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Mission Ares

Mission Ares

Titel: Mission Ares Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Besatzung mußte sich alle paar Tage einem

Elektrokardiogramm und Seismokardiogramm unterziehen
    sowie die Atemfrequenz und das Atemvolumen messen. Die
    Ergebnisse wurden an die Ärzte auf der Erde übermittelt.
    Insgesamt ging durch den biomedizinischen Krempel ein
    ganzer Tag pro Woche verloren.
    Der Besatzung gefiel das gar nicht. Deshalb sagte Stone sich, daß er den anderen mit gutem Beispiel vorangehen müsse.
    Wenn er schluderte, würden sie das auch tun. Also achtete er darauf, daß er wenigstens das Trainings-Minimum von einer Stunde pro Tag einhielt.
    Dennoch entwickelte Stone, allen Vorsorgemaßnahmen zum
    Trotz, einen klassischen Fall von Hühnerbeinen, wie die
    Astronauten es nannten. An den Beinen trat Muskelschwund ein. Die Fußsohlen waren so weich wie bei einem Kleinkind.
    Und die Körperteile, die am schnellsten ermüdeten, waren die Hände. Die Hände wurden ständig auf eine Art und Weise beansprucht, die auf der Erde unüblich war. Sie zogen ihn durchs Modul und bremsten seine Masse ab.
     
    [Std:Min:Sek] 11:43:24
     
    Heute war Stones Duschtag. Jeder durfte einmal pro Woche duschen.
    Er zog Hemd und Hose aus und schwang die Beine in die
    labile Duschkabine. Hierbei handelte es sich um einen Zylinder aus weißem Gewebe, der an eine große Ziehharmonika erinnerte. Er zog den Vorhang zu und hakte ihn in eine an der Decke befestigte Metallscheibe ein. Dann seifte er sich ein und spülte mit klarem Wasser nach. In Ermangelung der Schwerkraft floß das Wasser durch den Luftstrom vom Körper ab.
    Er hatte das Gefühl, daß ganze Hautschichten sich lösten; die Katzenwäsche, die zwischen den Duschbädern nur möglich war, genügte eben nicht. Eine angenehme Nebenwirkung war, daß die Dusche die Muskeln entkrampfte.
    Durch das in der Luft hängende Wasser hatte die Sache
    sowieso mehr Ähnlichkeit mit einer Sauna als mit einer
    Dusche.
    Er dachte über seine Leute nach.
    Sie alle waren von NASA-Psychologen über das menschliche Verhalten während langer Phasen der Isolation aufgeklärt worden. Stone hielt sich mit seiner Flugerfahrung für abgeklärt und robust. Doch bei seinen Leuten erkannte er hin und wieder die typischen Anzeichen der Isolation: Schlafstörungen, Langeweile, Unruhe, Ängstlichkeit, Zorn, Depressionen, Kopfschmerzen, Reizbarkeit, nachlassende Konzentration und ein Verlust des Raum-und Zeitgefühls.
    Die Ares wurde täglich mit Botschaften von irgendwelchen wohlmeinenden Leuten, Familienangehörigen und Freunden bombardiert, doch die Zeitverzögerung war inzwischen so
    groß, daß eine vernünftige Konversation unmöglich war. Und irgendwie hatten diese vertrauten Stimmen von jenseits der relativistischen Barriere den Effekt, daß der Besatzung die Isolation um so deutlicher bewußt wurde.
    All das machte der Mannschaft zu schaffen.
    Gershon wirkte ziemlich souverän, zumindest an der
    Oberfläche. Er war noch immer der alte Scherzkeks. Doch es traten zunehmend Dissonanzen auf. Gershon war von Beruf Pilot und kurze, heftige Adrenalinstöße gewöhnt.
    Dennoch bewährte Ralph sich in Stones Augen. Gershon
    wußte, daß er seine Chance bekommen würde, wenn er die
    Marsfähre auf die Oberfläche brachte. Stone betrachtete es als seine Aufgabe, den Mann zu motivieren, bis sie den Mars erreicht hatten.
    York indes war ein anderer Fall.
    York war zugeknöpft, penibel und ein wenig verschlossen.
    Und überaus arrogant und herablassend. Und noch dazu ein Zivilist. Gershons Witze und Späßchen brachten sie schier zur Weißglut, doch sie sagte nie etwas; statt dessen fraß sie es in sich hinein und schmollte nur. Das vergiftete die ganze Atmosphäre.
    York war wie viele der berufstätigen Frauen, mit denen Stone bisher zu tun gehabt hatte. Soll heißen, sie hatte eine schwere Profilneurose.
    Aber er beneidete und bewunderte sie wegen ihrer inneren Stärke.
    Was ihn selbst betraf, so gestand Stone sich ein, daß die Mission alles für ihn war: das Raumschiff fliegen, seinen Auftrag ausführen, nachdem sie auf dem Mars gelandet waren und wieder zurückfliegen.
    York hatte, im Gegensatz zu ihm, einen Blick für die
    größeren Zusammenhänge: diese grandiose Erfahrung, den
    interplanetaren Flug. Das waren innere Reservoire, aus denen York Kraft schöpfte und an denen sie – in dem Maße, wie sie im Verlauf der Mission aus ihrem Schneckenhaus herauskam – die anderen teilhaben ließ.
    Zuweilen wurde sie sogar richtig poetisch.
    Stone wußte, wie wichtig das war. Er hoffte, daß sie es auf

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