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Miss Wyoming

Miss Wyoming

Titel: Miss Wyoming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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ihr ein Flugticket zu bezahlen oder für einen Tag eine Maschine zu chartern. Eher würde er einen Monat lang Ketchup-Suppe essen, als auf einen Helikopter verzichten, um mit einer Lady auf einen Sprung nach Connecticut zu fliegen. Am einfachsten reserviert man das Flugzeug selbst und lässt ihn bei der Ankunft bezahlen.« Das war kein Zynismus - solche Dinge hatte sie auf den Knien ihrer Mutter gelernt.
    Die Verwandten behandelten John mit etwas mehr Wohlwollen, als sie Doris entgegenbrachten, schließlich neigen Familien häufig dazu, hinsichtlich ihrer Zuneigungsbekundungen eine Generation auszulassen, und John war ein hübscher, umgänglicher, wenn auch stiller Junge. Da er so viel Zeit im Bett verbrachte, nahm er tagsüber ungewöhnliche Mengen Fernsehsendungen in sich auf - weit mehr als der typische amerikanische Teenager, der sich nur sporadisch Serien wie Love of Life oder The Young and the Restless anschaute. John verschlang einfach alles. Das Fernsehen verlieh ihm einen Wortschatz und einen Anstrich von Kultiviertheit, der anderen seines Alters fehlte. Verwandte brachten ihm Geschenke und steckten ihm Umschläge mit Geld zu. Solange sie anwesend waren, zeigte John sich dankbar, doch sobald sie gegangen waren, übergab er das Geld Doris. Sie hortete es in dem wahnwitzig teuren Vuitton-Koffer über ihrer Kollektion von Op-und Pop-Outfits, die im Laufe der Jahrzehnte ihr Empfinden zu beeinflussen begannen.
    Doris gefielen Künstlertypen. Sie mochte Männer, die in Bildern lebten. Und diese neigten anfangs dazu, sie zu mögen, solange sie glaubten, Doris' Geld könnte sie aus der Welt der Bilder erlösen, doch es dauerte meistens nicht länger als ein Vierteljahr, bis sie herausfanden, dass Doris nicht in der Maria-Agnelli-Liga spielte, und ihr elegant den Laufpass gaben. Doris war sich dieses Teufelskreises durchaus bewusst, aber dieses Wissen verhärtete sie ebenso wenig, wie die Figuren in Seifenopern durch die Schicksalsschläge Schaden nehmen, die sie Folge für Folge erleiden.
    Doris erzählte John viel von der Familie, dem Ursprung ihres Reichtums und ihrer Rolle im Weltgeschehen. John kniff dann die Augen zusammen und versuchte sich die Lodge Corporation vorzustellen, und für einen kurzen Moment hatte er die Vision eines riesigen kranken Tieres - eines Pottwals, dessen sämtliche Zellen von einem Virus befallen und dem Tode geweiht waren.
    »Schatz, alles, was mit der Lodge Corporation zu tun hat, ist ein Angriff auf die Gesundheit! Lodge-Lebensmittel haben keinen Nährwert und verderben rasch. Kinder, die mit Lodge-Babynahrung aufgezogen wurden, werden bald krank und sterben. Lodge-Elektrogeräte verursachen Kurzschlüsse und geben so schnell den Geist auf wie Drosseln, die gegen ein Panoramafenster fliegen. Abertausende von Lodge-Fabrikarbeitern bekommen ein Lungenemphysem, weil sie Lösungsmittel einatmen, die für die Herstellung von Lodge-Schuhen verwendet werden, welche, wie ich hinzufügen möchte, ihren Träger unweigerlich zu einem lahmenden, fußpilzanfälligen, unmodischen Spießer machen. Die Dienstleistungsbetriebe des Lodge-Konzerns bieten unglaublich schlampigen Service zu total überhöhten Preisen, damit die ungeheuren Kosten gedeckt werden können, die durch Gewerkschaftsbestechungsgelder, Drogen, Luchsmäntel und Bahamas-Urlaube für die Managerfrauen entstehen. Lodge lastet wie ein ekelerregender Kropf auf der Gesellschaft, der stumm an ihr zehrt.« John hakte nach: »Was stellt Lodge denn eigentlich her, Ma?« 
    »Frag lieber, was sie nicht herstellen, Schatz. Lodge macht alles. Denen ist nichts heilig: Ob Zigaretten für Kinder, Güterwaggons für den Holocaust, Molkereiprodukte, die mit bereits abgelaufenem Verfallsdatum das Licht der Welt erblicken, Parkplätze für Vatikan-Stadt - ein Anruf bei Lodge genügt. Jedes Mal, wenn in Amerika jemand weint oder stirbt, kassiert Lodge dabei ab. Tja, Schatz, das ist Lodge.« Mit vierzehn Jahren bekam John Atemprobleme und brachte mit geringfügigen Unterbrechungen ein Jahr im Bett zu, damit seine Lungen und Bronchien wieder gesund wurden. Er sah fern, las, schwatzte mit Doris - er hatte keine Freunde, und seine zahlreichen Cousins wurden offensichtlich von ihm fern gehalten. Nachhilfelehrer kamen ins Haus und hielten ihn einigermaßen auf dem Laufenden. Er war nicht dumm, aber er war auch kein Genie. Ihm gefiel seine Welt, und ihre Grenzen störten ihn nicht.
    Er fragte sich allerdings, wie er all das nachholen sollte, was er in seinem

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