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Missgeburt

Missgeburt

Titel: Missgeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William C. Gordon
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Fahrzeit von vier bis fünf Stunden zu rechnen. Dann ging er Octavios und Ramiros Akten holen und kopierte sie für Samuel.
    Der Reporter bedankte sich und verstaute die Kopien in seiner Tasche. Der Grenzpolizist klopfte ihm zum Abschied aufmunternd auf die Schulter. »Dann mal viel Erfolg bei Ihren Nachforschungen,
Mr. Hamilton. Es dürfte zumindest ein gewisser Trost für die Angehörigen sein, wenn sie erfahren, was aus ihren Kindern geworden ist.«
    Samuel nickte und schüttelte dem Grenzpolizisten die Hand. Dabei fragte er sich insgeheim, wie lange sich wohl ein Mensch wie Cameron bei der Border Patrol halten könnte.
    Fünf Stunden nach der Abfahrt aus Nogales überquerte Samuel die Grenze nach Sonoita. Vom Busbahnhof fuhr er sofort in das Krankenhaus in der Calle Augustín de Iturbíde, in dem Octavio nach dem Unfall behandelt worden war. Unter der angegebenen Adresse fand er jedoch nicht, was er erwartet hatte. Auf einem großen Schild über dem Eingang des Gebäudes stand Fabrica de Tortillas Ana Maria . Der blaue Grund und die weißen Buchstaben waren schon so verblichen und verschlissen, dass an vielen Stellen das Metall durchschien, und das Schild sah aus, als genügte schon der leiseste Windstoß, um es aus seiner Halterung zu reißen.
    Samuel parkte seinen Leihwagen am Straßenrand und stieg aus. Einen Gehsteig gab es nicht, nur rötlichen sandigen Wüstenboden. Die Tür des Gebäudes war abgeschlossen, und auch auf sein mehrfaches Klopfen hin kam niemand öffnen. Es war bereits nach neunzehn Uhr.
    Er ging in das kleine Restaurant neben der Fabrik. Zwei der fünf bunt gestrichenen Tische, wahllos über den nackten Betonboden des Lokals verteilt, waren besetzt. An einem saßen drei Männer in Arbeitskleidung, am anderen ein Paar mit zwei Kindern. Neben einer Tür mit einem grünen Wachstuchvorhang, die in den hinteren Teil des Lokals führte, saß eine dicke Frau. Über ihrem Kopf befand sich eine Durchreiche mit einer hölzernen Ablage, auf der zwei dampfende Teller standen. Durch die Öffnung waren zwei Frauen zu sehen, die in der provisorischen Küche dahinter hantierten. Auf einer Tafel standen die Tagesgerichte: menudo 5 pesos, chile verde 6,50, tamales de pollo dos por 3
pesos . Samuel war hungrig. Weil er nicht wusste, was ein menudo war, deutete er auf das chile verde und bestellte ein Dos-Equis-Bier. Obwohl er es unter großen Mühen geschafft hatte, mit dem Rauchen aufzuhören, war ihm jetzt sehr nach einer Zigarette. Aber der köstliche Essensgeruch, der aus der Küche drang, trieb ihm diese Gelüste rasch wieder aus.
    »¿Pago con dinero americano?«
    Die Frau lächelte. »Sí, señor, sí se puede. Sientese.« Sie deutete auf die drei freien Tische.
    Samuel setzte sich und nahm ein paar Schlucke von dem Bier, das ihm ein Junge an den Tisch brachte. Er konnte die tomatillos schon riechen, bevor das chile verde kam. Der Junge brachte ihm einen Korb mit Tortillas, die in ein Tuch eingeschlagen waren, aber kein Besteck. Samuel gab ihm mit Zeichensprache zu verstehen, dass er wenigstens einen Löffel wollte, worauf der Junge hinter die Theke verschwand und ihm Messer und Gabel und ein Stück weißes Papier als Serviette brachte.
    Als er das chile verde fast aufgegessen hatte, deutete er auf das Gebäude nebenan und fragte die alte Frau: »¿Clinica?«
    Die Mexikanerin nickte.
    »Wann öffnet sie?«, fragte er und deutete auf seine Uhr.
    »A las ocho de la mañana.« Die Frau reckte acht Finger hoch.
    Samuel nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte. Da kein Grund zur Eile bestand, beschloss er, etwas Neues auszuprobieren, und bestellte: »Menudo, por favor.«
    Der Junge brachte die Kuttelsuppe, und Samuel verdrückte sie fast ebenso schnell wie das chile verde .
    »¿Hotel?« , fragte er die alte Frau.
    Sie deutete die Straße hinunter. »Flamingo.«
    Als Samuel am nächsten Morgen Punkt acht Uhr die Ambulanz betrat, waren im Wartezimmer bereits alle Plätze besetzt. Am Aufnahmeschalter saß eine junge Frau in einem weißen Kittel.
    »Sprechen Sie Englisch?«, fragte Samuel.

    »Ja, Sir.«
    Samuel lächelte erleichtert. »Könnte ich bitte Señora Nereyda Lopez Niebles sprechen?«
    »Sie ist im Moment nicht hier, aber kann ich Ihnen vielleicht weiterhelfen?«, fragte die junge Frau mit einem starken Akzent.
    »Ich hatte heute Morgen eigentlich einen Termin bei ihr«, sagte Samuel.
    »Bedaure, Sir, aber sie ist nicht hier.«
    »Und wann kann ich mit ihr rechnen?«
    »Das kann ich Ihnen nicht

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