Mission Ares
einer Aktentasche befand. Dort gediehen Erbsen, Weizen, Gurken, Petersilie, Zwiebeln, Dill, Fenchel und Knoblauch. Ein paar Pflanzen wuchsen in der Mikrogravitation, und andere in einer botanischen Zentrifuge, in der die Bedingungen auf dem Mond und dem Mars simuliert wurden.
Stone inspizierte die Reihen der Pflänzchen. Die Erbsen
hatten sich in den ersten paar Wochen gut entwickelt, doch nun sah es so aus, als ob sie verdorren würden. Er gab ihnen Wasser und Nährstoffe. Die Pflanzen bildeten nur sporadisch Samen, doch aus Tests ging hervor, daß die Pflanzen einen hohen Nährwert hatten; die Mikrogravitation beeinträchtigte also nicht die Protein-Synthese. Die Wurzeln schlugen jedoch in alle Richtungen aus, weil sie in der Schwerelosigkeit nicht in der Lage waren, sich zu orientieren.
Stone wurde vom Kontrast der grünen, fruchtbaren Pflanzen und der kalten Schwärze hinter der wenige Zentimeter dicken Hülle des Missionsmoduls überwältigt. Er hauchte die Erbsenpflänzchen an, um mit konzentriertem Kohlendioxid ihr Wachstum zu stimulieren.
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Stone zog am isokinetischen Trainingsgerät. Die Maschine war in der Mitte des Missionsmoduls an einem Ausleger verschraubt. Das Gerät hatte einen Hebel mit zwei Griffen, Schulterpolster und Handgriffe, die über eine Gelenkkette eine Luftturbine antrieben. Die Trainingsmaschine war eine Neuentwicklung, welche die Tretmühlen und Rudergeräte
ersetzte, die bei früheren Flügen verwendet worden waren.
Indem er die Füße auf einer Plattform abstützte, vermochte Stone eine Reihe von Übungen durchzuführen.
Er schaute ständig auf die in der Maschine integrierte Uhr und grämte sich jedesmal wegen der Zeit, die er noch trainieren mußte. Er fühlte sich unwohl; das Hemd war durchgeschwitzt, und Schweiß klebte an der Brust und zwischen den Schulterblättern. Als einzige Ablenkung diente ein kleines rundes Beobachtungsfenster, das neben ihm in die Druckhülle eingelassen war. Er starrte hinaus in die Dunkelheit.
Nach ein paar Monaten – so hatte Stone es jedenfalls
verstanden – paßten die Körperfunktionen sich an die
Mikrogravitation an und pendelten sich in einem neuen
Gleichgewicht ein, das sich jedoch von dem auf der Erde
unterschied. Das neurovestibuläre System, der AusgleichsMechanismus im Ohr, versagte zuerst – deshalb auch die Raumkrankheit –, doch erholte es sich nach ein paar Tagen wieder. Dann stellte der Flüssigkeitshaushalt des Körpers sich um, anschließend das kardiovaskuläre System, das Herz und die Blutgefäße.
Der irdische Normalzustand indes stellte sich nicht mehr ein.
Stones Gehirn, das nicht auf Mikrogravitation programmiert war, glaubte, das überschüssige Blut würde sich im Kopf ansammeln, weil zuviel Flüssigkeit im Körper war. Also befahl es den Nieren, mehr Urin auszuscheiden. Und das barg die Gefahr der Dehydrierung. Deshalb mußte Stone täglich über einen Liter Flüssigkeit mit einer Salzlösung trinken. Das hatte die NASA von den Russen abgeschaut.
Die übermäßige Urinausscheidung hatte jedoch zur Folge,
daß Kalzium und Kalium aus den Knochen gezogen wurden.
Wegen des Kalziummangels bestand nun das Risiko, daß die Knochen spröde wurden oder sich Nierensteine bildeten, und das fehlende Kalium verursachte womöglich Herzprobleme.
Also mußte er Nahrungsmittelzusätze einnehmen, und für den Fall von gravierendem Knochenschwund waren anabolische Steroide verfügbar.
Die Muskeln wurden nur minimal belastet, so daß – falls er dem nicht entgegenwirkte – Muskelschwund eintreten würde.
Deshalb mußte er an der Trainingsmaschine das volle
Programm absolvieren. Dann gab es noch Hilfsmittel wie den Pinguin-Anzug – so genannt, weil man beim Training wie der besagte Vogel umherwatschelte. Dieser Anzug bestand aus elastischen Bändern, die den Träger in eine fötale
Körperhaltung zwangen. Auf diese Art arbeiteten die Muskeln ständig, als ob sie sich gegen die Schwerkraft stemmten. Und dann gab es noch den chibis, die russische Bezeichnung für Kiebitz. Das hatte die NASA auch von den Sowjets abgekupfert: verstärkte Beinkleider, die den Luftdruck an den Beinen verringerten und das Herz zu größerer Aktivität anregten, um Blut aus dem Unterleib nach oben zu pumpen.
Die isokinetischen Übungen wirkten auch dem Mineralien—
Entzug der Knochen entgegen. Die Knochen waren immer
stark genug, um den von den Muskeln ausgeübten
Belastungsspitzen standzuhalten.
Die
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