Mission Ares
trat vor und spuckte einen Kaugummi auf den
staubigen Erdboden. »Klar. Wir werden eh nie zum Mond
fliegen; es sei denn, Dave Scott und Jim Irvine fahren bei einer dieser öden Expeditionen mit ihrem Mondauto über eine gottverdammte Klippe. Sie fliegen mit der letzten Apollo zum Mond, nicht wir. Deshalb meine ich, Sie sollten die Ansage abkürzen, Prof, und die Checkliste abhaken, damit wir von hier wegkommen.«
Er trat gegen einen weiteren Anorthositen, der im Weg lag und verließ das Tal.
An dieser Exkursion hätten mindestens vier Astronauten
teilnehmen sollen. Doch nachdem Fred Michaels das
Programm kurz vorher gestrichen hatte, fehlte den Jungs wohl die Motivation für ein nun sinnlos erscheinendes Training.
Wenigstens hatten diese drei sich aufgerafft, doch Jones’
Renitenz verwandelte die ganze Sache in einen Gang durchs Fegefeuer.
York war durchweg abgestoßen von den Astronauten, denen
sie bislang begegnet war. Ben stellte offensichtlich eine Ausnahme dar. Zumal sie es ohnehin kaum glaubte, daß Typen wie Jones überhaupt Astronaut geworden waren; er wies nämlich eine frappierende Ähnlichkeit mit einem Familie
Feuerstein-Raumfahrer aus den Fünfzigern auf. In ihren Augen war der ganze Haufen über die Maßen arrogant und
selbstherrlich.
Zum Teufel mit ihnen.
Sie und ihre Freunde in Berkeley hatten in den letzten
Monaten wenig getan, außer die Nachwirkungen der Vorgänge an der Kent State University im Mai zu verfolgen. Ein paar von ihnen bereiteten selbst Sympathiekundgebungen vor. Sie hätte wetten mögen, daß Chuck Jones – wahrscheinlich auch Bleeker und sogar Ben – überhaupt nichts vom Aufruhr an der Kent State wußten, der das Land zu zerreißen drohte. Dafür waren sie viel zu sehr mit ihren wichtigen Programmen beschäftigt.
Plötzlich überkam sie blinde Wut, fast ein Haß auf diese Astronauten und das System, dessen Produkt sie waren.
Während er durch die Landschaft stolperte, nahm Chuck Jones die Steine um sich herum kaum wahr. Immer wieder ließ er die Ereignisse der letzten Tage Revue passieren.
Fred Michaels, Inspektor der NASA, war höchstpersönlich im Gebäude 4 des Astronauten-Büros erschienen, um die Axt zu schwingen. Da stand er nun in seiner Weste, plump wie ein Otter, in einem Raum voller hemdsärmliger Leute mit Bürstenhaarschnitt.
Für Chuck Jones war Michaels’ persönliches Erscheinen kein Trost.
Michaels verkündete lakonisch, daß die Erbsenzähler alle noch ausstehenden Mondflüge gestrichen hätten – bis auf Apollo 14, die Anfang 1971 starten sollte.
Jones war fassungslos; mit ein paar dürren Worten machte Michaels seine, Jones’, erste und einzige Chance auf einen Mondflug zunichte.
Es wurden zwar Proteste laut, doch Michaels ging gar nicht auf die Fragen der Leute ein. »Es ist zum Nutzen des
Programms, verdammt, zum langfristigen Wohl der NASA.
∗
Wir haben getan, was wir tun mußten. Und Tom Paine gefällt das genauso wenig wie mir. Sogar noch weniger. Aber wir mußten diese Kröte schlucken, um unsere Zukunft zu sichern.
Ich bin sicher, die meisten von euch verstehen das.«
Klar, sagte Jones sich, vom Kopf her verstehen wir das schon.
Aber wenn gerade der Flug gestrichen wurde, für den man
jahrelang trainiert hat, steckt man das trotzdem nicht so einfach weg.
Und die Stimmung im Büro war noch schlechter geworden,
nachdem Deke Slayton sich mit versteinertem Gesicht erhoben und verkündet hatte, daß diese letzte Mission, Apollo 14, zu einer J-Klasse-Mission aufgewertet werden sollte, einer qualifizierten wissenschaftlichen Expedition. Also würde Apollo 14 die neue Landekapsel mit dem Mondfahrzeug sowie die Betriebsund Versorgungseinheit mit der orbitalen Instrumentenbatterie erhalten, die eigentlich für Apollo 15
vorgesehen war. Und wo sie schon die Ausrüstung von Apollo 15 hatten, wurde ihnen auch gleich deren Landeplatz
zugewiesen: ein Ort namens Hadley im Vorgebirge der Mond-Apenninen.
Doch die ursprüngliche Besatzung von Apollo 15 – Dave
Scott, Jim Irwin und Al Worden – trainierten auch schon intensiv für die Landung in Hadley.
∗ Direktor der NASA – Anm. d. Übers.
Also, sagte Deke, müsse er Alan Shepard und seine Leute
rausnehmen, die eigentlich für Apollo 14 vorgesehen waren.
Statt dessen sollten nun Scott und seine Besatzung die Mission durchführen und Jones, Bleeker und Priest als
Reservebesatzung mitnehmen. Der Start würde um ein paar
Monate verschoben werden, damit Boeing genug
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