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Mission Ares

Mission Ares

Titel: Mission Ares Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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hinter dem Haus, tranken selbstgemachte Limonade und unterhielten sich. In der Ferne schrien Seemöwen.
     
    Gregory Dana entwarf präzise interplanetare Flugbahnen.
    … Im Alter von fünfzehn Jahren, im Jahre 1944, war Gregory Dana noch kein Raketeningenieur gewesen. Vielmehr gehörte er zu den Untermenschen, zu den dreißigtausend Franzosen, Russen, Tschechen und Polen, die im Innern eines ausgehöhlten Bergs in Thüringen schufteten.
    Alle Verrichtungen erfolgten langsam – sogar das Anziehen –
    , und Dana war schon hungrig, wenn morgens um fünf die
    Arbeit begann. Das erste Essen, eine Suppe, gab es aber erst um vierzehn Uhr.
    Und dann stürmten die SS-Wachen durch den qualmenden
    Tunneleingang in den Berg und prügelten mit Stöcken und
    Fäusten auf Köpfe und Schultern der Arbeiter ein. Der Tunnel war die Hölle. Er wimmelte von mit weißem Staub
    überzogenen und mit Steinen, Zementsäcken, Trägern und
    Kisten beladenen Gefangenen, und die über Nacht Gestorbenen wurden an den Füßen aus den Pritschen gezerrt.
    Gregory Dana wurde von den Aufsehern geschätzt, weil er
    mit seinen kleinen Händen auch komplizierte Arbeiten zu
    verrichten vermochte. Also wurden ihm leichtere, komplexere Aufgaben zugewiesen. Im Laufe der Zeit entwickelte er ein Verständnis für die Funktionsweise der großen Maschinen, an denen er arbeitete und bekam auch mit, welche Visionen die militärischen Planer des Reiches hatten.
    Die Arbeiter im Mittelwerk wußten bereits, daß Hitler die Produktion von nicht weniger als zwölftausend A-2-Raketen befohlen hatte, die von Braun entwickelt hatte – oder das, was die Deutschen nun als V-2 bezeichneten: V für Vergeltungswaffe, Rachewerkzeug.
    Es gab Pläne für den Bau einer riesigen Kuppel am Pas de Calais – sechzigtausend Tonnen Beton –, von der aus Raketen in Vierzehner-Salven auf England geschossen werden sollten.
    Und es gab noch weiterreichende Pläne: Raketenabschüsse von U-Booten, größere Raketen mit einer Reichweite von mehreren tausend Kilometern und – der größte Traum von allen! – eine große Raumstation, welche die Erde in einer Höhe von achttausend Kilometern umkreiste und mit einem großen Spiegel ausgestattet war, der das Sonnenlicht reflektierte und Städte verdampfte und Meere zum Sieden brachte.
    Visionen eben!
    …Aber die V-2 war die alltägliche Realität. Dieses große, mit Heckflossen versehene Projektil mit einer Länge von über dreizehn Metern war imstande, eine Bombe mit einer Sprengkraft von einer Tonne über dreihundert Kilometer weit zu befördern! Die vier Tonnen schwere Rakete bestand aus nicht weniger als zweiundzwanzigtausend Einzelteilen!
    Dana verliebte sich förmlich in die V-2. Es war ein
    wundervolles Gerät, eine Maschine aus einer anderen Welt, aus einer lichten Zukunft – und Dana erkannte auch den Traum, der mit der Rakete Gestalt angenommen hatte, den Traum der Konstrukteure.
    Auch wenn die Arbeit ihn umbrachte.
    Eines Morgens – so früh, daß die Sterne noch leuchteten und Frost den Boden bedeckte –, sah er, wie die Ingenieure von der Forschungseinrichtung in Peenemünde – Wernher von Braun, Hans Udet, Walter Riedel und die anderen sowie ein paar junge uniformierte Männer, von denen manche kaum älter waren als Dana – zu den Sternen hinaufschauten und sich leise unterhielten.
    Dana folgte der Richtung ihres Blicks und erkannte einen hellen, stetig glühenden Stern, der rötlich schimmerte wie ein Rubin.
    Der ›Stern‹ war natürlich der Planet Mars in seinem Glanz.
    Natürlich: das war der Traum, der diese jungen, intelligenten Deutschen umtrieb und anspornte – daß eines Tages die Scheibe des Mars im Schein der von Menschenhand erbauten Städte erstrahlte. Und diese Menschen sollten von einem
    fernen Nachfolger der V-2 dorthin geflogen werden.
    Mit fünfzehn hatte Gregory Dana bereits begriffen, daß diese jungen Männer aus Peenemünde von der strahlenden Schönheit der V-2 und dem, wofür sie stand, geblendet waren. Es war keine bloße Schwärmerei: ja, er verstand den ungeheuerlichen Zwiespalt und begnügte sich damit, seine Pläne bis nach dem Krieg aufzuschieben. Er träumte davon, selbst noch größere Raketen zu bauen und sogar einen Sohn zu zeugen, der als erster Mensch den Mars oder die Venus betrat.
    Wie er die jungen Ingenieure aus Peenemünde beneidete, die in ihren schmucken Uniformen im Mittelwerk umhergingen; ihnen schien es nichts auszumachen, an den aufgestapelten Leichen und an den bis zum

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