Mission Ares
Zeitungsberichte unter die Nase.
Der Fall Tennessee Valley gegen Hill war soeben abgeschlossen worden. Der Oberste Gerichtshof hatte gegen den Bau des neuen Tellico-Damms entschieden, weil er das einzige bekannte Habitat eines kleinen Fisches namens Schneckenfänger überfluten würde… Die Menschen waren heute nicht mehr für sinnlose technische Großprojekte zu gewinnen – galt das nicht auch für sie? –, und was war wohl größer und sinnloser als die NASA?
Andere Leute unkten, sie würde als billige Hilfskraft
verschlissen und Butterbrote für die Astronauten schmieren.
Und wenn sie dann in den akademischen Betrieb zurückkehren wollte, würde eine riesige Lücke im Lebenslauf klaffen. Sie würde eine vielversprechende Karriere aufs Spiel setzen.
Außerdem brauchst du dir nur Dallas anzugucken, um zu sehen, in welche kulturelle Wüste du dich begeben willst. Und das Klima dort unten in Texas, meine Liebe. O je!
Sie stellte sich stur, schwang sich sogar zur Anwältin des Raumfahrtprogramms auf. Als eine Anwendung der Regierungstechnik rangierte die Raumfahrt irgendwo zwischen echter Wissenschaft und dem Gegenteil. Zumindest trug sie nicht aktiv zur militärischen Vernichtung von Menschen bei.
Sie zitierte Ben Priest als ein Beispiel eines intelligenten, besonnenen Erwachsenen, der – wenn vielleicht auch mit Mühe – in der Schlangengrube der NASA überlebte.
Wie dem auch sei, der einzige Weg zum Mars führte über
Houston. Damit war die Sache erledigt, was sie betraf.
Sie sah Mike Conlig nicht mehr.
Als sie sich schließlich dazu durchrang, ihm von ihrer
Bewerbung zu erzählen, schien er nicht überrascht. Sie hatte sogar den Eindruck, als ob er es gar nicht ernst nähme.
Er rief noch ein paarmal an, aus Marshall und Santa Susana.
Doch er kam nicht nach Berkeley, um mit ihr zu reden oder ihr zu helfen, eine Entscheidung zu treffen.
Vielleicht hielt er das für eine Laune von ihr und glaubte, daß sie es sowieso nicht schaffen würde. Wenn das stimmte, dann kannte er sie aber schlecht.
Oder vielleicht glaubte er auch, daß sie ein Verhältnis mit Ben Priest hatte. Seit Pasadena, und das war nun schon zwei Jahre her, war sie nur noch einmal mit Ben ins Bett gegangen.
Doch sie war keine Schauspielerin; das, was geschehen war, verrieten ihre Stimme, der Blick und die Körpersprache… falls Mike überhaupt so feinfühlig war, das zu erkennen.
Was er, wie sie traurig erkannte, nicht war.
Doch ihre Unterhaltung war zu steif, und es blieben zu viele Dinge unausgesprochen, um es mit Sicherheit zu sagen.
Es waren viele Details zu beachten.
Sie erhielt einen zweiten Brief. Aus ihm ging hervor, daß sie sich in sechs Wochen in Houston melden sollte, um mit der Grundausbildung zu beginnen. Das war eine lächerlich kurze Frist für einen engagierten Wissenschaftler, um sich von seinen Verpflichtungen zu lösen. Sie verordnete sich einen achtzehnstündigen Arbeitstag. Sie versuchte, ihre eigene Forschungsarbeit abzuschließen und einen Beitrag zu den Gruppenarbeiten zu leisten. Sie wies den Doktoranden, die mit ihr zusammenarbeiteten, neue Aufgaben zu und ließ die Lehraufträge auslaufen.
Ihr Gehalt bei der NASA entsprach dem, was sie auch an der Universität als Dozentin bekommen hätte. Sie hatte zwar nicht erwartet, als Astronautin Reichtümer anzuhäufen, doch die Bezahlung war erbärmlich; vor allem in Anbetracht der Umwälzungen in ihrem Leben, dem enormen Zeitaufwand und den Risiken, um Himmels willen.
Das machte ihr so zu schaffen, daß sie Ben Priest anrief.
»Hat man mich auf dem Kieker?«
»Das hat nichts mit dir zu tun. Du mußt bedenken, daß du in einer riesigen Hackordnung ganz unten stehst, Natalie. Du kannst nicht mehr erwarten als ein Militär-Astronaut im Rang eines Stabsoffiziers. Das wirst du wohl einsehen. Und ihr Gehalt ist gestaffelt, weil sie nach der militärischen Tabelle besoldet werden.«
»Ja, aber die Tarife für Zivilangestellte sind auch gestaffelt, wenn man erst mal drin ist. Es herrscht ein Beförderungsstau, und…«
Er unterbrach sie: »Das mußt du selbst wissen, Natalie. Ist das wirklich wichtig? Hängt es wirklich vom Gehalt ab, ob du zur NASA gehen willst? Wenn nicht, hör auf zu nörgeln und mach weiter.«
Sie ließ sich das durch den Kopf gehen.
Sie unterschrieb die Unterlagen.
Sie mußte sich um die Rentenversicherung kümmern. Sie
verkaufte das Auto und kündigte die Mietwohnung. Dann
setzte sie ein neues Testament auf: ihre Mutter war
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