Mission Ares
Vorstellung.
Natürlich nur, solange die Mutter auch funktionierte.
»Noch zwei Minuten«, gab Curval von unten durch. »T
minus zwei Minuten.«
»Roger«, sagte Bleeker und stellte die Musik ab.
Beim Blick auf die Konsole erkannte Gershon, daß die
Aufstiegsstufe nun hochgefahren war und keinen Strom mehr aus den Batterien der unteren Stufe sog. Gleich würde sie sich in ein autonomes. Raumschiff verwandeln.
In diesem Test, der einen Start von der Marsoberfläche
simulierte, sollte die MEM-Konfiguration sich teilen. Die Röhre der Aufstiegsstufe mit den klobigen Treibstofftanks sollte sich von der Landestufe lösen.
Gershon wußte, daß die Ingenieure bei Columbia und
Marshall dieser Phase der Mission mit Bangen entgegensahen.
Es gab eine Vielzahl möglicher Fehlerquellen. So bestand die Gefahr, daß die Zündung der Aufstiegsstufe erfolgte, während der Triebwerkstrichter noch in der Landestufe des MEM
steckte. Was, wenn es zu einem Rückschlag kam, einem
Überdruck, noch bevor die Aufstiegsstufe sich von der
Landestufe gelöst hatte…?
Nun, gleich würden sie es wissen.
»Steuerung durch PGNS«, sagte Bleeker.
»Ansprechempfindlichkeit minimal, ATT-Regelung, Modus
Autopilot.«
»Auto«, bestätigte Gershon.
»Eine Minute«, sagte der Capcom.
»Habe Steuerung auf Abbruchregelung geschaltet.«
Gershon aktivierte die Zündung. »Hauptschalter an.«
»Rog.«
»Ihr habt Freigabe, Iowa«, sagte Curval.
»Rager. Macht die Startbahn frei.«
Bleeker drehte sich zu ihm um. »Bist du bereit?«
»Sicher.«
»Die Mutter wird uns einen kräftigen Tritt geben.« Damit sprach Bleeker auf den Drill an. »In Ordnung, Ralph. Bei fünf Sekunden drücke ich auf TRENNUNG STUFE und TRIEBWERK ZÜNDEN. Und du drückst auf WEITER.«
»Rager.«
»Los geht’s! Neun. Acht. Sieben. Sechs. Fünf…«
Am Fenster vor Gershons Gesicht driftete der leuchtend blaue Horizont der Erde vorbei, wobei die Wolken als komplexe, räumliche Skulptur über dem Meer hingen.
Auf dem Computermonitor vor Gershon erschien eine ›99‹,
die Aufforderung zum Weitermachen. Er warf einen Blick auf Bleeker.
Bleeker legte den Schalter für die Zündung um. »Triebwerk bereit für Aufstieg.«
Gershon drückte auf den Knopf mit der Aufschrift WEITER.
Plötzlich ertönte ein Knall, und der Boden der Kabine
erbebte. Pyrotechnische Schneider kappten die Schrauben, Bolzen, Kabel und Wasserschläuche, welche die obere und untere Stufe des MEM miteinander verbanden.
Ein Gewicht legte sich auf Gershons Schultern.
»Triebwerk der ersten Stufe steigt auf«, sagte Bleeker. »Auf geht’s!« Er lächelte. »Schön.«
Nach der ebenso unerwarteten wie unglaublichen Aufnahme in die Mars-Besatzung hatte Gershon sich darüber gefreut, daß er am D1-Testflug teilnehmen sollte, auch wenn sein erster Flug ins All nicht unbedingt die glorreichste Mission des MEM-Versuchsprogramms war. Dieses Prädikat gebührte wohl der verbliebenen EMission, bei der es darum ging, mit einem verbesserten MEM in die Erdatmosphäre einzutreten und in der Salzwüste nahe des Luftwaffenstützpunkts Ellington zu landen.
Mit diesem Auftrag war eine erfahrene Besatzung unter dem Kommando von John Young betraut worden. Doch die D1, eine elftägige Flugerprobung im Erdorbit, war gewiß der
wichtigere Test. In einem unerprobten Raumschiff würde die Besatzung jede Phase der Marslandung üben, mit Ausnahme des Eintritts in die Atmosphäre und des raketengestützten Abstiegs. Des weiteren würden sie viele Notfallprozeduren proben, von denen vielleicht das Überleben künftiger Missionen abhing.
Gershon und Bleeker hatten sich mit dem MEM schon über
hundertfünfzig Kilometer von Apollo entfernt. In einem
Raumschiff, an das anzudocken noch niemand versucht hatte.
Dessen Hitzeschild zu schwach war, um eine Rückkehr auf die Erde zu ermöglichen. Und zu allem Überfluß fand der Flug auch noch im niedrigen Erdorbit statt, wo Kommunikation und Navigation die Besatzung vor größere Probleme stellte als beispielsweise bei einem Mondflug.
Wenn sie diesen Flug erfolgreich beendeten, würde das MEM
die Zulassung als bemanntes Raumschiff erhalten. Und dann müßte nur noch der Mars-Hitzeschild einem Test unterzogen werden. Es war ein Raumflug für Genießer, ein Flug für echte Testpiloten.
Außerdem hatte Gershon sich gern in die Mission vertieft, weil er so der Aufmerksamkeit entkam, die seine Ernennung als Mars-Astronaut erregt hatte. Der erste schwarze Mann im All: der
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