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Missgeburt

Missgeburt

Titel: Missgeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William C. Gordon
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sah er in der Menschenmenge endlich Nereyda gegen den Strom auf sich zukommen. Sie war größer, hellhäutiger und besser gekleidet als die meisten der Pendler, die in die entgegengesetzte Richtung unterwegs waren. Als sie Samuel entdeckte, kam sie auf ihn zu und umarmte ihn lächelnd. »Lange nicht gesehen, Gringo.«
    »Danke, dass Sie gekommen sind und sich bereit erklärt haben, mir zu helfen«, antwortete Samuel. Er trug ein khakifarbenes Sportsakko, ein Madras-Hemd und braune Slipper, die inzwischen stark verstaubt waren. »Und? Erfolg gehabt?«
    »Ja, natürlich«, antwortete sie. »Ich weiß jetzt, wo Daphne Alcatrás wohnt. Haben Sie in der Zwischenzeit mehr über sie in Erfahrung bringen können?«
    »Nicht sehr viel.«
    »Hat eine bewegte Vergangenheit, diese Frau.«

    »Das deutete Dominique bereits an, als ich ihr erzählte, dass ich in der Wohnung des Zwergs einen Brief aus El Paso gefunden habe.«
    »Wie es scheint, war Daphne eine stadtbekannte Hure, die in ihrer Jugend sehr gut ausgesehen haben muss. Und dieser Dusty Schwartz ist ihr Sohn. Natürlich war er ein Betriebsunfall, aber zum Glück war sein Vater ein reicher Arzt aus El Paso, der sich zwar bereit erklärte, für die Ausbildung des Jungen aufzukommen, sonst aber, behauptet zumindest meine Quelle, so gut wie keinen Kontakt zu dem Jungen unterhielt.«
    »Konnten Sie herausfinden, wo diese Frau wohnt?«
    »Am besten, wir nehmen uns ein Taxi und fahren gleich zu ihr. Aber sprechen Sie sie bitte auf keinen Fall auf ihr früheres Leben an. Sie ist schon lange aus dem horizontalen Gewerbe ausgestiegen und führt jetzt ein sehr zurückgezogenes Leben.«
    Das blaue Taxi hatte ein grünes Dach, aber weite Teile der Karosserie waren von der Reparatur der zahlreichen Dellen grau. Angesichts der Verkehrsdichte in der rapide wachsenden Großstadt ließ hier nach einem Unfall niemand sein Auto neu lackieren, weil abzusehen war, dass es in Kürze wieder ein paar Kratzer abbekäme.
    Sie stiegen ein, und Nereyda sagte zum Fahrer: »Llevanos a 213 Avenida de las Alamedas, por favor.«
    »Sí, señorita« , antwortete der Mann und fuhr los. Er redete unentwegt während der Fahrt und warf im Rückspiegel immer wieder begehrliche Blicke auf seinen attraktiven weiblichen Fahrgast. Zum Glück schaffte er es jedoch, nebenher auch den Verkehr im Auge zu behalten.
    Nach zehnminütiger Fahrt durch heiße, staubige Seitenstraßen erreichten sie schließlich die Avenida de las Alamedas, in der es im Gegensatz zu den Vierteln, durch die sie bisher gekommen waren, sogar einen Gehsteig und hohe Bäume gab, die willkommenen Schatten spendeten.

    Vor dem Haus mit der Nummer 213 hielt der Wagen. »Scheint ein recht gut situiertes Viertel zu sein«, bemerkte Samuel mit einem Blick auf die zahlreichen Villen mit ihren gepflegten Gärten.
    Sie gingen auf einem gepflasterten Weg, der zwischen bunten Blumenbeeten und Kakteen hindurchführte, auf das Haus zu. Auf ihr Klopfen öffnete ihnen eine ältere Mexikanerin in einer weißen Schürze.
    »¿Está la señora Alcatrás?« , fragte Nereyda die Frau.
    »¿De parte de quien?«
    »El señor Hamilton y Nereyda Lopez.«
    »Pasen, la señora les está esperando.« Die Frau führte die Besucher in ein Wohnzimmer, in dem eine cremefarbene Couch mit einem Plastiküberzug stand. An der Wand dahinter hing ein großes Bild Unserer Lieben Frau von Guadalupe. In einer Ecke standen ein kleines Fernsehgerät und ein doppelt so großes Radio. Die Frau bedeutete ihnen, Platz zu nehmen. Dann verließ sie das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
    Wenige Minuten später ging die Tür langsam wieder auf. Samuel musste den Blick senken, um in das Gesicht der stupsnasigen Frau sehen zu können, die gravitätisch den Raum betrat. Sie war Mitte fünfzig und trug ein elegantes, dem Anlass nicht ganz angemessenes Abendkleid aus grünem Chiffon. Zwischen ihren kurzen Fingern steckte eine dreißig Zentimeter lange Zigarettenspitze, und von ihrem Hals hing an einer Silberkette eine Brille auf ihr beachtliches Dekolleté hinab. Das Haar hatte sie in einem leuchtend roten Kupferton gefärbt, und ihre Augen waren so strahlend blau wie die ihres verstorbenen Sohnes. Und natürlich war auch sie kleinwüchsig.
    »Guten Tag, Mr. Hamilton«, sagte Daphne Alcatrás geziert. Sie hatte einen starken mexikanischen Akzent. »Sie wünschen mich zu sprechen. Nehmen Sie doch bitte Platz, und dann sagen Sie mir, was ich für Sie tun kann.«
    »Lassen Sie mich Ihnen bitte

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