Mission Ares
über die Jahre aufgezogen haben, zu verteidigen, daß sie nicht mehr sehen, was der gottverdammte Kunde will, Art.«
Cane ließ sich das durch den Kopf gehen. »Sie sind ein
schlauer Bursche, JK. Nur Sie sind in der Lage, unsere
Konzeptionslosigkeit in eine Stärke umzumünzen. Um so
mehr, weil ich den Eindruck habe, daß Sie wirklich glauben, was Sie sagen.«
»Natürlich glaube ich daran. Sehen Sie, hier bietet sich uns eine einmalige Gelegenheit. Columbia könnte zum Mars fliegen. Werden Sie mich nun unterstützen oder nicht?«
Art Cane musterte ihn mit schmalen, wässrigen Augen.
»Ich erteile Ihnen die Erlaubnis, mitzubieten. Aber wenn Sie mehr als zwei Millionen Piepen ausgeben, schwöre ich Ihnen, daß ich Ihnen die Eier abreiße. Und nun verlassen Sie mein Büro.«
Juni 1981
Beschleunigungslabor der Marine, Johnson, Pennsylvania
Lyndon B. Johnson-Raumfahrtzentrum, Houston
Surrend setzte das Rad sich in Bewegung. Die auf eine Liege geschnallte York hatte das Gefühl, ihr würde der Brustkorb zerquetscht werden.
Sie versuchte sich mit dem Gedanken zu trösten, daß laut Aussage der Piloten, die schon ins All geflogen waren, die Ausbildung härter war als die Praxis.
Das war aber nur ein schwacher Trost.
Sie erreichte fünf Ge, und es bedurfte einer bewußten
Willensanstrengung, Luft in die Lungen zu saugen. Sie wurde durchgerüttelt, wobei sie sich vorkam wie eine Erbse in einer Dose, die an einer Schnur herumgewirbelt wurde – ein richtiger Flug verläuft viel ruhiger, Natalie…
Sie hatte eine Checkliste, die sie abarbeiten sollte, und sie betätigte mit den behandschuhten Fingern die Schalter.
Ein grauer Schleier verhüllte das Blickfeld, als ob im Kopf ein Vorhang zugezogen würde. Das war das erste Anzeichen für einen Blackout. Bunte Lichter auf einer Konsole sagten ihr, welche Fortschritte sie schon gemacht hatte. Wenn sie sich entspannte, wurde der graue Vorhang zugezogen, und wenn sie sich konzentrierte, wurde er zurückgezogen. Sie versuchte, den Schmerz in der Brust zu verdrängen, doch bei jeder Bewegung der Arme und des Kopfes wurde sie benommen. Das war die Corioliskraft – die Kraft, die bei schneller Rotation seitlich auf den Körper wirkte.
York absolvierte eine Reihe simulierter Wiedereintritte aus dem Erdorbit. Und diese Übung, die schlimmste von allen, simulierte eine hohe, steile Flugbahn, als ob die Kommandokapsel zu schnell in die Erdatmosphäre eindrang
und brutal abgebremst würde.
Als schließlich acht Ge auf ihr lasteten, vermochte sie die Arme nicht mehr zu bewegen. Sie lag nur noch im Käfig und ließ es über sich ergehen.
Nun wurde der Grauschleier vor den Augen dichter und löste sich nicht mehr auf.
Natürlich ist es schlimmer als eine echte Mission. Die verdammten Ärzte machen das absichtlich.
Die Sicht verschwamm vor ihren Augen. Es gelang ihr kaum noch, die Instrumente abzulesen. Zwölf Ge; viel mehr, als bei einer echten Mission auftreten würden. Genug, um die Augäpfel zu plätten. Der Kopf schlug gegen die Innenseite des Druckhelms. Die Lichter des Labors, in dem der Käfig sich befand, wirbelten an den Fenstern des Kabinenmodells vorbei.
Fünfzehn Ge. Sie war nicht mehr in der Lage, zu atmen. Nun würde sie mit Sicherheit ohnmächtig werden. Aber ich habe erst die Hälfte hinter mir. Und die Ärzte beobachteten sie – die Kameras übertrugen jedes Zucken des Gesichts.
Endlich war der Durchgang zuende; der auf der Brust
lastende Druck verringerte sich, und sie sog gierig die Luft ein.
Natürlich beklagte niemand sich über die HighTech-Folter, der er in Geräten wie dem Rad unterzogen wurde. Genauso wenig wurde die Frage nach dem Bezug dieser Übungen zur praktischen Raumfahrt gestellt, und schon gar niemand gab zu, daß er oder sie Probleme mit diesen Übungen hatte. Wenn man sich nämlich beklagt, wird das Muldoon gemeldet. Dann notiert er das in dem verdammten System, nach dem er die Besatzungen auswählt, und du kannst den Flug ins All vergessen. Nach diesen Regeln wurde im Moment gespielt. In seiner Eigenschaft als Leiter des Mars-Programms hatte Joe Muldoon gleichzeitig auch die Funktion des Leiters der Besatzungs-Operationen übernommen.
Es war Muldoon, der die Besatzungen für die Missionen
einteilte. Und jeder wußte, daß Muldoon bereits die
Besatzungen für die ersten Flüge zusammenstellte, die
schließlich in die Mars-Mission münden würden. Das einzige, worauf es im Leben nun ankam – einzig und allein – war die
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