Mission Ares
ein Leck gebildet hatte.
»Hätte man den Kern nicht runterfahren müssen, als das
eintrat?« fragte Michaels.
»Ja, das ist die Standard-Prozedur«, sagte Muldoon. »Ohne Kühlmittel überhitzt sich der Kern.«
»Wir hatten gerade einmal einen Sekundenbruchteil, um eine Entscheidung zu treffen«, sagte Udet. »Mehr nicht. Bei einem Abbruch hätten wir vielleicht das ganze Triebwerk verloren, und die Mission wäre ein Fehlschlag geworden. Und vielleicht grundlos, wenn die Flußprobleme sich selbst behoben hätten.«
»In Ordnung, Hans. Fahren Sie fort.«
»Wir regelten die Moderatoren ein, um die Kerntemperatur zu senken, bevor wir ihn abschalteten. Doch es gelang uns nicht, die Zieltemperatur zu erreichen…«
»Und hier haben wir auch schon den ersten grundlegenden
Konstruktionsfehler, Fred«, sagte Muldoon.
Udet und Seger beugten sich nach vorn, um Widerspruch
einzulegen, doch Michaels bedeutete ihnen, zu schweigen.
»Wir hatten nur einen Regelkreis – den Moderator des
Reaktors – und folglich nur eine Option zum Herunterfahren.
Als die wegfiel, war es uns nicht mehr möglich, den
Temperaturanstieg umzukehren.«
Michaels nickte. »Hans?«
Udet machte eine ausladende Geste. »Wir müssen einen
Kompromiß finden zwischen Zuverlässigkeit und Gewicht,
Fred. Das ist seit jeher das Dilemma des Raumflugs: soll man lieber die Nutzlast erhöhen oder doch ein zusätzliches Redundanzsystem einbauen? Unserer Ansicht nach war das
Moderator-System in diesem Fall hinreichend zuverlässig, um den Flug zu vertreten – auch ohne die Installation eines weiteren Sicherheitssystems, das nur zu einer unnötigen Erhöhung des Gewichts geführt hätte.«
»Bert? Möchten Sie sich dazu äußern?«
Seger, dessen Augen funkelten, zuckte die schmalen
Schultern. »Wir haben alles getan, was in unserer Macht stand; wir haben alle Tests durchgeführt. Aber wir haben dennoch einen Fehler gemacht. Beim nächsten Flug einer NERVA werden wir das behoben haben.«
So etwas kommt eben vor. Diese Antwort war kaum geeignet, die Kommission des Weißen Hauses zufriedenzustellen, sagte Michaels sich düster.
»Weiter, Hans.«
»Inzwischen«, sagte Udet, »wußte die Besatzung, daß der
Schub nach der ersten Brennphase ausgesetzt hatte. Seit der ersten Störung im Fluß waren erst ein paar Sekunden verstrichen. Nun stieg der Wasserstofffluß deutlich an«, sagte Udet. »Ein Strahl spritzte aus der lecken Leitung. Der Wasserstoff überschritt den nominalen Durchsatz und flutete den Kern förmlich. Wir haben den Moderator weiter heruntergeregelt…«
»Und an dieser Stelle hätte gemäß der Standardprozedur der Reaktor wieder heruntergefahren werden müssen«, sagte Muldoon barsch. »Der Regelbereich war zu schmal geworden; wir hatten den Kern nicht mehr unter Kontrolle. Dennoch haben wir die Automatik erneut übergangen.«
»Wir versuchten, die Mission zu retten«, sagte Udet.
»In Ordnung. Wir sollten uns an die Fakten halten;
rechtfertigen können wir uns später. Was geschah dann?«
»Dann brach der Kühlmittelfluß in den Kern ab«, sagte Udet.
»Vielleicht haben die Leitungen in diesem Augenblick ganz versagt.«
»Das ist der entscheidende Moment, Fred«, sagte Muldoon.
»Wir haben einen Reaktor, der bereits instabil ist. Durch die Wasserstoffflut ist der Kern isotherm geworden – das heißt, überall herrscht dieselbe Temperatur –, so daß die Veränderungen simultan im ganzen Kern erfolgen. Und der
Kühlmittelfluß ist unterbrochen – die wichtigste Wärmesenke des Kerns, der Wasserstoffluß durch den Mantel, ist verschwunden.«
»Also erhitzt er sich nun.«
»Also erhitzt er sich nun. Im gesamten Bereich des Kerns.
Und viel schneller als zuvor.«
»Wir versuchten, ihn herunterzufahren«, sagte Udet. »Doch der Moderator war zu weit außerhalb des Kerns, um schnell genug zu reagieren. Der Wasserstoff im Kern und im Mantel erreichte den Siedepunkt und expandierte…«
»Und dann ist der Kern durchgegangen«, sagte Muldoon.
»Weil der Reaktor für einen positiven Temperaturkoeffizienten ausgelegt war.«
Michaels seufzte und verschränkte die Hände hinter dem
Kopf. »Tun Sie einfach so, als wüßte ich nicht, wovon Sie sprechen.«
Muldoon grinste verkniffen. »Ich weiß. Ich habe auch eine Weile gebraucht, um die Zusammenhänge zu erkennen.
Schauen Sie: angenommen, die Temperatur des Kerns steigt.
Nehmen wir außerdem an, der Kern sei so ausgelegt, daß bei einem Temperaturanstieg die Reaktivität
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