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Mission Ares

Mission Ares

Titel: Mission Ares Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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abbrechen.«
    Gershon beachtete sie nicht, sondern arbeitete stur weiter.
    Die Landschaft drehte sich weiter und kam sichtlich näher.
    Der überschallschnelle Doppelkegel drohte ins Trudeln zu geraten.
    »Abbruch«, forderte sie Gershon erneut auf. »Mein Gott,
    Ralph, wenn wir erst ins Trudeln geraten, sind wir erledigt.«
    Der vor dem Fenster wirbelnde virtuelle Marshimmel
    bewirkte in der Kabine ein regelrechtes Blitzlichtgewitter. Sie hatte die streiflichtartige Vorstellung einer Kamera auf einem Ausleger, der über Form-Gips rotierte.
    Wenn das Wirklichkeit wäre, dann würde der Kopf gegen den Helm hämmern, und die Corioliskraft würde die Trommelfelle zum Platzen bringen. Wenn das Wirklichkeit wäre, würde das Schiff zerbrechen, und ich würde es vielleicht sogar noch bei vollem Bewußtsein erleben …
    »MEM, wir empfehlen den Abbruch. Wir empfehlen…«
    »Ralph! Mein Gott! Ralph!«
    Die Kabine erzitterte, ein lautes Knirschen ertönte, und eine weiße Staubwolke wallte auf.
    Die Landschaft erstarrte.
    »Willkommen auf dem Mars«, sagte der Versuchsleiter
    trocken. »Wir berechnen gerade die Größe des Kraters, den ihr geschlagen habt.«
    »Leck mich doch im Arsch«, sagte Gershon, nahm den Helm
    ab und schleuderte ihn durch die virtuelle Kabine.
    Die beiden stiegen aus dem Simulator. Von außen sah er aus wie die Nase eines Flugzeugs, ein abgerissenes Cockpit, von dessen Rückseite Drähte und Kabel baumelten.
    Die Techniker grinsten sie an. »He, Ralph, Sie haben die Kamera zerstört. Sie ist auf den Form-Gips geknallt. Was sagen Sie dazu?«
    Gershon lachte nicht. Er drehte sich zu York um und wies mit einem behandschuhten Finger auf ihr Gesicht. »Das war der letzte Flug, bei dem Sie mir Befehle erteilt haben!«
    Sie war eher belustigt als betroffen; solche Ausbrüche hatte sie schon öfter erlebt. Im Grunde kam sie mit Gershon ganz gut aus. Auf seine bärbeißige Art schien er sie bei solchen Übungen auch als gleichrangig anzuerkennen, obwohl er einmal ihr Ausbilder gewesen war. Dennoch platzte ihm des öfteren der Kragen.
    »Befehle? Ich? Sie sind doch der Pilot, Ralph.«
    »Dann vergessen Sie das auch nicht«, knurrte er und ließ sie stehen.
    Phil Stone kam zu ihr. Er trug einen hellblauen Overall und hatte die Hände in den Taschen vergraben. »Sie dürfen das nicht persönlich nehmen.«
    »Tu ich auch nicht«, sagte York achselzuckend und streifte sich die Handschuhe ab. »Gleich wird er die Techniker anpöbeln. Und dann den Versuchsleiter. Und dann Sie… bis hinauf zum Direktor der NASA. Ich war eben die erste. Er haßt es, zu versagen.«
    »Er hat nicht versagt«, sagte Stone. »Dieser Störfall war nicht zu beheben.«
    »Das Überschall-Trudeln…«
    »Ich habe ein Buch über Überschall-Trudeln geschrieben«, sagte er. Doch sie vermutete, daß der Aufhänger irgendeine Kriegsgeschichte war. »Ich habe es mitbekommen. Aber zu diesem Zeitpunkt war ohnehin nichts mehr zu machen.«
    »Was ist denn geschehen?«
    »Wollen Sie denn nicht bis zum ›Nachspiel‹ warten?« Das
    ›Nachspiel‹ war die Abschlußbesprechung, bei der die Übung gnadenlos verrissen wurde.
    »Eine kurze Zusammenfassung würde mir schon genügen.«
    »Die Bugdüsen des Reaktionssteuerungssystems haben
    plötzlich gefeuert. In dem Moment, als ihr in die vierte Kehrrolle gegangen seid. Die Steuerflächen waren dem zusätzlichen Drehmoment nicht gewachsen.«
    »Aber dieses Feuern wurde von den Instrumenten nicht
    angezeigt«, sagte sie nach einer Weile. »Zumal es völlig ausgeschlossen ist, daß das Reaktionssteuerungssystem zu diesem Zeitpunkt aktiviert wurde. Wir hatten nämlich den Resttreibstoff abgelassen.«
    »Das glauben auch nur Sie.« Er grinste. »Eins nach dem
    andern, nicht?«
    »Mein Gott.« Sie steckte die Handschuhe in den Helm.
    »Manchmal glaube ich, diese Kameraden wollen, daß wir
    versagen.«
    »Nein. Aber ihr müßt, wenn es sein muß, hundertmal
    versagen, damit ihr es im entscheidenden Moment richtig
    macht. Aus diesem Grund seid ihr hier. Bei einer Simulation ist noch niemand ums Leben gekommen. Zumal es sich hier in erster Linie um eine Erprobung der bikonischen Konstruktion und nicht um einen Testflug für die Piloten handelte.«
    York wußte, daß das stimmte. Die Doppelkegel-Simulation
    war nämlich so unbeliebt, daß nur ausgesprochene Simulator-Freaks damit arbeiteten, Leute, die um jeden Preis Zeit im Simulator schinden wollten, um eine bessere Plazierung im Rotationssystem zu

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