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Missgeburt

Missgeburt

Titel: Missgeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William C. Gordon
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Octavio stammen, dem Freund des verschwundenen Mädchens.«
    »Die Röntgenbilder bestätigen lediglich, dass es der Junge ist«, bremste der Lieutenant Samuels Eifer. »Sie sagen nichts darüber aus, wer ihn umgebracht hat.«
    »Lassen Sie mich noch mal kurz rekapitulieren, was wir bisher wissen.« Samuel zog weiter seine Notizen zu Rate. »Wir haben zwei Teile einer Leiche, die von Octavio stammen, und ein vermisstes Mädchen, von dem nicht feststeht, ob es noch lebt oder bereits tot ist. Sie wissen, dass sie irgendein mysteriöses Kraut eingenommen hat, das bisher zwar noch nicht identifiziert werden konnte, dessen Geruch sich aber an dem Umschlag mit den Fingerabdrücken Dominiques und Saras befand. Und Sie haben eine Stoffpuppe, die genauso riecht, wie es in der Garderobe des Predigers gerochen hat, und die genauso aussieht wie eine Puppe, die ich auf seinem Bett habe liegen sehen. Bevor Sie jedoch den Prediger vernehmen oder Anklage gegen ihn erheben können, müssen Sie erst feststellen, woher dieser Geruch kommt und wofür das betreffende Kraut verwendet wird. Der einzige andere konkrete Anhaltspunkt sind die Katzenhaare auf dem Sack mit dem Leichenteil, die von derselben Katze stammen wie die Haare aus den Katzenkörben in Dominiques Wohnung und in ihrem Sprechzimmer in der Kirche.«
    »Das ist vorerst leider alles.« Bernardi nickte und strich sich durch sein kurzgeschnittenes graumeliertes Haar. »Aber sobald wir wissen, was in dem Umschlag und auf der Puppe war, können wir es dazu heranziehen, um Dominique eine Menge unbequemer Fragen zu stellen.«
    Am Nachmittag machte sich Samuel durch das Touristengetümmel auf der Grant Avenue auf den Weg zu Mr. Songs chinesischem Kräuterladen in der Stockton Street, der heimlichen
Hauptstraße von Chinatown. Da der alte chinesische Albino, dem das Geschäft gehörte, kein Wort Englisch sprach, hatte der Reporter auch dessen Nichte als Dolmetscherin in den Laden bestellt. Mr. Song trug eine traditionelle graue Seidenjacke, die mit chinesischen Landschaftsmotiven bestickt war. Seine hasenzähnige Nichte war in ihrer Schuluniform erschienen, einem karierten Rock mit einer weißen Bluse, auf deren Brusttasche eine Pagode und der Name einer Baptistenkirche gestickt waren.
    Die Wände des Ladens wurden von hohen, bis an die Decke reichenden Regalen gesäumt, die voller Tontöpfe waren, in denen Mr. Song nicht nur seine Kräuter, sondern auch den persönlichen Besitz seiner Kunden aufbewahrte.
    Samuel und der alte Albino waren gerade dabei, die obligatorischen Höflichkeiten auszutauschen, als die Ladenglocke ertönte und Bernardi mit einer Aktentasche unter dem Arm das Geschäft betrat. Obwohl der Lieutenant von Samuel vorgewarnt worden war, konnte er seine Überraschung nicht verbergen, als er den weißhäutigen Kräuterexperten mit den von seiner dicken runden Brille grotesk vergrößerten roten Augen sah. Erst nachdem er seinen Schock über diesen seltsamen Anblick verdaut hatte, nahm Bernardi den überwältigenden Geruch der von der Decke hängenden Heilpflanzen wahr. Und im selben Moment wurde ihm klar, warum ihn der Reporter hierherbestellt hatte.
    Nachdem Samuel den Polizisten dem alten Chinesen und seiner Nichte vorgestellt hatte, bat er das Mädchen: »Sag deinem Onkel, dass Lieutenant Bernardi zwei Beweisstücke hat, die beide sehr auffällig riechen; allerdings konnte uns bisher noch niemand sagen, um welchen Geruch es sich dabei handelt. Und da es wohl kaum jemanden geben dürfte, der sich besser mit Kräutern auskennt als Mr. Song, habe ich den Lieutenant gebeten, die zwei Gegenstände einfach hierherzubringen.«
    Das Mädchen lachte. »Heißt das, die Polizei weiß nicht, welche Pflanzen so riechen?«

    Dann begann sie, amüsiert auf Mr. Song einzureden, der ihr, ohne eine Miene zu verziehen, aufmerksam zuhörte.
    »Nein, das wissen wir leider tatsächlich nicht«, sagte Bernardi, stellte seine Aktentasche auf den Ladentisch und nahm zwei Plastiktüten heraus. Eine enthielt den braunen Umschlag aus Sara Obregons Kommode, die andere die Stoffpuppe aus Dominiques Wohnung.
    Mr. Song nahm die zwei Gegenstände und roch daran. Seine schmalen Lippen verzogen sich zu einem verhaltenen Lächeln, und seine roten Augen blitzten auf.
    Er sprach ein paar Worte mit seiner Nichte, worauf diese dolmetschte: »Mein Onkel sagt, die Puppe riecht nach einer Pflanze, die Sie Schwarzes Bilsenkraut oder Hexenkraut nennen. Es ist ein Nachtschattengewächs.«
    »Augenblick«,

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