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Miss Winbolt ist schockiert

Miss Winbolt ist schockiert

Titel: Miss Winbolt ist schockiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Andrew
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Sie wusste nicht, ob er ihre Antwort gehört hatte.
    „Guten Morgen, Emily“, begrüßte er sie höflich. „Ich hoffe, du hast dich von der Reise erholen können.“
    Verlegen antwortete sie: „Ich fühle mich wieder ausgeruht, und … und ich hoffe, du hast dich ebenfalls erholen können.“
    Sein vergnügter Blick überzeugte sie davon, dass er das Gespräch mit ihrem Großvater mitbekommen hatte. Erhobenen Hauptes ging sie aus dem Haus.
    In der Kutsche zeigte Emily ihm die Bewerbungen, die in der Arlington Street für sie abgegeben worden waren. Die beiden Agenturen lagen nicht weit entfernt.
    „Danke“, sagte Emily, als William ihr aus der Kutsche half. „Ich weiß, dass du viel zu tun hast. Es ist nicht nötig, dass du …“
    „Spar dir deine Worte, Emily.“ Er lächelte sie an. „Die Nonnentracht ist sehr kleidsam. Ein Quäkermädchen mit Stil. Kein Gentleman mit Geschmack könnte da widerstehen. Sogar ich fühle mich zu dir hingezogen.“
    Trocken erwiderte sie: „Bitte vergeude keine Zeit mit leeren Komplimenten. Wir wissen beide, dass ein unansehnliches Mädchen wie ich keine Lobhudeleien verdient.“
    „Ist es nicht Zeit, dass du deinen Groll vergisst?“, fragte er ernst. Dann zuckte er mit den Schultern und sagte: „Ich werde dich dennoch begleiten, zumal ich gern bei der Auswahl der Gouvernante ein Wörtchen mitreden würde.“
    „Du sagtest doch …“
    „Ich habe es mir anders überlegt. Und nun los!“
    Sie sprachen mit zwei Bewerberinnen in der ersten und drei weiteren in der zweiten Agentur, doch keine fand Emilys Zustimmung. Die eine war ihr zu jung, die andere zu alt, zwei genügten den Anforderungen nicht, und die letzte war ihr zu fantasielos.
    Als er ihr später in die Kutsche half, bemerkte William: „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, du willst gar keine Gouvernante finden. Es wirkt, als ob du die Kinder lieber selbst unterrichtetest.“
    „Das ist nicht wahr! Ich könnte das nicht, sogar dann nicht, wenn … wenn … alles anders wäre …“
    „Du meinst, wenn wir beide heiraten würden?“
    „Ja, sogar dann bräuchten die Kinder einen Lehrer oder eine Gouvernante. Aber die bisherigen Bewerberinnen waren nicht das, was mir für James und Laura vorschwebt. Sie wirkten überaus langweilig. Die Kinder sind so lebhaft und noch so klein …“
    „Jüngere Kinder als James und Laura werden von einer Gouvernante betreut. Einige werden sogar schon auf ein Internat geschickt.“
    „William, das würdest du nicht tun!“ Erschrocken blickte Emily ihn an.
    „Da ich ihnen versprochen habe, dass sie bei uns bleiben, bleiben sie bei uns, egal wie schwierig es wird. Ich halte meine Versprechen.“
    Schweigend fuhren sie zurück.
    Beim Dinner erfuhr Emily mehr über William als je zuvor. Bis dahin hatten sich ihre Gespräche überwiegend um Charlwood, um die Kinder und um ihre Zukunftspläne gedreht. Ebenso fasziniert wie Lord Winbolt lauschte sie nun Williams Schilderungen über sein Leben in der Karibik und in Südamerika. Er war ausgesprochen unterhaltsam, versuchte jedoch nie, das Gespräch zu lange zu dominieren, und erkundigte sich angelegentlich bei seinem Gastgeber nach dem Leben in der Hauptstadt. Schließlich wollte Lord Winbolt wissen, ob er schon etwas Wichtiges herausgefunden habe.
    „Ich denke ja. Sagt Ihnen der Name Valleron etwas, Sir? Kann es sich um einen Partner von Kidman handeln?“
    „Nein, da liegen Sie ganz falsch! Der Marquis de Valleron war ein französischer Aristokrat, ein Emigrant und der Besitzer einer bedeutenden Sammlung von Juwelen und antiken Goldmünzen. Diese Sammlung spielte in der Geschichte der Familie Valleron eine große Rolle – einige Stücke gehen bis auf die Zeit Karls des Großen zurück. Doch die Kostbarkeiten, die mindestens 70.000 Pfund wert sind, wurden vor drei oder vier Jahren gestohlen, und seitdem sind sie nicht wieder aufgetaucht. Ich nehme an, dass Sie sich zu dem Zeitpunkt in Übersee aufgehalten haben, sonst würden Sie sich bestimmt an das ungeheuerliche Verbrechen erinnern, das für so viel Aufregung gesorgt hat.“
    „Wie wurde die Sammlung denn gestohlen?“, fragte Emily.
    „Der Marquis reiste gerade von London nach Bath, als seine Kutsche von einer bewaffneten Bande überfallen wurde. Der Kutscher und die beiden Wächter wurden erschossen, und der Marquis trug eine schwere Verletzung davon. Die Diebe entkamen, aber einer von ihnen wurde später erstochen in einem Gebüsch eine halbe Meile vom Ort

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