicht?“
    „Ja, das stimmt. In diesem Fall muss ich ihn allerdings nicht einmal bitten, denn er will ohnehin, dass ihr mit ihm zusammenlebt. Egal, was diese Frau gesagt hat, hier in England werdet ihr nicht ungezogen sein. In Charlwood gibt es so viel zu erleben, dass ihr dazu gar keine Zeit finden werdet.“
    Jetzt begann auch James zu lächeln. Emily bemerkte, dass die Kinder froren, und hielt ihnen ihre Hände entgegen. „Lasst uns hineingehen. Vermutlich kommt es euch nach den Westindischen Inseln hier ein bisschen kühl vor.“
    Laura ergriff sofort Emilys Finger, aber James blickte sich erst nach seinem Onkel um. „Du kommst doch auch mit?“
    Fröhlich versicherte William: „Natürlich, mein Junge. Lasst uns alle hineingehen.“
    Die Kinder übernachteten zunächst bei Lady Deardon, verbrachten jedoch viel Zeit mit William in Charlwood. Emily gesellte sich häufig zu ihnen, und nach kurzer Zeit gingen sie völlig ungezwungen mit ihr um. Während William die Fortschritte unter die Lupe nahm, die seine Arbeiter machten, oder Pläne mit dem Architekten besprach, rannten die Kinder unter Emilys Aufsicht lachend und schreiend durch den Garten. An kühleren Tagen spielten sie in den bereits gesicherten Räumen des Hauses Verstecken. Besonders liebten die Kinder es, auf Schatzsuche zu gehen. Sie brachten Emily zahlreiche Fundstücke, die von den früheren Bewohnern hinterlassen worden waren – von einer alten Haarnadel bis hin zu einem Gehstock mit Silbergriff. Auf einen Fund war James besonders stolz. Er fragte Emily, ob er ihn behalten dürfe, um ihn an der Wand über seinem Bett aufzuhängen.
    „Was ist es denn, James? Zeig es mir mal!“
    James brachte ihr ein kleines Gemälde, und als sie es entstaubt hatten, erkannten sie, dass es ein Bild des Gartens war. Freudig rief Emily aus: „Schau! Dort ist der Brunnen zu sehen! Es sieht genauso aus, wie ich es mir vorgestellt habe. Wir können alles anhand des Bildes wieder restaurieren! Du bist ein kluger Junge, James.“
    Durch diese Entdeckung ermutigt, verdoppelte sich der Schatzsuchereifer der Kinder, doch sie fanden nichts Vergleichbares mehr.
    Der geheimnisvolle Mr. Kavanagh tauchte nicht wieder auf, und als sich Emily bei William nach seinem Schulfreund erkundigte, versicherte er, niemanden dieses Namens zu kennen. Außerdem hatte er keinem den Auftrag erteilt, nach der Brunnenanlage zu sehen. Er untersuchte das aufgerissene Erdreich rund um den Brunnen, wobei James und Laura ihm neugierig zuschauten, da sie überzeugt davon waren, dass dort nach einem vergrabenen Schatz gesucht worden war. Die Kinder schaufelten sogar noch mehr Erde beiseite, aber die einzigen Ergebnisse waren zwei sehr schmutzige Kinder und ein größerer Haufen mit Erdreich. Sonst war nichts zu entdecken, und die ganze Angelegenheit blieb rätselhaft.
    William stellte zusätzliche Männer aus der Gegend ein, um die Pläne für den Garten umzusetzen. Der viele Betrieb auf dem Gelände sollte es Eindringlingen zumindest tagsüber unmöglich machen, unbeobachtet zu bleiben.
    Sehr rasch schien Emily für alle zur Familie Ashenden zu gehören, und wann immer William nach London reisen musste, brachte er die

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