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Missbraucht

Missbraucht

Titel: Missbraucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Berk
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unangenehm darüber zu sprechen, aber er hatte sich inzwischen damit abgefunden, dass das Thema aktuell sein würde. Die Zeit von Thomas war abgelaufen. Er saß quasi schon auf seinen Koffern, am 29. sollte er nach Dessau umziehen und Baumel brauchte einen neuen Lustknaben. Sie hatten schon seit zwei Monaten dieses Gespräch auf der Agenda, aber den Doktor hegten letzte Gewissensbisse. Warum gerade den Kleinen? Mathae hatte genug hinter sich und Friedhelm Heb redete sich tatsächlich eine Art Absolution ein, wenn er es schaffen würde, den Jungen, vor den sexuellen Übergriffen seines Freundes zu schützen. Aus diesem Grund hatte er Baumel zwei weitere Vorschläge unterbreitet, die dessen optischen Ansprüchen gerecht wurden. Zum einen handelte es sich um Lars Wenzel, einen zwölfjährigen Jungen aus dem Ruhrgebiet und der andere Kandidat war Dieter Heinzmann aus dem Oberbayrischen. Dieter hatte von allen Jungen im Heim, die größten Entwicklungsdefizite und war wohl daher eine leichte Beute für den honorigen Geschäftsmann. Lars hingegen legte augenscheinliche Charakterschwächen an den Tag, die den Doktor vermuten ließen, dass dem Burschen Baumels Großzügigkeit die Hemmungen nehmen würde.
    Friedhelm Heb spielte das menschenverachtende Spiel mit den beiden Jungen, um Mathae zu schützen. Sollte Frank Baumel sich auf einen seiner Vorschläge einlassen, hätte er den kleinen rumänischen Jungen, vor diesem Monster gerettet, so die abwegigen Gedanken des "ach so mitfühlenden" Pädagogen. An diesem Umstand wusch sich Heb die Hände bis auf ein erträgliches Maß rein.
    Aber Baumel bestand auf Mathae. Er hatte sich in das zarte Bürschen verliebt und konnte es nicht mehr abwarten, ihn zu besitzen.
    "Was hat die Psychologin geschrieben über den Kleinen?, fragte er.
    Der Doktor druckste zuerst etwas herum, um dann doch mit der Sprache herauszurücken:
    "Sie glaubt, dass davon auszugehen sei, dass die Kinder in Rumänien über einen längeren Zeitraum sexuell missbraucht worden seien. Alle Anzeichen sprechen dafür. Sie meint, deshalb soll man sehr sensibel mit den beiden umgehen." Der Doktor hoffte auf ein Einsehen und ein damit verbundenes Einlenken seines Gegenübers. Er versuchte Baumel mit der Mitleidschiene zu beeindrucken. Aber diese Aussagen bewirkten genau das Gegenteil. Einerseits, erregte Baumel der Gedanke an Mathaes angebliche sexuelle Erfahrungen und andererseits empfand er bei Hebs Ausführung ein solches Mitleid, dass er den Jungen am liebsten auf der Stelle ganz nah an sich gedrückt hätte. Um dem Jungen die Aufmerksamkeit und Liebe zu geben, die ihm zu standen, musste er sich unbedingt seiner annehmen.
    Es war verrückt, zwei kranke Hirne zusammen an einem Tisch, die bei einem italienischen Essen um die Unversehrtheit eines Kindes schacherten. Hier Dr. Heb, der glaubte, dass zwei andere Jungs weniger wert seien, als Mathae und dort Frank Baumel, der der festen Überzeugung war, dass nur seine "Liebe" dem Jungen eine glücklichere Zukunft bescheren konnte.
    Es war schließlich Baumel, der als Sieger aus dieser perversen Verhandlungsrunde hervor ging.
    "Nein Friedhelm, ich möchte Mathae. Ich kann diese kleine, hübsche Kreatur für all seine Entbehrungen entschädigen, Friedhelm. Du musst den Jungen nur überzeugen, wie gut er es bei mir hat," sagte Baumel in verliebter Tonlage und legte sich fest. Der Doktor hatte das Gefühl sich übergeben zu müssen. In diesem Moment wurde ihm bewusst, wie pervertiert sein Freund inzwischen war und was er selbst, mit seinem Schweigen und vor allen Dingen, mit seiner Unterstützung anrichtete. Er musste sich heimlich die Niederlage eingestehen.
    "Gut Frank, nächste Woche bringt ihn Uwe vorbei, damit ihr euch..äh.. kennenlernen könnt."
    Frank Baumel fiel das Stocken in Hebs Stimme auf, aber die Vorfreude auf Mathae und die Gewissheit seinen Willen durchgesetzt zu haben, ließ ihn die Respektlosigkeit ihm gegenüber, geflissentlich übersehen. Das bedeutete allerdings nicht, dass sie vergessen war.
    "Na siehst du Friedhelm, wir werden einen Termin finden, da bin ich sicher. Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann", sagte Baumel mit einem zufriedenen Grinsen. "Übrigens habe ich vor, dem Jugendheim einen Beamer und eine Leinwand zu spenden, was hältst du davon?"
    "Eine sehr gute Idee, Frank."
    Sichtlich zufrieden genoss Baumel seine Tintenfischringe.

    *

19.06.1994
    Martina Heb war durchaus das, was man eine attraktive Frau nennen würde. Sie hatte

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